Peter Neth, CEO Elma Electronic: «Wir wollen vermehrt in hochmargige Segmente»




Von André Schäppi


 


Moneycab: Herr Neth, im Oktober des letzten Jahres hat Elma die Übernahme der britischen Mektron Systems bekannt gegeben. Was waren die Überlegungen, die Elma zu diesem Schritt bewogen haben?


 


Peter Neth: Wir haben die Firma Mektron schon länger als potentiellen Partner im Auge gehabt. Jetzt ist bei Mektron eine Nachfolgeregelung angestanden, was uns Gelegenheit gab, ein Zusammengehen näher zu prüfen. Die Gründe für eine Übernahme waren schliesslich folgende:
– Mektron ist klar die Nummer eins in England für komplexe Systeme im electronic packaging und das Management verfolgt eine klare und fokussierte Strategie
– die Firma ist seit ihrer Gründung vor 10 Jahren ausser einem Jahr immer profitabel gewesen.
– Mektron und Elma ergänzen sich ideal in England: wir sind stark im industriellen Bereich und haben eine gute Verkaufsmannschaft, während Mektron im Militär- und Aviatikbereich führend ist und vorwiegend key-accounts betreut.
Zusammen erreichen wir im Bereich Subsystems, d.h. ohne die grossen Schränke zu rechnen, eine führende Position


 


Wie verläuft die Integration und wann soll sie abgeschlossen sein?


 


Wir haben den Integrationsprozess in zehn Teilprozesse von unterschiedlicher Priorität und Gewichtung unterteilt. Das geht von finanztechnischen und juristischen Belangen über IT-Integrationsaufgaben, Produktportfolio Analysen, Abstimmung der Entwicklungstätigkeiten, Wissenstransfer und Mitarbeiterschulung, bis zur Vertriebsorganisation und optimalen Kundenbetreuung.
Mektron hat eine ähnliche Firmenphilosophie wie Elma, das erleichtert die Integration. Ich rechne damit, dass sie Mitte 2007 abgeschlossen ist.


 


Übernahmen werden oft von einem Managementwechsel begleitet, was zu einem Know-how-Verlust führt. Wie sieht es damit aus?


 


Da sind wir in einer komfortablen Lage, denn der Geschäftsführer UK war früher bei Mektron. Damit haben wir einen valablen Nachfolger, der die altersbedingten Abgänge auffangen kann.


 


Mektron ist schwergewichtig im Aviatik- und Rüstungssektor aktiv. Dieser Bereich erbrachte bei Elma 2004 rund einen Viertel des Konzernumsatzes. Will Elma damit eine Verlagerung zu einem Segment forcieren, in dem primär die Qualität zählt und der Preis sekundär ist?


 


Ja, da haben Sie recht, das ist ein wichtiger Aspekt. Wir versuchen vermehrt in hochmargige Segmente einzutreten. Wir sind heute bereits stark in diesem Segment, insbesondere in den USA, und wolle diese Stärke noch ausbauen.
Viele IT Firmen in diesem Feld bauen ihre Computer-Systeme noch selbst, quasi in Einzelanfertigung. Ihre Kernkompetenz liegt aber mehr in der Entwicklung von boards und Software. Das ist nicht optimal. Für ein outsourcing in diesem sensitiven Bereich braucht es einen absolut vertrauenswürdigen Partner. Das ist Elma.


 


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Mektron ist stark auf UK ausgerichtet. Beabsichtigen Sie, damit weltweit zu operieren?


 


Ja, innerhalb der Organisation soll Mektron helfen, mit einer europäischen Basis an interessante Aufträge heranzukommen.


 


Welches sind denn die anderen hochmargigen Segmente, in die man stärker penetrieren möchte?


 


Transportation ist für uns interessant. Dieses Segment ist momentan noch klein, und da könnten wir schon noch zulegen. Im Weiteren hat aus unserer Sicht die Medizinaltechnik ein grosses Potenzial.


 


Stehen weitere Akquisitionen zur Debatte?


 


Wir verfolgen eine Strategie für organisches Wachstum, aber wir sind daneben offen für Akquisitionen, wenn sie unternehmerisch Sinn machen. Wir streben nicht nach purer Grösse und Volumen. Unsere Vision ist es, bei der Beherbergung von sehr anspruchsvollen Elektronik führend zu sein. Eine ähnliche Positionierung streben wir übrigens auch im Bereich der Schalter an. Wir sind heute führend bei Drehschaltern von Handfunkgeräten und wollen das auch in anderen anspruchsvollen Segmenten werden.


 


Wäre ein Zusammenspannen mit einem anderen schweizerischen Gehäusebauer denkbar, respektive welche Bedingungen müssten für einen derartigen Schritt erfüllt sein?


 


Wir sind schon ein grosser Spieler im Schweizer Markt, obwohl das weniger als 10% von unserem Umsatz ausmacht. Ein substantielles Wachstum ist hier kaum mehr möglich. Ein Zusammengehen mit einem rein schweizerischen Anbieter macht deshalb wenig Sinn, ausser er würde eine interessante Nische bedienen, die wir nicht abdecken.
Im internationalen electronic-packaging Geschäft gibt es, seit Phoenix Mecano die Liquidation seines Gehäusebauers OMP angekündigt hat, gar nicht mehr viele Schweizer Firmen. Wir konzentrieren uns in Sachen strategische Partnerschaften auf die grossen IT-Märkte der Welt.


 


Ein falsch kalkulierter Grossauftrag in den USA hat letztes Jahr das Halbjahresresultat negativ beeinflusst. Konnte die Scharte im 2. Halbjahr ausgewetzt werden?


 


Das Missgeschick ist bei der Optima EPS passiert. Wir haben im dritten Quartal 05 die letzten Schränke an diesen Kunden ausgeliefert und die Geschichte ist erledigt.
Optima ist inzwischen bezüglich internen Prozessen und Systemen fast auf dem gleichen Stand wie die anderen Elma Gesellschaften, d.h. ein solcher Fehler sollte in Zukunft auch nicht mehr vorkommen. Die Auslastung der Optima ist ohne diesen Wiederholauftrag jetzt aber noch nicht genügend. Die Akquisition neuer Aufträge hat deshalb für das Managementteam Priorität.


 


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Deutschland, der zweitwichtigste Markt, hat trotz rückläufigem Umsatz mit rund 10% keinen grossen Einbruch beim EBIT gezeigt. Wie viel liegt im Markt Deutschland noch drin?


 


Das wirtschaftliche Umfeld hat uns in Deutschland im vergangenen Jahr nicht gerade geholfen. Unsere Firma in Pforzheim, Elma Trenew GmbH, wird etwas unter Vorjahr landen. Sie ist aber die profitabelste Gesellschaft in der Gruppe. Der Markt ist gross, aber von starken Konkurrenten belegt. Es ist kein leichtes Unterfangen, hier den Marktanteil zu steigern. In einer Phase des Aufschwungs wäre das einfacher, weil dann mehr Projekte realisiert werden und die Türen zu einem Neukunden meist nur zu Beginn eines neuen Projekts offen stehen.


 


Elma hat letztes Jahr eine Umsatzrendite von 3-5% in Aussicht gestellt. Ist dieses aufgrund der Situation des ersten Halbjahres ambitionierte Ziel nach wie vor realistisch?


 


Auf Stufe Betriebsergebnis (EBIT) haben wir im ersten Halbjahr 3,2% erreicht gegenüber 4,6% im Geschäftsjahr 2004. Für das zweiten Halbjahr erwarte ich ein leicht besseres Resultat als in den ersten sechs Monaten. Die genauen Zahlen werden an der Analysten- und Medienkonferenz in Zürich am 9. März präsentiert.


 


Elma hat letztmals 2000 eine Dividende ausbezahlt und vermutlich wird auch dieses Jahr keinen Geldsegen bescheren. Ab wann dürfen die Aktionäre wieder mit einer Gewinnausschüttung rechnen.


 


Bis zum Turnaround Mitte 2003 stand eine Dividendenausschüttung natürlich überhaupt nicht im Vordergrund. Die vorhandenen Mittel mussten zur vertragsgemässen Tilgung unserer Schulden bei den Banken eingesetzt werden.
Seit 2003 sind wir von einem Umsatz von 85 Millionen CHF auf ein Niveau von heute rund 105 Millionen ,ohne die neu akquirierten Firmen, gewachsen. Dieses Wachstum haben wir weitgehend aus eigenen Mitteln finanziert, während wir den Spielraum zur Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung der beiden Akquisitionen Optima EPS und Mektron benutzt haben.
Unsere Branche ist jetzt, lange nach dem Platzen der Internetblase, in eine Phase der Konsolidierung geraten. Einige Mitbewerber haben im letzten Jahr aufgegeben oder stehen zum Verkauf. Wir wollen gestärkt aus dieser Phase herauskommen und unsere starke Position am Markt nachhaltig ausbauen. Diese Strategie wird auch in nächster Zukunft noch einige Mittel erfordern und hat Priorität vor einer Dividendenausschüttung. Die Frage wird aber laufend im Verwaltungsrat geprüft.


 


Welche Marktentwicklungen sehen Sie für 2006 und welche Erwartungen haben Sie für Elma?


 


Ich erwarte weiterhin ein schwieriges Marktumfeld, immer noch geprägt von Überkapazitäten und Produktionsverlagerungen nach Asien. Innerhalb dieses schwierigen Marktumfelds stärken wir aber laufend unsere Marktposition, so dass wir insgesamt doch zuversichtlich vorwärts schauen.


 


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Letztes Jahr schrieb die 2004 gegründete chinesische Vertriebsgesellschaft noch rote Zahlen. Hat man dieses Resultat markant verbessern können?


 


Der Bestellungseingang in Shanghai kommt langsam, und damit auch der Umsatz und der Deckungsbeitrag für diese Firma. Sie wird 2006 aber noch nicht ganz selbsttragend sein.


 


China bietet ja eigentlich ein grosses Potenzial, denn das Reich der Mitte hat zum Beispiel seine Militärausgaben 2005 um beachtliche 12,6 Prozent gesteigert. Der Zuwachs solle unter anderem der Modernisierung sowie der Verbesserung der Ausrüstung dienen. Will man daran partizipieren?


 


Nicht nur im diesem Bereich, sondern auch im Industrie- und Infrastrukturbereich, sehen wir ein grosses Potenzial und wir haben zudem interessante Lösungen anzubieten. Aus diesem Grunde werden wir demnächst in Peking eine neue Niederlassung eröffnen. Im Gegensatz zu den grossen IT-Zentren Shanghai und Shengzen, die eher telekomlastig sind, ist Peking mehr auf Designs im Bereich Industrie, Aviatik und Verteidigungsaufgaben ausgerichtet. Wir werden mit 4 Personen starten. Wenn sich daraus Assembly-Aufgaben ergeben sollten, werden wir versuchen, diese in unserem Betrieb in Shanghai zu realisieren. 






Zur Person


Der 1952 geborene Peter Neth ist Schweizer Staatsbürger. Neth studierte an der ETH Zürich Maschinenbau, vertiefte sich im Bereich Verbrennungs-Motoren und Flüssigkeitstechnik und bildete sich anschliessend weiter am Oekreal Management-Zentrum sowie an der GSBA zum Bachelor of Business Administration BBA bzw. zum Master of Business Administration MBA. Von 1977 bis 1988 war er bei der BBC Baden tätig. Von 1988 bis 1993 arbeitete er bei ABB Turbo Systems AG Baden, wo er verschiedene Führungspositionen bekleidete. Im Jahre 1993 wechselte er zu CMC Carl Maier & Cie AG, Schaffhausen, die im Vorjahr von ABB übernommen wurde. Bei CMC Carl Maier begann Peter Neth als Direktor Technik und stellvertretender Geschäftsführer und wurde 1999 zum Geschäftsführer ernannt. Seit Januar 2002 ist er CEO der Elma Gruppe.


 


Zum Unternehmen


Elma Electronic ist ein weltweit tätiger Anbieter von Lösungen für den Bau von Gehäusesystemen für die Elektronik. Die Produktepalette reicht von Komponenten für 19″-Mechanik über modulare Gehäuse, Schaltschränke und Backplanes bis hin zu kompletten Grundsystemen. Elma stellt ebenfalls Drehschalter für die Elektronik her. Die Flexibilität zur Erfüllung der Kundenwünsche sowie die langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Komponenten und Systemen für komplexe Anwendungen zeichnen Elma als zuverlässigen Partner aus. Das Unternehmen beschäftigte per Ende 2005 rund 700 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von CHF 121 Mio.

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