Lawrence Howell, CEO der EFG International: » Wir planen im Zeitraum 2007-2008 jährliche Übernahmen mit einem Assets Under Management-Volumen von 10 bis 15 Milliarden Franken»

Lawrence Howell, CEO der EFG International: » Wir planen im Zeitraum 2007-2008 jährliche Übernahmen mit einem Assets Under Management-Volumen von 10 bis 15 Milliarden Franken»

Von Alexander Saheb


Moneycab: Sie konnten im ersten Halbjahr den Reingewinn um knapp 60 Prozent steigern. Ist diese Wachstumsrate im zweiten Halbjahr überhaupt noch möglich?


Lawrence Howell: EFG International (EFGI) ist sicherlich dynamisch weiter gewachsen und hat im ersten Halbjahr 2007 erneut ein Rekordergebnis erzielt. Trotz des intensiver gewordenen Wettbewerbs und der jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten sind wir gut positioniert, um unsere Wachstumsgeschichte fortzusetzen. Es gibt einige interne und externe Faktoren, die mich zuversichtlich stimmen, dass sich EFGI auch in Zukunft sowohl absolut als auch im Konkurrenzvergleich sehr gut entwickeln wird.



«Wir zwingen unseren Client Relationship Officers auch keine bestimmten Produkte oder Preise, ausser allgemeinen Preisparametern, auf. Bei EFG hängt der Erfolg des Einzelnen einfach von seiner Leistung ab». Lawrence Howell, CEO der EFG International


Dies ist zum einen die Stärke und Besonderheit unseres Geschäftsmodells, das es erfahrenen, unternehmerisch beteiligten Client Relationship Officers (CROs) erlaubt, frei und doch kontrolliert ihr eigenes Geschäft zu betreiben und am Erfolg teilzuhaben. Dies sorgt für gleichgerichtete Interessen und gewährleistet eine von interner «Politik» und Bürokratien unbeeinträchtigte Betreuung unserer Kunden.


Wir haben sodann über ein Jahrzehnt ununterbrochenen Wachstums über alle Phasen des Konjunkturzyklus hinweg hinter uns. Zwar ist keine Bank gegen die Turbulenzen an den Aktienmärkten gefeit, doch EFGI ist dank des Augenmasses, das sowohl die CROs als auch unsere Anlageexperten bei der Asset Allocation walten lassen, weniger anfällig als die meisten unserer Konkurrenten. 


Während externe Faktoren also unweigerlich unsere Wachstumsrate bis zu einem gewissen Grad beeinflussen, sehe ich nicht, wie unsere Fähigkeit dynamisch zu wachsen durch unsere zunehmende Grösse beeinträchtigt werden könnte. Vielmehr eröffnet die Wachstumsdynamik eigene Chancen – im Zuge unseres Wachstums gewinnen wir an Profil und werden in der Folge in den von uns gewählten Märkten immer fester verankert. So hat sich in den zwei Jahren seit unserem erfolgreichen Börsengang im Oktober 2005 das Wachstum einer Reihe wichtiger Kenngrössen beschleunigt. Dazu gehören die Anzahl der CROs, das verwaltete Kundenvermögen sowie der Ertrag und die Rentabilität.


Sie wachsen stark dank regelmässigen Akquisitionen. Wie gelingt es Ihnen, die zahlreichen neuen Mitarbeiter reibungslos in das Geschäftsmodell der EFG zu integrieren?


Der Erfolg von Übernahmen hängt letztlich von der Organisationskultur ab. Der Integration kleiner, agiler Geschäfte in grössere Unternehmen stehen immer mancherlei Hindernisse im Wege. Im Gegensatz dazu ist EFGI für dynamische, initiative Unternehmen interessant. Ausserdem ist es einfacher, aus einem grossen Konzern zur kontrollierten Freiheit von EFGI zu wechseln als umgekehrt.



«Wir planen derzeit, in Madrid und Barcelona, Abu Dhabi, Shanghai, Bangkok und Indien Niederlassungen zu eröffnen.»


Da wir die CROs nicht in eine festgelegte Rolle oder Segmentstruktur pressen, fallen die Reibungsverluste hinsichtlich der Kunden bei unseren Akquisitionen gering aus. Jemand, der von einem anderen Unternehmen als CRO zu uns wechselt, wird kaum enttäuscht sein. Das ganze Arrangement verspricht und ermöglicht die Freiheit, sein eigenes Geschäft aufzubauen. Man ist von den Dingen befreit, die die meisten Menschen nicht mögen: Budgetstreitigkeiten, zufälligen Zielsetzungen, willkürlichen Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen sowie Ländermanagern, die bestimmen, wo man hingehen darf und wo nicht. All dies gibt es bei uns nicht. Ist ein CRO daran gewöhnt, seine Kunden global zu betreuen, wird er das bei uns auch weiterhin tun. Wir zwingen unseren CROs auch keine bestimmten Produkte oder Preise, ausser allgemeinen Preisparametern, auf. Bei EFG hängt der Erfolg des Einzelnen einfach von seiner Leistung ab, und genau dies verschafft uns einen systematischen Integrationsvorteil.


Die Zahl ihrer Kundenberater hat sich in den vergangenen zwölf Monaten um rund 32 Prozent auf 469 erhöht. Ist das noch eine gesunde Wachstumsrate, und wie krisenfest sind diese Jobs?


Wie vorhin erwähnt, hat die Anzahl der CROs in den letzten zwei Jahren sogar beschleunigt zugenommen, und ich bin zuversichtlich, dass diese Entwicklung dank der bereits angesprochenen Dynamik aufrechterhalten werden kann. Was die Sicherheit der Arbeitsplätze angeht, so ist EFGI weniger anfällig gegenüber Marktabschwüngen als einige unserer Konkurrenten. Gemäss unserer Kernphilosophie sind die CROs Unternehmer und haben ihr Schicksal weitestgehend selbst in der Hand. Im Allgemeinen bieten wir nicht die höchsten Festgehälter – unser Grundsatz ist hier, die Mitarbeiter im Rahmen ihrer bisherigen Vergütung einzustellen. Unsere Einstellungsstrategie ist im Wesentlichen eine Selbstauswahl. Wir sagen: «Wenn Sie gut sind, dann vergessen Sie das Verhandeln über diese zusätzlichen 10 Prozent. Sie werden keine Rolle spielen, wenn Sie profitabel arbeiten. Aber wenn Sie lieber ein paar zusätzliche Franken auf sicher haben wollen, dann gehen Sie besser woanders hin.» Natürlich kann das manchen Leuten Angst machen, weil sie sich auf keine Organisation verlassen oder mit dem Finger auf andere zeigen können, wenn sie ihre Ziele nicht erreichen. All die üblichen Entschuldigungen sind einfach weg. 


Welches Volumen verwalteter Vermögen wollen Sie mit Ihrer forschen Akquisitionsstrategie insgesamt erreichen?


Wir sind auf Kurs, dank des beträchtlichen sowohl organisch als auch über Akquisitionen erreichten Wachstums. Was das organische Wachstum betrifft, so wollen wir bestehende Geschäfte weiterentwickeln, aber auch in attraktiven Märkten und dort, wo wir aussergewöhnliche Talente finden, neu einsteigen. Wir planen derzeit, in Madrid und Barcelona, Abu Dhabi, Shanghai, Bangkok und Indien Niederlassungen zu eröffnen. In Kanada haben wir mit unserer jüngsten Akquisition von Bull Wealth Management Group eine solide Plattform für unsere Expansionspläne auf dem kanadischen Vermögensverwaltungsmarkt geschaffen. In Bezug auf Übernahmen sind wir sehr diszipliniert und können eine gute Liste an erstklassigen und kulturell zu uns passenden Akquisitionen vorweisen, die wir – wie vorhin erwähnt – auch erfolgreich integriert haben. Wir führen Gespräche mit einer Reihe potenzieller Übernahmekandidaten unterschiedlicher Grösse aus dem gesamten Spektrum unserer strategischen Geschäftsfelder und sind weiter zuversichtlich, dass wir unsere Akquisitionsziele erreichen können.


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Gibt es Kennzahlen, mit denen Sie für EFG International Leistungsziele festsetzen bzw. das Erreichte messen?


EFGI hat für gewisse Kenngrössen mittelfristige strategische Ziele für die nächsten zwei Jahre. Diese Ziele wurden 2005 verkündet, 2007 nach oben revidiert und widerspiegeln den dynamischen Wachstumspfad unseres Geschäfts. Bei den besagten Kenngrössen handelt es sich um die Anzahl der CROs, das Wachstum der verwalteten Kundenvermögen (AUM) pro CRO, die AUM aus Akquisitionen und die gesamten AUM. Ausserdem werden die Bruttomarge und das Kosten/Ertrags-Verhältnis genau überwacht. Allerdings sollte kein Unternehmen zu sehr von speziellen Zielen besessen sein, wenn das Unternehmensergebnis insgesamt – und insbesondere der Gewinn – das ist, was zählt. In Wahrheit gehören vielfache Umstellungen zur Führung eines Unternehmens, und es ist nicht gut, bei der Wahl der Mittel zu engstirnig zu sein. Man muss flexibel sein, um Gelegenheiten zu ergreifen.



«Private Banking ist ein attraktives Geschäft, und auf mittlere bis lange Sicht bleibt es fundamental solide»


Die Kapitalmärkte sind nicht mehr so rosig wie noch vor wenigen Wochen. Wird das Ihre strategischen Planungen zur weiteren Entwicklung der Gruppe beeinflussen?


Wir müssen sicherlich die potenziellen Auswirkungen der Marktunsicherheiten berücksichtigen. Allerdings nehmen wir eine langfristige Haltung zu unserem Geschäft ein, und der Umgang mit Marktschwankungen gehört zu unserem Beruf. Wir haben weniger reine Aktienengagements als viele unserer Konkurrenten. Dies ist Ausdruck der Tatsache, dass wir gemäss unserem Ansatz besonders darauf achten, die optimale Portfoliostruktur für unsere Kunden zu finden. In dieser Hinsicht spielen strukturierte Produkte und andere Formen alternativer Anlagen eine wichtige Rolle.


Darüber hinaus gewinnen wir durch strategische Vielfalt an Stärke. Wir nutzen ständig ein breites Spektrum von Geschäftsstrategien, wie die Einstellung zusätzlicher CROs, die Ausweitung und Vertiefung der Kundenbeziehungen, den Ausbau unserer internationalen Präsenz sowie Akquisitionen. Private Banking ist ein attraktives Geschäft, und auf mittlere bis lange Sicht bleibt es fundamental solide. Unsere Erfolgsbilanz zeigt, dass EFGI in der Lage ist, sowohl unter schwierigen Marktbedingungen als auch in Aufwärtsphasen Erfolg zu haben. Und ausserdem, wie wir aus unserer Erfahrung im letzten Bärenmarkt wissen, bedeuten schwierige Zeiten auch Chancen für diejenigen, die gerüstet sind, sie zu ergreifen.



«Wir haben eine in unserer Branche beispiellose Performance- und Wachstumsbilanz und bleiben optimistisch, weiter zulegen zu können.»


Aus Ihrem Börsengang haben Sie noch fast eine Milliarde Franken Kapital zur Verfügung. Wie gross wollen Sie 2007 und 2008 noch einkaufen?


Wir planen im Zeitraum 2007-2008 jährliche Übernahmen mit einem AUM-Volumen von 10 bis 15 Milliarden Franken und sind zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. Die Marktbedingungen sind zurzeit etwas unsicher, aber wir haben auch eine Phase des Überschwangs durchlebt, in der die Bewertungen unter Aufwärtsdruck gerieten. Wir weigern uns beständig, in Vermögenswerte zu investieren, die im späteren Verlauf des Konjunkturzyklus vielleicht als überbewertet gelten würden. Dessen ungeachtet besteht kein Mangel an Akquisitionsgelegenheiten, die eine Prüfung wert sind. Verkaufswillige Inhaber von Geschäften betrachten EFG International meistens als einen förderlichen Partner, der von den bürokratischen Zwängen manch anderer potenzieller Käufer frei ist. Wir halten ständig nach neuen Gelegenheiten Ausschau und sind bereit, flexibel zu handeln.


Das EFG-Aktienkapital liegt zu 23 Prozent in den Händen der Mitarbeiter und zu 49 Prozent bei der EFG Group. Welche Rolle spielen die anderen Aktionäre für Sie?


EFGI ist ein börsenkotiertes, der Marktdisziplin unterliegendes Unternehmen mit starker Ausrichtung auf den Shareholder Value. Für uns geht es beim Private Banking wesentlich um Beziehungen und darum, die für ihr Gedeihen nötigen Bedingungen zu schaffen. Unsere Mitarbeiter sind eindeutig dafür entscheidend, und es ist grossartig, dass viele von ihnen dem langfristigen Erfolg des Unternehmens verschriebene Aktionäre sind. Darüber hinaus profitieren wir von der Unterstützung eines langfristig orientierten Hauptaktionärs in Form einer in Familienbesitz befindlichen Bankengruppe. Meiner Ansicht nach verschafft uns diese Konstellation «das Beste aus mehreren Welten».


Der Kurs der EFG-Titel ist jüngst im Zuge der Marktentwicklung etwas abgerutscht. Ist das nun eine Kaufgelegenheit oder ein Signal zum Ausstieg?


Ich glaube, ich bin der falsche Adressat für diese Frage, da ich fest davon überzeugt bin, dass EFGI eine spannende Wachstumsstory war, ist und bleibt. Wir haben eine in unserer Branche beispiellose Performance- und Wachstumsbilanz und bleiben optimistisch, weiter zulegen zu können.


Vermögensverwaltung ist Ihr Kerngeschäft. Haben die jüngsten Verwerfungen am Markt schon Einfluss auf Ihre Anlagestrategie, beispielsweise für ein gewinnorientiertes Portfolio, gehabt?


Wir sind von den Problemen am US-Sub-Prime-Markt unbehelligt geblieben. Wir selbst sind nicht unmittelbar engagiert. Einige unserer Vermögensverwaltungsmandate umfassen zwar Funds-of-Hedge-Funds mit geringfügigem Engagement, doch wird dies durch andere Fonds wettgemacht, die von ihren Short-Positionen in diesem Markt profitiert haben. Unser Aktienengagement haben wir vor und während der Abwärtsphase zurückgefahren. Die besonders auf den Kapitalerhalt ausgerichteten Anlagestrategien haben im Vorfeld der jüngsten Markteinbrüche beträchtliche Schutzniveaus aufgebaut.


Wie ist Ihre Einschätzung des gegenwärtigen Börsenumfelds in der Schweiz?


Einerseits sind die Fundamentaldaten vielfach solide. Andererseits können Instabilitäten an den Finanzmärkten ernsthafte Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben. Man muss wachsam sein und flexibel reagieren.


Was gefällt Ihnen bei Ihrer Arbeit als CEO am besten?


Etwas zu tun, wofür ich eine Leidenschaft habe. Als Jean Pierre Cuoni und ich das gründeten, was nun EFG International ist, hatten wir eine echte Überzeugung: dass unsere Branche besser werden kann. Nach einer Menge harter Arbeit denke ich, dass wir dazu beigetragen haben. Schliesslich können wir nur dann erfolgreich sein, wenn wir für die Kunden vieles richtig machen. Desgleichen gefallen mir das Können und der Fleiss vieler Menschen sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Unternehmens. Dies Realität werden zu lassen und dabei mit einigen wirklich aussergewöhnlichen Menschen zusammenzuarbeiten, ist die beste Motivation, die ich mir vorstellen kann.




Der Gesprächspartner:
Lonnie Howell ist Mitbegründer und CEO von EFG International. Er war früher CEO der EFG Bank und Mitglied der Geschäftsleitung (beides seit 1997). Howell ist seit 1997 Mitglied des Beirats der EFG Group und seit 2001 Mitglied des Verwaltungsrats von EFG Investment Bank AB (ehem. IBP Fondkommission). Er hat seine berufliche Laufbahn im Private Banking verbracht. Vor der Gründung von EFG International war er in verschiedenen leitenden Funktionen bei Coutts and Co. International Private Banking tätig und betreute davor bei der Citibank Switzerland als Vice President sehr vermögende Schweizer Privatkunden. Lonnie Howell begann seine berufliche Laufbahn bei Citibank als interner Rechtsberater für die International Banking Division. Er ist US-amerikanischer Staatsbürger, wurde 1953 geboren und hält einen B.A. und einen Juris Doctor der University of Virginia.


Das Unternehmen:
Die EFG International ist die an der SXW kotierte Holdinggesellschaft der EFG Bank, die operativ im Private Banking tätig ist.  Die Bank setzt auf rasches Wachstum durch eine forcierte Akquisitionsstrategie und will die verwalteten Vermögen bis 2008 auf über 100 Mrd. CHF ausbauen.

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