Swisscom: Fernmelde-Kommission des NR gegen Privatisierung
Die Swisscom selbst «bedauert» den Entscheid und hofft dass das Parlament doch noch eine mehrheitsfähige Lösung findet, wie es in einer Mitteilung heisst. Für die weitere Entwicklung des Konzerns sei – insbesondere bei der notwendigen Erschliessung neuer Geschäftsfelder im In- und Ausland – eine vollständige oder zumindest teilweise Abgabe der Bundesmehrheit sinnvoll.
Zu erwartender Entscheid
Der Bundesrat möchte die Bundesbeteiligung von 62,45% an der Swisscom im Wert von derzeit rund 16 Mrd CHF veräussern, um dem Unternehmen mehr Freiheit zu verschaffen und den Bund von unabwägbaren Risiken in einem bewegten Markt zu entlasten. Der Erlös wäre für die Schuldentilgung bestimmt. Dass die Kommission des Erstrates das nicht will, hatte sich abgezeichnet. Die SP, die Grünen und die CVP, die sich der Abgabe der Bundesbeteiligung widersetzen, stellen hier mit 13 Mitgliedern just die Mehrheit. Vorbehaltlos für die Privatisierung der Swisscom hatten sich nur die FDP und die SVP ausgesprochen.
Verkauf ins Ausland befürchtet
Den Ausschlag hätten staats- und finanzpolitische Bedenken gegeben, sagten KVF-Präsident Franz Brun (CVP/LU) und Chiara Simoneschi (CVP/TI) vor den Medien im Bundeshaus. Der Bundesrat habe den ökonomischen, sozialen und politischen Risiken des Verkaufs in seiner Botschaft nicht genügend Rechnung getragen. Die Mehrheit befürchtet insbesondere den Verkauf der Swisscom ins Ausland. Die flächendeckende Grundversorgung und die Sicherheit in Krisen wären in Gefahr. Die Swisscom werfe nicht nur eine gute Rendite für den Bund ab, sie sei auch ein sozialer Arbeitgeber und trage viel zur Innovation bei. Die Vorlage des Bundesrates könnte der «Auftakt zu einer Welle der Privatisierung» sein.
Mit einem schnellen Nichteintretensentscheid bleibe der Swisscom eine lange Zeit der Unsicherheit bis zu einer wohl negativen Volksabstimmung erspart, sagte Brun. Zur künftigen Strategie der Swisscom – Stichwort Auslandengagements –
meinte er, dem Unternehmen sollten «nicht zu enge Fesseln» angelegt werden.
Finanzkommission spricht sich für Eintreten aus
Als Vertreter der Minderheit bedauerte Georges Theiler (FDP/LU) den Entscheid der Kommission. Dieser sei notabene gegen den Willen der Swisscom gefallen und schaffe erst recht Unsicherheit. Die Risiken und Interessekonflikte des Bundes als Gesetzgeber, Regulator, Grosskunde und Eigner blieben bestehen. Auch bei einer vollständigen Privatisierung garantiere das Gesetz die Grundversorgung auch für neue Technologien, sagte Theiler, der seine Hoffnungen nun ins Plenum setzt. Im Übrigen fand er es «interessant», dass sich die parteipolitisch ähnlich zusammengesetzte Finanzkommisison gleichentags mit 15 zu 10 Stimmen für Eintreten ausgesprochen hatte.
Das Volk hätte das letzte Wort
Folgt die grosse Kammer in der Mai-Sondersession dem Antrag der KVF, ist der Ständerat am Zug. Beschliesst im Sommer auch er Nichteintreten oder hält der Nationalrat in der Differenzbereinigung daran fest, ist das Geschäft vom Tisch. Wenn der Nationalrat im Mai aber Eintreten beschliesst, muss die KVF die Detailberatung vornehmen. Sollte die Vorlage das Parlament heil überstehen, hätte mit Sicherheit das Volk das letzte Wort. SP und Grüne haben das Referendum bereits angekündigt. Der Urnengang fände voraussichtlich am 11. März 2007 statt. (awp/mc/pg)