Lothar Pauly, Vorstand und CEO T-Systems: «Wir haben das klare Ziel, die EDS zu überholen»
Von Andre Schäppi
Herr Pauly, die Vorbereitungen für die Fussball-Weltmeisterschaft laufen auf Hochtouren. T-Systems ist mit verschiedenen Projekten involviert. Was erwarten Sie im Bereich Technologie und welchen Umsatz generiert das?
Technologisch haben wir Projekte, die uns beispielsweise für andere Mega-Ereignisse wie die Olympischen Spiele oder die Fussball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweizwertvolles Know-how liefern. Im Bereich Sicherheit sind etwa der abhörsichere Digitalfunk oder das elektronische Zugangssystem. Bezüglich Umsatz möchte ich nur soviel bekannt geben, es ist ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag.
T-Systems hat sich organisatorisch neu strukturiert. Worum geht es dabei?
Wir bündeln derzeit für zwei Branchen die Kompetenzen. Dies gilt für die öffentliche Hand und den Bereich Automotive. Die Industry Line Public betreut künftig alle Kunden aus Behörden und Verwaltungen. Auch für die Automobilbranche bündeln wir unser Know-how in einer Industry Line. Gerade hier verfügt T-Systems mit Kunden wie DaimlerChrysler, VW, BMW oder Ford über umfassende Geschäfts- und Projekterfahrung.
T-Systems hat jüngst die VW-Tochter Gedas gekauft. Welchen Stellenwert hat dieser Kauf für Ihr Unternehmen?
Gedas bringt uns in der Internationalisierung weiter. Es stärkt den Bereich Automotive und gibt uns eine bessere Position in Ländern wie Spanien, Mexiko, Brasilen, aber auch Frankreich. Dann ermöglicht uns Gedas weiteres Wachstum, denn in Deutschland ist nur ein beschränktes Wachstum möglich.
Hat der Gedas-Kauf negative Auswirkungen auf die langjährige Partnerschaft mit DaimlerChrysler?
Dazu kann ich Ihnen folgende Antwort geben: Vor wenigen Tagen hat DaimlerChrysler den bestehenden Rahmenvertrag für den Betrieb der Grossrechner und Client-Server-Architektur verlängert. Darüber hinaus entwickeln, warten und pflegen wir als ICT-Dienstleister geschäftskritische Anwendungen, beispielsweise in den Bereichen Kundenbetreuung, Fahrzeugentwicklung, Produktion, Vertrieb und Konzernsteuerung.
Welches ist die weitere Marschrichtung von T-Systems?
Wir wollen in unseren Fokusländern, das sind England, Benelux, Frankreich, Italien, Spanien, Österreich und die Schweiz, zulegen. Mit Ausnahme von England wollen wir unter die ersten drei Anbieter von IT-Dienstleitungen, in UK unter die ersten fünf.
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Und wie ist die Position gesamteuropäisch?
Durch die Übernahme von Gedas sind wir bereits unter den ersten drei.
Wie präsentiert sich die Situation im Bereich Automotive?
Heute sind wir bei Automotive die Nummer Zwei, aber wir haben das klare Ziel, die EDS zu überholen.
Und wie sieht es mit weiteren Akquisitionen aus?
Wachstum ist auf zwei Wegen möglich: Der eine ist der schnellere und günstigere, indem man erfolgreich ist und durch Projekte organisch wächst. Die zweite Möglichkeit besteht durch Akquisitionen. Es ist nicht auszuschliessen, dass wir, wenn wir Gedas erfolgreich integriert haben, uns wieder umschauen und neue Möglichkeiten anschauen.
Der grösste indische IT-Dienstleister Tata Consultancy Services (TCS) wird verstärkt in Europa aktiv. In Großbritannien schloss TCS mit dem Versicherungsunternehmen Pearl Group einen auf zwölf Jahre befristeten Outsourcing-Vertrag über fast 850 Millionen Dollar und wird die Mehrheit an einem hierfür gemeinsam gegründeten Unternehmen übernehmen. Was sagen Sie zu dieser Konkurrenz?
Ich bin mich aus meiner früheren Tätigkeit gewohnt, dass Asiaten im internationalen Wettbewerb dabei sind, insofern ist das für mich nichts Neues. Es ist durchaus denkbar, dass die Inder jetzt verstärkt in Europa aktiv werden und Tata ist ein sehr ernst zu nehmender Mitspieler.
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In Deutschland kooperiert T-Systems in einer strategischen Partnerschaft mit Dell. Dabei will Dell Hardware im Bundle mit T-Systems-Lösungen wie Desktop-Management oder IT-Infrastruktur-Services bei Unternehmen »jeder Größe«, an den Kunden bringen. Ist geplant, eine solche Partnerschaft auch in der Schweiz anzubieten?
Diese Partnerschaft ist nicht aus Deutschland beschränkt, sondern global. Wir starten zwar in Deutschland, wollen das aber auch auf andere Länder ausdehnen. Mit Dell haben wir einen Nummer eins Partner, setzen aber auch zum Beispiel Siemens ein, wo der Kunde das wünscht.
Welchen Stellenwert wird Business Innovation/Transformation Partner› (BITP) künftig für T-Systems haben? Grosse wie IBM oder Accenture sind bereits auf diesen Zug aufgesprungen: IBM restrukturiert für den Energieversorger EnBW beispielsweise die Zählerstandablesung, die in der Folge an einen Dienstleister vergeben werden könnte.
Die Übernahme von Aufgaben wie Zählerstandsablesungen sind für uns denkbar, denn wir bewegen uns da im Hightechbereich. Anwendungen, die mit dem Verschieben von Datenmengen und der Verarbeitung zusammenhängen, liegen durchwegs in Gebieten, die für uns interessant sind.
Zur Person
Lothar Pauly wurde 1959 in Bad Homburg geboren. Der ausgebildete Industriekaufmann studierte Betriebswirtschaft in München und trat nach dem Studium in die Siemens AG ein. Pauly war für Siemens in unterschiedlichen Bereichen wie Nachrichten- und Sicherungstechnik, Leiterplattentechnik sowie Telekommunikationstechnik im Management tätig. Inter- nationale Stationen in Paulys Karriere waren Indonesien und Osteuropa. Zuletzt war Pauly als Chief Executive Officer (CEO) des Unternehmensbereichs Communications der Siemens AG tätig.
Seit Oktober 2005 gehört Pauly dem Konzernvorstand der Deutschen Telekom an. Dort verantwortet er das strategische Geschäftsfeld Geschäftskunden als Vorstand T-Systems. Gleichzeitig ist Pauly CEO der Telekom-Tochter T-Systems und übernimmt mit dieser Aufgabe die Verantwortung für die Geschäftseinheiten Business Services und Enterprise Services.
Das Unternehmen
T-Systems ist einer der führenden Dienstleister für Informations- und Kommunikationstechnik (engl.: ICT) in Europa. Im Konzern Deutsche Telekom betreut das Unternehmen seit 1. Januar 2005 das Segment der Geschäftskunden. Für das Geschäftsjahr 2004 beläuft sich der Umsatz auf knapp 13 Milliarden Euro. Das Unternehmen optimiert für seine Kunden die Prozesse, senkt die Kosten und gibt seinen Kunden so zusätzliche Flexibilität in ihrem Kerngeschäft. Dabei setzt es gezielt Branchen-Know-how und modernste Technologie ein. Die Leistungen von T-Systems umfassen die komplette Wertschöpfungstiefe der Informations- und Kommunikationstechnik ? von ICT-Infrastruktur über ICT-Lösungen bis hin zur Übernahme ganzer Geschäftsprozesse (Business Process Management). In der Schweiz zählt T-Systems über 1?000 Mitarbeitende und ist neben dem Hauptsitz in Zollikofen schweizweit an verschiedenen Standorten vertreten.