SNB: Zur Erhaltung des Lebensstandards ist Handlungsbedarf angezeigt

Ulrich Kohli, Chefökonom bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB), ist jedoch überzeugt, dass die realen BIP-Wachstumsraten zur Schweiz aufgrund von Messproblemen die wirtschaftliche Leistung signifikant unterbewerten. Er betont in seiner Rede vor dem Osec Business Network Switzerland Podium in Zürich aber auch, die Schweiz müsse handeln, wenn sie ihre Spitzenposition halten wolle. «Es lässt sich nicht bestreiten, dass das Wachstumsdefizit der Schweiz real ist und korrigiert werden muss», so seine Wortwahl.


Schmerzhafte Anpassungen
Kohli ist sich bewusst, dass viele der notwendigen Anpassungen schmerzhaft sein werden. «Der Nutzen (der Anpassungen) wird erst mit der Zeit spürbar, der Schmerz tritt dagegen unverzüglich ein.» Er plädiert dafür, die zentralen Wachstumsmotoren Arbeit, Kapital, technologischer Fortschritt und internationaler Handel «best möglichst» zu nutzen. Der Schlüssel zu dieser Strategie liege im Verhindern von Verzerrungen, künstlichen Barrieren und falschen Anreizen.


Leistungsfähigkeit verbessern
Mehr Wettbewerb und weniger Regulierung würde die Leistungsfähigkeit der Produktionsfaktoren verbessern. Dadurch würde der Standort Schweiz für Investoren attraktiver und inländisches Kapital würde begünstigt, ist der Volkswirt überzeugt. In diesem Zusammenhang lobte Kohli das vom Bund lancierte 17-Punkte-Programm zur Wiederbelebung der hiesigen Wirtschaft. Allerdings seien diese Massnahmen nur effizient, wenn sie als Gesamtpaket umgesetzt würden. Das Wachstum einer Volkswirtschaft wird in der Regel mit der Entwicklung des BIP gemessen. Im Fall der Schweiz spiegle diese Messgrösser aber die wirtschaftliche Leistung des Landes nur unzulänglich, gab Kohli zu bedenken. Die «Terms Of Trade» (Handelsbedingungen) seien beispielsweise nicht berücksichtigt, obgleich sie zum Einkommen einer Volkswirtschaft beitragen würden. In den letzten 25 Jahren hätten sich innerhalb der OECD die Terms-of-Trade der Schweiz mit rund +25% am stärksten verbessert.


Zu hohe Investitionen in Infrastruktur
Zudem seien die Nettoeinkommen aus dem Ausland nicht im BIP enthalten. Im Fall der Schweiz wachse das Bruttosozialprodukt (BSP) dank umfangreichen Investitionen im Ausland aber bedeutend schneller als das BIP, so die Ausführungen des Chefökonomen zur Messproblematik. Des weiteren bemängelt Kohli, die Schweiz würde viel in die öffentliche Infrastruktur oder die Umwelt investieren. Dadurch erhöhe sich zweifelsohne der Lebensstandard, die BIP-Wachstumsraten würden diese Bemühungen aber ebenfalls nicht reflektieren. Die Verlangsamung des Schweizer Wirtschaftswachstums – gemessen an der BIP-Entwicklung – in den 90er Jahren führt Kohli primär auf die Abnahme der privaten Investitionen im Inland und auf den Rückgang des Arbeitseinsatzes zurück. In der Vergangenheit hätten diverse Faktoren einen Anreiz zur Untätigkeit geschaffen, meinte Kohli und verwies auf die steigenden Lohnabzüge (AHV-, IV-Abgaben) für Arbeitnehmer und zunehmenden Unterstützungszahlungen für Nicht-Arbeitende. Vorschläge zur Senkungen des AHV-Alters und der Wochenarbeitszeit hätten zudem die trügerische Ansicht geschürt, dass weniger zu arbeiten wohlstandsfördernd sei. (awp/mc/as)

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