Swisscom: Bundesrat verteidigt Verbot von Auslandszukäufen

Das finanzielle und politische Risiko sei zu gross. Eine Mehrheit der Schweizer ist indes für Käufe der Swisscom im Ausland. Der Bundesrat habe der Swisscom seine Besorgnis schon mitgeteilt, als diese mit der Telekom Austria verhandelt habe, sagte Finanzminister Hans-Rudolf Merz der «NZZ am Sonntag». «Unser Entscheid ist also nicht über Nacht gekommen.» Die Kaufabsichten der Swisscom in Österreich platzten im August letzten Jahres.


«Das will der Bundesrat jetzt nicht»
Nun hätten die Verhandlungen mit der irischen Telekomgesellschaft Eircom kurz vor dem Abschluss gestanden. «Auch ein Engagement in Dänemark war im Gespräch. Das will der Bundesrat jetzt nicht», sagte Merz. «Stellen Sie sich vor, die Swisscom hätte die Telekom Austria gekauft und wäre in Schwierigkeiten geraten. (…) Die kleinste Sanierung in Österreich hätte zu einer Krise nicht für die Swisscom, sondern zwischen der Schweiz und Österreich geführt», sagte Justizminister Christoph Blocher der «SonntagsZeitung».


«Das Risiko für die Schweiz ist viel zu gross»
Das Gleiche gelte für jede andere Grossakquisition. «Das Risiko für die Schweiz ist viel zu gross.» Denn als Grossaktionärin der Swisscom hafte sie «nicht rechtlich, aber politisch praktisch unbeschränkt», sagte Blocher. «Stellen Sie sich vor, wenn die für 20 Mrd CHF etwas kaufen und es geht schief. Da will ich dann die Schweizer sehen, die zahlen wollen. Ich bin froh, wenn es eine Volksabstimmung gibt.»


Swissair-Syndrom
Die Swisscom habe – wie damals die Swissair – viel Geld und gute Erträge. «Also will man grösser werden und expandiert ins Ausland und kauft Firmen. Bei der Swissair führte dies zum Zusammenbruch», sagte Blocher. Er sei überzeugt, dass die Schweizer diese hohen Risiken nicht tragen wollten, sagte Blocher. Laut einer Umfrage im Auftrag des «SonntagsBlicks» finden allerdings 72% der 600 Befragten ein Auslandengagement der Swisscom gut oder sehr gut. Und 48% forderten, der Bund müsse Mehrheitsaktionär der Swisscom bleiben.


Beteiligung zurückkaufen
Statt 20 Mrd CHF im Ausland zu investieren, könnte die Swisscom zum Beispiel vom Bund die Beteiligung von heute 17 Mrd CHF zurückkaufen oder auch ausschütten. «Dann löst sich ihr Eigenmittelproblem ohne gewaltige Risiken», sagte Blocher.


Drohung mit ausserordentlicher Generalversammlung
Falls die Swisscom dem Befehl der Regierung nicht folgen und dennoch eine grosse Akquisition im Ausland tätigen sollte, drohte Blocher mit einer ausserordentlichen Generalversammlung und Verantwortlichkeitsklagen. Wenn das Swisscom-Management zurücktrete, müsse man es ersetzen, sagte der Justizminister.


Heftige Kritik am Entscheid aus Bern
In der Schweizer Presse hagelte es Kritik am Entscheid aus Bern: Dieser sei «absurd» und «schizophren», ein Schlag ins Gesicht von Swisscom-Chef Jens Alder. Die Swisscom müsse tatenlos zusehen, wie die europäische Telekomlandschaft aufgeteilt werde. Die Swisscom werde zur Übernahme- oder Subventionskandidatin. (awp/mc/gh)

Schreibe einen Kommentar