Schweizer Zeitungen sehen bilateralen Weg nach dem Ja bestätigt
«Europäischer geht es nicht», schreibt der «Blick» in seinem Kommentar. Die Schweiz sei das einzige Land Europas, in dem das Volk Ja gesagt habe zu Schengen und zur Osterweiterung.
Nüchterne Pragmatiker
Der Zürcher «Tages-Anzeiger» schreibt von einem «Sieg der nüchternen Pragmatiker über isolationistische Ideologen». Das Schweizer Stimmvolk unterstütze offensichtlich vernünftige Verträge, welche «der wirtschaftlichen und kulturellen Zukunft» der Schweiz gerecht würden.
«Kein begeistertes, sondern ein realistisches»
Das klare Ja zur Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes sei «kein begeistertes, sondern ein realistisches», meint der Berner «Bund» seinerseits. Die Schweizerinnen und Schweizer hätten eines verstanden: «Wer mit der EU geschäften will, muss auch akzeptieren, dass Europäer bei uns arbeiten.»
Lehrstück
Für das «St. Galler Tagblatt» war die Vorlage ein Lehrstück dafür, «wie wirtschaftlich Notwendiges realisiert werden kann, ohne die Menschen im Stich zu lassen». Und die «Thurgauer Zeitung» lobt: «Von einer Rückenstärkung durch das Volk, wie sie gestern der Bundesrat erfahren hat, können die Regierungen der EU-Staaten nur träumen.»
Nüchterne und differenzierte Diskussionen
Richtig war es laut «Südostschweiz», die Abstimmungen über die Verträge Schengen/Dublin und über die Personenfreizügigkeit getrennt durchzuführen. So habe man «statt eines emotionalisierten Monster-Abstimmungswochenendes» jeweils «nüchterne und differenzierte Diskussionen» führen können.
Zustimmung auch in der Westschweiz
Auch die Westschweizer Zeitungen begrüssen das Ja zur Personenfreizügigkeit. Dieses sei «die Krönung von zehn Jahren bilaterale Verhandlungen», schrieb «Le Temps». Besondere Beachtung fand in der Romandie, dass im Ergebnis keine grossen Unterschiede zwischen Deutschschweiz und Westschweiz auszumachen sind. «Der Röstigraben deckt sich zu», freute sich die «Tribune de Genève». Die Einheit des Landes im Dossier Europa habe sich weitgehend wiederhergestellt.
Kein Votum für einen EU-Beitritt
In einem Punkt sind sich die Schweizer Zeitungen einig: Das Abstimmungsergebnis ist kein Votum für einen EU-Beitritt. «Der Bundesrat soll das Gesuch dort lassen, wo es liegt: in der Schublade», schreibt der Kommentator der «Berner Zeitung».
Mahnung zur Besonnenheit
Die «Luzerner Zeitung» mahnt zu Besonnenheit: «Nur ein pragmatisches Schritt-an-Schritt führt im Europa-Dossier zu Ergebnissen», ist der Kommentator der überzeugt. Und für die «Neue Zürcher Zeitung» besteht «für Schnellschüsse kein Anlass». Die Debatte über einen EU-Beitritt müsse jetzt im Bundesrat und in den Parteien geführt werden, schreibt das Blatt. Erst dannach könne man entscheiden, ob das EU-Beitrittsgesuch allenfalls zurückgezogen oder aufs Eis gelegt werden solle.
Grundsätzliche Diskussion
Die «Basler Zeitung» schlieslich fordert eine grundsätzliche Diskussion über die EU statt einer Debatte über das Beitrittsgesuch. Sie fragt sich: «Will sich die Schweiz einmischen und mitmachen, oder genügt ihr der Platz im EU-Seitenwagen?» (awp/mc/gh)