Deutsches Staatsdefizit 2005 stark gesunken – Almunia-Lob
Nachdem das Staatsdefizit im vergangenen Jahr mit 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts niedriger ausfiel als erwartet, hat Steinbrück die Vorgaben für das laufende Jahr nochmals verschärft.
Defizitziel von ebenfalls 3,3 Prozent
Um nicht schlechter abzuschneiden als im Vorjahr, will er in dem am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Stabilitätsprogramm für 2006 ein Defizitziel von ebenfalls 3,3 Prozent an die EU-Kommission melden. Das ist weniger als die bisher geplanten 3,4 Prozent, bedeutet aber den fünften Verstoss gegen den Stabilitätspakt in Folge. Von 2007 an will Deutschland den Euro-Stabilitätspakt wieder einhalten und das Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen unter die Obergrenze von 3,0 Prozent drücken.
Nicht gut aber weniger schlecht
«Wir haben es nicht mit guten Zahlen zu tun, sondern mit weniger schlechten», sagte Steinbrück zum Vorjahreswert bei Vorlage seiner Etatpläne. Die EU-Kommission begrüsste das unerwartet niedrige Haushaltsdefizit Deutschlands 2005 als gute Nachricht. Währungskommissar Joaquín Almunia sagte in Brüssel : «Die endgültige Zahl i st sehr positiv.» Er liess offen, wie die Kommission dies in Beratungen über das weitere Vorgehen gegen Deutschland berücksichtigt. Almunia erwägt, das Defizitverfahren zu verschärfen.
Defizitverfahren
Steinbrück sagte zu dem Defizitverfahren, er sei mit der EU-Kommission auf einem Weg, der zu einer Einigung führen werde. «Wir werden eine gute Lösung finden.» Die Kommission komme Deutschland in manchen Betrachtungen entgegen. «Nagelprobe» sei aber der Haushalt 2007. Deutschland wolle den Stabilitäts- und Wachstumspakt unterstützen und dessen Glaubwürdigkeit nicht erschüttern. Das Statistische Bundesamt hatte das gesamtstaatliche Defizit für 2005 von 3,5 auf 3,3 Prozent erneut nach unten korrigiert. Brüssel hatte ursprünglich ein Minus von bis zu 4,0 Prozent erwartet. Das Haushaltsloch summierte sich auf 74,5 Milliarden Euro. Das grösste Defizit verbuchte der Bund mit 49,6 Milliarden Euro, gefolgt von den Ländern mit 19,6 Milliarden. Die Kommunen hatten unter dem Strich ein Minus von 2,0 Milliarden, die Sozialkassen von 3,4 Milliarden Euro.
Höhere Einnahmen
Das geringere Defizit ergibt sich nach Angaben der Statistiker aus höheren Einnahmen – unter anderem aus Steuern – und niedrigeren Ausgaben des Bundes im vergangenen Jahr. Auch im Januar 2006 sind die Steuereinnahmen um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums ist das Ergeb nis aber durch mehrere positive Sondereffekte verzerrt worden.
2007 soll Defizit auf 2,7 Prozent sinken
Ökonomen hatten das Defizitziel der Koalition als wenig ehrgeizig kritisiert und gefordert, das Minus bereits in diesem Jahr unter 3,0 Prozent zu drücken und den Pakt so früher wieder zu erfüllen. Steinbrück schloss nicht aus, am Ende beim Wirtschaftswachstum sowie den Einnahmen besser abzuschneiden als geplant. Auch könnte dann das Staatsdefizit im Haushaltsvollzug stärker gesenkt werden als bisher unterstellt. Dies hänge aber auch von der Entwicklung aller öffentlichen Haushalte ab. «Wenn wir das schaffen, ist es gut». Er könne aber nicht von vornherein eine solche Zusage geben.
Finanzierung der Konjunkturimpulse
Den bewussten Verstoss gegen das Defizitkriterium 2006 begründete Steinbrück mit der Finanzierung der Konjunkturimpulse. 2007 will die grosse Koalition das Defizit auf rund 2,5 Prozent drücken, in den Folgejahren um jeweils einen halben Prozentpunkt. Brüssel könnte das seit über zwei Jahren ruhende Verfahren dennoch in den nächsten Wochen verschärfen. Widerstand Berlins wie im November 2003 ist trotz näher rückender Strafzahlungen allerdings nicht zu erwarten.