Adrian Bult, CEO Swisscom Fixnet: «Die Innovationsrate ist nach wie vor hoch»
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Bult, die Schweizer Telekommuni-kationsszene bewegt sich und die Nerven scheinen blank zu liegen. Die «Digital Phone» Ankündigung der Cablecom wurde von Tele2 gekontert mit dem Hinweis auf die Schwachstellen im Kundenservice von Cablecom. Sie scheinen das Treiben mit relativer Gelassenheit zu beobachten. Kommen Sie durch die fallenden Preise nicht unter Druck?
Adrian Bult: Swisscom Fixnet verfügt über einen anerkanntermassen guten Kundendienst wie auch eine hohe Qualität und Verfügbarkeit. Auch preislich haben wir uns einiges einfallen lassen: In einer Sommeraktion bieten wir das Gratis-Telefonieren an; so telefoniert man ab 1. Juli abends gratis im Schweizer Festnetz. Am Wochenende bietet Swisscom Fixnet bereits heute unter 27-Jährigen die Gratistelefonie an. Ausserdem verrechnet Swisscom Fixnet grundsätzlich keine Verbindungsaufbaugebühr – Cablecom verrechnet dagegen pro Gespräch 8 Rappen.
«Die Strategie von Swisscom Fixnet ist klar das «Triple Play», neben der Telefonie und dem Breitband-Internet wollen wir künftig auch Fernsehen anbieten.» Adrian Bult, CEO Swisscom Fixnet
Die Innovation der Telekommunikationsbranche scheint seit der Einführung von Wireless LANs (Local Area Network) ziemlich zum Erliegen gekommen. Nur mehr Töne, mehr Bilder und mehr Spiele auf Mobiltelefonen kann kaum die Zukunft sein. Wo sehen Sie die nächsten wichtigen Neuerungen in ihrem Markt?
Das sehe ich anders: Die Innovationsrate ist in der Telekommunikationsbranche nach wie vor sehr hoch. Die Breitband-Internetanschlüsse über ADSL etwa haben in den letzten Jahren einen wahren Boom erlebt. Das Wachstum in der Schweiz ist das höchste in Europa. Was kommt als nächstes? Noch im Sommer dieses Jahres werden wir unseren Versuch mit Fernsehen über ADSL starten. Ein wichtiges Thema der Zukunft wird auch die Konvergenz von Fest- und Mobilnetz sein: die Mobilnetze werden immer breitbandiger und das Festnetz zunehmend drahtlos.
Finanziell geht es der Swisscom blendend (1.57 Milliarden CHF Reingewinn 2003, Equity Free Cash Flow von annähernd 3 Milliarden CHF) , man scheint sogar Schwierigkeiten zu haben, die Gewinne in innovativen Bereichen anzulegen. Wo sehen Sie Möglichkeiten, die Gewinne innovativer als zu Akteinrückkäufen zu verwenden?
In der Tat ist es für Swisscom schwierig, im Schweizer Markt zu wachsen. Hier setzt uns auch die Regulierung enge Grenzen. Wir investieren jedoch sehr viel Geld in neue Technologien und halten unsere Netze laufend auf dem neusten Stand. Die Aktienrückkäufe dienen dazu, unsere Bilanzstruktur zu optimieren.
Die Swisscom versucht ihre Kunden emotional an das «Original» zu binden. Dazu wird jeweils betont, wie viel die Investitionen auch der Schweizer Wirtschaft helfen. Wie sieht Ihre Wachstumsplanung in Ihrem Bereich in den nächsten beiden Jahren für die Schweiz aus bezüglich Mitarbeiter, Umsatz und Investition in Technologie?
Die Investitionen der Swisscom-Gruppe in der Schweiz liegen bei jährlich etwa 1,3 Milliarden Franken und somit in einer Höhe, wie sie kein Konkurrent auch nur annähernd erreicht. Diese Investitionen wirken sich sehr positiv auf die Schweizer Volkswirtschaft aus. Oft geht vergessen, dass Swisscom auch die Grundversorgung des ganzen Landes mit Telekommunikationsdiensten sicherstellt. Wir sind uns auch unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst: so schliessen wir alle Schweizer Schulen gratis ans Internet an. Umsatz und Investitionen der Swisscom-Gruppe bleiben in den kommenden Jahren stabil, die Zahl der Stellen wird tendenziell weiter sinken.
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Mobiltelephonie, Breitband Internet, digitales Fernsehen, Festnetztelephonie: Die Swisscom kann innerhalb der Gruppe alle denkbaren Kommunikations-dienstleistungen anbieten. Als Kunde hat man jedoch oft das Gefühl, die eine Hand wisse nicht so genau, was die andere tue. Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit über die verschiedenen Gruppen-Einheiten tatsächlich?
Die Swisscom-Gruppe verfügt tatsächlich über sehr breite Aktivitäten in der Telekommunikation und die Kunden profitieren von einem sehr umfassenden Angebot. Die regelmässigen Umfragen zeigen, dass die Zufriedenheit unserer Kunden sehr hoch ist. Trotzdem ist das Optimieren der Abläufe und eine weitere Verbesserung des Kundendienstes bei Swisscom wie bei anderen Unternehmen ein Dauerthema. Ausserdem wünschen zahlreiche Kunden explizit mehrere Leistungen von einem Anbieter.
Swisscom hat Mitte April bekannt gegeben, dass sie mit dem «Premium Digital TV» ins digitale Fernsehzeitalter einsteigen will, Cablecom wird mir «Digital Phone» zur umfassenden Anbieterin (TV, Radio, Telephon, Internet).
Wird die Luft dünner für reine Telefonieanbieter?
Die Strategie von Swisscom Fixnet ist klar das «Triple Play», neben der Telefonie und dem Breitband-Internet wollen wir künftig auch Fernsehen anbieten. Dazu starten wir noch im Sommer wie erwähnt den Versuch.
Die Preisübersicht über die verschiedenen Angebote wird wegen teilweise schlecht sichtbaren Folgekosten (spezielle Geräte, Verbindungsgebühren, unterschiedliche Technologien) für den Kunden immer komplizierter.
Wo sehen Sie klare Kunden-Vorteile bei der Swisscom gegenüber Ihren Mitbewerbern?
Die hohe Zahl der Anbieter bringt mit sich, dass der Vergleich der verschiedenen Offerten schwieriger wird. Dies ist eine direkte Folge des Wettbewerbs. Jeder Anbieter hat aber ein Interesse, seine Offerte den Kunden transparent zu kommunizieren. Die Stärke von Swisscom Fixnet sind die hohe Zuverlässigkeit, die landesweite Abdeckung, die hohe Qualität des Angebots sowie mit dem Einheitstarif in der Telefonie eine transparente Preisstruktur.
Sie haben einen Wunsch frei, wie sieht dieser aus?
Der herrschende intensive Wettbewerb in der Telekommunikation ist heute augenfällig. In diesem Umfeld wünsche ich mir, dass auf weitere Eingriffe des Regulators verzichtet wird. Das Beispiel Breitband-Internet hat in den letzten Jahren klar aufgezeigt, dass mit dem freien Spiel der Marktkräfte die höchste Dynamik erzielt wird und die Kunden auf der ganzen Ebene profitieren können.
Der Gesprächspartner
Geburtsdatum: 19.1.1959, Heimatort: Basel, Zivilstand: Verheiratet
Ausbildung: Hochschule St. Gallen für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (HSG). Abschluss als Lic. Oec. HSG
Praktikum in England, Francis Shaw & Co., Manchester
Berufliche Laufbahn (wichtigste Stationen):
1984 Eintritt bei IBM Schweiz:
– Verschiedene Verkaufs- und Marketingaufgaben,
– IBM UK in London
– Abteilungsleiter Bereich Bankenanwendungen und Projekte
– 1993-1994 Geschäfts-bereichsleiter Banken Schweiz
– 1995-1997 Geschäfts-bereichsleiter Banken Schweiz, Oesterreich, Zentral- und Osteuropa, Deutschland
1997-2000 Chief Information & Technology Officer, Swisscom AG, Mitglied der Konzernleitung
2000-2001 Leiter Fixnet, Swisscom AG
2001-heute CEO Swisscom Fixnet AG