Henry Azzam, Geschäftsführer der Internationalen Börse Dubai: «Wachstum in der Golfregion hilft auch den Nachbarn»

Von Dorothee Enskog, emagazine

Die Volkswirtschaften der Golfstaaten Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate wachsen seit  2003 kräftig. Ursache sei die Verdopplung des Ölpreises, betonte Henry Azzam, der Geschäftsführer der Internationalen Börse Dubai in seiner Rede anlässlich des World Economic Forum in Davos. In der Tat kostete 2003 das Barrel Öl etwas über 30 Dollar, im vergangenen Jahr hingegen lag der Preis des Barrels im Schnitt bei 65 Dollar. Für 2007 gingen die Märkte von einem Preisrückgang bis auf etwas über 50 Dollar aus, da die US-Konjunktur im Begriff sei, sich abzukühlen, so Azzam weiter. Er betonte jedoch, dass Wirtschaft und Wohlstand der Golfregion in den nächsten Jahren trotzdem weiter wachsen würden.


16 Milliarden Dollar aus Saudi-Arabien
«Dabei wird die wirtschaftliche Dynamik der Golfstaaten nicht nur die Verwirklichung von Infrastrukturprojekten ermöglichen, sondern sie wird auch die wirtschaftliche Entwicklung der Nachbarländer fördern», zeigte sich Azzam sicher. «Jedes Jahr werden Milliarden in den Libanon, nach Jordanien, Ägypten, Palästina und nach Nordafrika überwiesen. Allein aus Saudi-Arabien sind letztes Jahr 16 Mia Dollar transferiert worden», berichtete Azzam. Diese Gelder stimulierten den privaten Konsum im Nahen Osten und in Nordafrika, was wiederum den Fremdenverkehr in der Region fördere, weiteres Kapital anziehe und die Ausfuhren erhöhe, so der Geschäftsführer der Börse Dubai weiter. Davon profitiere die gesamte Region. Die ägyptische Wirtschaft wachse mit etwa 7 und die jordanische mit 6 Prozent im Jahr.


Infrastrukturboom in der Golfregion
«Die Golfregion und der gesamte Nahe Osten haben eine besondere wirtschaftliche Dynamik entwickelt», bestätigte auch Michael Philipp, CEO der Credit Suisse für Europa, den Nahen Osten und Afrika. «Die Mittel werden nicht irgendwo, sondern in der Region selbst investiert. Allein Saudi-Arabien hat für die nächsten zehn Jahren Infrastrukturprojekte mit einem Volumen von 650 Milliarden Dollar vorgesehen», berichtete Philipp. Dies bestätigte auch Azzam: «Die Ölreserven der Region sind so bedeutend, dass sich die Golfstaaten weiterhin eine sehr grosszügige Ausgabenpolitik leisten und massiv in die Infrastruktur investieren können.» Die sechs Anrainerstaaten des Persischen Golfs werden 2006 einen Haushaltsüberschuss von 170 Milliarden Dollar erzielen. Doch diese Gelder werden heute eher im eigenen Land investiert und nicht mehr in amerikanischen Banken deponiert oder in amerikanischen Staatsanleihen angelegt. «Wir sind zu einer für Anleger sehr interessanten Region geworden», hob Azzam hervor. Die Mittel würden hauptsächlich für die Erschliessung neuer Öl- und Gasvorkommen und für den Bau von Raffinerien, Häfen, Flughäfen, Versorgungseinrichtungen, für Unterhaltungsarbeiten, Gesundheit und Erziehung verwendet. Als Beispiele können der Bau der Dubai Metro und der neuen Autobahnen erwähnt werden.


BIP der Golfregion auf 600 Milliarden DOllar geschätzt
«Diese grosszügige Haushaltspolitik beflügelt auch die Privatwirtschaft in der Region», so Azzam weiter. Das BIP der gesamten Golfregion im letzten Jahr wird auf 600 Milliarden Dollar geschätzt. Azzam glaubt, dass es sogar auf 800 Milliarden Dollar in diesem Jahr anwachsen wird.


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Inflation unter Kontrolle
Inflation sei fast überall in der Region mit Ausnahme von Dubai und Katar unter Kontrolle, so Azzam. Die Mieten, die fast ein Drittel des Verbraucherpreisindex ausmachen, sind in Dubai um 20 Prozent angestiegen und haben die Inflationsrate  in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) auf fast 10 Prozent im vergangenen Jahr ansteigen lassen. «2007 und 2008 werden etwa 70.000 neue Wohnungen zur Verfügung stehen. Dann sollten sich die inflationären Tendenzen abschwächen», hofft Azzam. «In Saudi-Arabien war der Anstieg der Verbraucherpreise hingegen gering, da ein Anstieg der Benzinpreise verhindert wurde», fügte er hinzu.


Risiken – Ölpreise, Immobilien und politische Instabilität im Nachbarland
Die Ölpreisentwicklung ist unsicher, vor allem wenn die amerikanische Wirtschaft sich stärker abkühlt als erwartet. Dann könnte nämlich die weltweite Nachfrage nach Erdöl stark nachlassen, der Ölpreis auf etwas über 40 Dollar sinken und dadurch den Rohstoffbedarf verringern, befürchtet Azzam. Dies würde die Wertpapiermärkte in der Golfregion in Mitleidenschaft ziehen, da die Börsenindizes zu 95 Prozent vom Ölpreis abhängen, begründete er seine Befürchtungen. Anleger sollten sich auch vor einem Platzen der Immobilienblase in Acht nehmen, mahnte Azzam. Dubai und die VAE insgesamt seien am stärksten gefährdet, und das könnte auf das Vermögen der Verbraucher ernstzunehmende Auswirkungen haben. Ein weiterer Risikofaktor ist nach Azzams Meinung die politische Instabilität in einigen Golfanrainerstaaten. «Die Golfregion ist politisch stabil, aber wir haben gefährliche Nachbarn wie den Irak, den Iran und den Libanon sowie Palästina etwas weiter entfernt», führte er weiter aus. Sollten sich die USA früher als erwartet aus dem Irak zurückziehen, könne dies den Zerfall des Iraks bedeuten. Das könnte dann zu einem Exodus der Iraker und der Eskalation des Konfliktes zwischen Schiiten und Sunniten führen.

Sorge wegen der israelischen Schwäche
Ein weiterer Grund zur Sorge sei die israelische Schwäche. Alle diese Faktoren könnten das Risiko-Ertrags-Profils der Golfregion negativ beeinflussen. Im Grossen und Ganzen seien die Aussichten jedoch gut, auch wenn die Anleger sich über diese Risiken im Klaren sein sollten. Auch Michael Philipp von der Credit Suisse zeigte sich überzeugt, dass sich Anlegern eine echte Chance bietet, durch Investitionen im Nahen Osten am Wachstum dieser Region teilzuhaben. Das gelte im gleichen Masse wie für die BRIC-Länder – Brasilien, Russland, Indien und China. «Alle diese Märkte bieten eine Fülle von Möglichkeiten», fuhr er fort. Credit Suisse hat eine führende Position in den Schwellenländern und ist auch in so unterschiedlichen Ländern wie Kasachstan, der Türkei und Südafrika vertreten.







Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise vom EMAGAZINE der Credit Suisse zu Verfügung gestellt

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