Zahlungsmoral in der Schweiz auf Tiefststand

Im vergangenen Jahr wurden 3% mehr Zahlungsbefehle verschickt als im Rekordjahr 2004, wie eine Statistik des Verbandes Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute (VSI) zeigt. Zum zweiten Mal erhob der Verband eine «Schuldnerkarte». Diese zeigt auf, dass die Zahlungsmoral in städtisch geprägten Kantonen deutlich schlechter ist als in ländlichen Kantonen. So sind die Baselstädter die säumigsten Schuldner, während die Leute in Appenzell Innerrhoden mit weisser Weste dastehen.


Eine schlechte Zahlungsmoral haben die Schuldner auch im Tessin, Waadt, Genf, Neuenburg und Zürich. Die Rechnungen pünktlich zahlen dagegen die Leute in Ob- und Nidwalden sowie in Uri.


Fast 850’000 Inkasso-Aufträge
Die Zahlungsmoral und die Zahlungsfähigkeit habe sich weiter verschlechtert, sagte VSI-Präsident Thomas Kast, an einer Medienkonferenz in Zürich. Die 40 Verbandsfirmen, welche 80% des Marktes abdecken, bearbeiteten im vergangenen Jahr 848’372 Inkasso-Aufträge, 22% mehr als im Vorjahr. Das Forderungsvolumen stieg um 13% auf 652,6 Mio CHF. Einkassiert haben die Inkassofirmen 393,1 Mio CHF, was einer Quote von 60,2% entspricht. Innert Jahresfrist sank die Erfolgsquote um 11,5 Prozentpunkte.


Hälfte der Gläubiger gingen bei Konkursen leer aus
Die Zahl der Konkurse von Privaten und Firmen legte 2005 leicht auf 10’678 zu. In praktisch der Hälfte der Fälle sahen die Gläubiger kein Geld. Die Verluste aus den Konkursverfahren beliefen sich laut Kast im vergangenen Jahr auf 4,5 Mrd CHF. Darin nicht eingerechnet sind Verluste aus erfolglos eingestellten Konkursverfahren, Verluste aus Pfändungen und Nachlassverträgen sowie sistierte Zahlungsbefehle. Der Verlust aus überfälligen Forderungen belief sich laut einer Anfang Juni veröffentlichten Studie der Inkassofirma Intrum Justitia auf 9 Mrd CHF.


VSI fordert Erhöhung des Verzugszinses
Die übliche Zahlungsfrist werde immer weniger eingehalten, sagte VSI-Geschäftsführer Robert Simmen. Der Inkassoverband will nun den laschen Schuldner Beine machen und den rechtlich vorgesehenen Verzugszins von derzeit 5% erhöhen. Zusammen mit dem Schweizerischen Gewerbeverband sei ein politischer Vorstoss vorgesehen. Über den anvisierten Zinssatz machte der VSI keine Angaben. (awp/mc/pg)

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