Swissair-Prozess: Ex-Konzernchef Honegger weist alle Vorwürfe zurück

«Wenn kein Kapitaleinschuss vorgenommen worden wäre, hätte die Sabena in den ersten drei Monaten 2001 liquidiert werden müssen», erklärte Honegger am Mittwoch vor dem Bezirksgericht in Bülach. Deshalb habe die SAirGroup im eigenen Interesse die Sabena unterstützen müssen. Bei der Nichtbezahlung der 250 Mio EUR wäre der Flughafen Brüssel eine Art Feindesland geworden. Die Swissair hätte dort kaum noch anfliegen können, ohne mit der Beschlagnahmung der Flugzeuge rechnen zu müssen.


«Ausserdem wären wir im ganzen EU-Raum als vertragsbrüchig dagestanden», sagte Honegger. Das wäre einem selbstverschuldeten Grounding gleichgekommen. Schliesslich hätten auch Entschädigungsforderungen Belgiens in Milliardenhöhe gedroht.


Unterstützung von Deiss und Leuenberger
Brüssel habe in den Verhandlungen mit der SAirGroup immer darauf hingewiesen, dass Belgien mit der Unterzeichnung der bilateralen Verträge der Schweiz mit der EU noch zuwarte. «Da sollte Druck aufgebaut werden, damit die SAirGroup zahlt», sagte Honegger. Angesichts der politischen Dimension habe er damals den Bundesrat darüber informiert. Bei einem Treffen hätten die Bundesräte Joseph Deiss und Moritz Leuenberger empfohlen, die SAirGroup solle sich vertragskonform verhalten.


Vom VR ins Amt gedrängt?
Honegger hatte im Januar 2001 die Geschäftsführung der SAirGroup zusätzlich zu seinem Verwaltungsratspräsidium übernommen. Seine Verwaltungsratskollegen hätten ihn aufgefordert, das Amt des Geschäftsführers zwischenzeitlich zu übernehmen, bis ein Nachfolger für Philippe Bruggisser gefunden sei. «Ich war damals der Meinung, dass in einer Krisensituation die Funktion von CEO und Verwaltungsratspräsident aufgeteilt werden sollte», sagte Honegger. In der Verwaltungsratssitzung habe er sich aber nicht durchsetzen können.


Zweistufige Erneuerung des VR geplant
Nach dem Abbruch der Hunter-Strategie hätte es auch im Verwaltungsrat zum Sesselrücken kommen sollen: «Wir fanden, dass im VR viele Leute sitzen, die mit der Hunter-Strategie verknüpft sind, und der Strategiewechsel auch im Verwaltungsrat sichtbar sein sollte.» Deshalb habe er eine zweistufige Erneuerung des Gremiums vorgesehen. Man hätte ja nicht alle Verwaltungsräte auf einen Schlag auswechseln können, sagte Honegger: «Da wäre viel Know-how verloren gegangen.»


2002 hätte er dann sein Amt zur Verfügung gestellt. Dazu kam es nicht mehr. Der Verwaltungsrat setzte Honegger im März 2001 ab und hob Mario Corti ins Amt. Die Begründung: Er sei eine «lame duck» (lahme Ente). Es sei undenkbar, die Gruppe mit einem Verwaltungsratspräsidenten zu führen, der bereits seinen Rücktritt in einem Jahr angekündigt habe.


Steuerbetrugs-Vorwurf «ungeheuerlich»
Auch den Vorwurf des Steuerbetrugs wies Honegger zurück. «Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung», sagte er. Er habe nie versucht, den Fiskus zu schädigen. Gerade wegen seiner exponierten Position habe er die Steuererklärungen immer sorgfältig ausgefüllt. Die Staatsanwaltschaft wirft Honegger vor, insgesamt 146’000 CHF nicht deklariert zu haben. Konkret soll er einen Saläranteil von 50’000 CHF, ein Firmenauto sowie ein Notebook nicht angegeben und Einkommen unkorrekt als Spesen aufgeführt haben. (awp/mc/pg)

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