IEA-Energieausblick: Abhängigkeit von islamischer Welt steigt

Selbst die im Juli in Gleneagles von den Industrie- und Schwellenländern vereinbarten Reformen der Energiepolitik könnten das Wachstum des Ölverbrauchs und des Ausstosses von Treibhausgasen nicht stoppen, schreibt die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem Weltenergieausblick 2006. «Wesentlich radikalere Aktionen und bahnbrechende technologische Entwicklungen sind notwendig, um diese Trends umzukehren.»


Energienachfrage bis 2030
Bei unveränderter Politik wird die weltweite Energienachfrage bis 2030 der IEA zufolge um mehr als die Hälfte auf 16,3 Milliarden Tonnen Öleinheiten steigen. Angefeuert wird das Wachstum vom zunehmenden Verkehr in den Boomregionen Asiens. Um den Bedarf zu decken, müssten 17 Billionen Dollar investiert werden. Weil die grossen Reserven in Nordafrika und dem Vorderen Orient (MENA-Staaten) liegen, würde die Abhängigkeit der Europas und Nordamerikas, Chinas und Indiens von dieser Region zunehmen. Der MENA-Anteil an der Förderung dürfte von 35 auf 44 Prozent steigen. Gleichzeitig würde die Umwelt bedroht und der Ausstoss des als «Klimakiller» gefürchteten Kohlendioxids würde um 52 Prozent zunehmen, mahnt die IEA. Das würde «die langfristige Nachhaltigkeit des Energiesystems in Frage» stellen.


Ölpreise werden trotz wachsender Nachfrage sinken
Die Ölpreise werden trotz wachsender Nachfrage sinken, sofern ausreichend investiert wird. Denn Öl ist – vorerst – genug da. Das Barrel (159-Liter-Fass) würde 2010 rund 35 Dollar kosten und sich anschliessend bis 2030 nur auf 39 Dollar verteuern. Die IEA hält aber für möglich, dass insbesondere in den MENA-Staaten die Investitionen nicht mit dem Bedarf Schritt halten. Die Folge wäre eine Verteuerung des Öls bis 2030 auf 52 Dollar. Dies würde weltweit die Ölnachfrage um sechs Prozent und das Wirtschaftswachstum um 0,23 Prozent drosseln.


Energieeinsparungen und Investitionen in neue Technologien
Besser, aber nicht grundsätzlich anders wäre die Entwicklung bei Energieeinsparungen und Investitionen in neue Technologien, wie beim Gipfeltreffen in Gleneagles versprochen. Selbst dann würde die weltweite Energienachfrage bis 2030 um 37 Prozent steigen, rechnete die IEA vor. Trotz der Reformen würde Erdöl der wichtigste Energieträger bleiben; nur die Kohle würde gegen Wasserkraft und Biomasse verlieren. Der Ölpreis wäre aber am Ende um ein Siebtel niedriger als im Referenzszenario.


Sparmassnahmen reichen nicht
Selbst für eine gesündere Umwelt würden die Sparmassnahmen nicht reichen. Der CO2-Ausstoss würde zwar 2030 um 5,8 Gigatonnen oder 16 Prozent niedriger liegen als ohne die Reformen. Das ist so viel, wie die USA und Kanada gemeinsam heute abgeben. Dennoch würde 2030 immer noch 28 Prozent mehr Kohlendioxid ausgestossen werden als heute.


Energieverbrauch bis 2030 verdoppelt sich
In den MENA-Staaten selbst wird der Energieverbrauch sich wegen des raschen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums der IEA zufolge bis 2030 verdoppeln. Doch die Förderleistung werde noch stärker steigen und deswegen wachsende Exporte ermöglichen, meint die IEA. «Der Irak dürfte die höchste Wachstumsrate und die stärkste volumenmässige Zunahme nach Saudi-Arabien verbuchen.» Auch Libyen, Kuwait und die Emirate dürften ihren Lieferanteil erhöhen. Die Exporteinnahmen der MENA-Staaten dürften sich bis 2030 auf 635 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln. Bei Sparmassnahmen der Verbraucher wären die Einnahmen um ein Fünftel niedriger als im Referenzszenario. (awp/mc/gh)

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