Albert Baehny CEO Geberit: «In China die Baustandards positiv beeinflussen»

Von Helmuth Fuchs


Herr Baehny, zuerst einmal herzliche Gratulation, ab dem 1. Januar werden sie offiziell als CEO der Geberit agieren. Der Abgang von drei Konzernleitungsmitgliedern (Rudolf Huber, Paul Witschi und Thomas Raible), die neue Konzernleitung mit vier statt sechs Mitgliedern (Albert Baehny, Roland Iff, Michael Reinhard und Randolf Hanslin), das hat schon den Beigeschmack einer kleinen Palastrevolution. An der Börse wurde Umbau im Management auch als Grund für den erheblichen Kursrückgang angeführt. Wo sehen Sie die Chancen und Risiken eines solch tief greifenden Einschnitts in die Organisation des Unternehmens?

Auch die längste Amtszeit geht einmal zu Ende. Ich beurteile die Änderungen als eine normale Entwicklung in der Organisation eines Unternehmens. Drei von vier Mitglieder der zukünftigen Konzernleitung kommen ja von intern und eine Person bringt frische externe Impulse in die Leitung von Geberit. Zudem bleibt die Besetzung des VR unverändert und der bisherige CEO wird das Präsidium übernehmen. Ausserdem gibt es keine tief greifende Reorganisation im Unternehmen.



«Mit dem Thema Akquisitionen werden wir uns intensiver in der zweiten Hälfte 2005 beschäftigen und dabei entsprechende Prioritäten festlegen.»  Albert M. Baehny, CEO Geberit

I m dritten Quartal wurde die an sich sehr erfreuliche Entwicklung des Umsatzes (organisches Wachstum in Landeswährung im 1. Semester von +12.3%, im dritten Quartal noch +4.6%) vor allem durch den schleppenden Markt in Deutschland gebremst. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in Deutschland (zum Beispiel Auswirkung einer möglichen Reduktion oder Streichung der Eigenheimzulage) und wo möchten Sie eventuell neue Schwerpunkte für das Wachstum der Geberit Gruppe setzen?

In Deutschland erzielen wir ungefähr 75 – 80% unseres Umsatzes im Renovationsgeschäft. Wir sind der Ansicht, dass sich die Eigenheimzulage schwergewichtig auf den Neubau auswirkt und wir deshalb nicht so stark von diesbezüglichen Veränderungen betroffen sind. Ausschlaggebend für den abflachenden Geschäftsverlauf bei Geberit in Deutschland ist ein Basiseffekt aufgrund starker Vorjahresquartale ab dem 3. Quartal 2003 sowie auslaufende Vorzieheffekte aufgrund von Preiserhöhungen im ersten Halbjahr 2004.

Zukünftiges Wachstum für die Geberit Gruppe wollen wir durch eine fortgesetzte Internationalisierung der Gruppe mit einem überproportionalen Wachstum in Märkten wie Zentral- und Ost-Europa, Asien und Nordamerika sowie eine weiterhin hohe Innovationsrate generieren.


In den letzten drei Jahren hat sich der Kurs der Aktie gut verdoppelt, wobei vor allem die letzten 1.5 Jahre einen markanten Aufschwung brachten. Die Geberit-Aktie ist auch im neuen SMI-Mid-Cap Index SMIM, der die liquidesten und grössten Titel des Schweizer Aktienmarktes enthält, vertreten. Wie wichtig ist in Ihren Augen der Aktienkurs für Ihr Tagesgeschäft und welche direkten Massnahmen sehen Sie zur Beeinflussung des Kurses?

Wir lassen uns nicht durch kurzfristige Schwankungen des Aktienkurses beeinflussen, sondern arbeiten permanent daran, den Unternehmenswert zu erhöhen. In diesem Sinne hat unser Aktienkurs kaum einen Einfluss auf unsere Strategie, die eine langfristige Perspektive hat. Ich bin aber überzeugt, dass der Aktienkurs von Geberit langfristig den wirklichen Unternehmenswert reflektieren wird. Damit aber die Märkte unsere langfristige Strategie verstehen, kommt der Kommunikation mit dem Finanzmarkt und mit den Medien eine grosse Bedeutung zu.

Als Marktführer in der Sanitätstechnik muss die Geberit selbst Innovationen vorantreiben und neue Trends setzen. Wo sehen Sie die nächsten grossen Entwicklungsschritte in der Sanitätstechnik?

Bei der Entwicklung von Sanitärprodukten und -systemen setzen wir folgende Schwerpunkte:




  • noch einfachere und schnellere Installationssysteme,


  • hohe Produktqualität,


  • Ökologie (z.B. wenig Wasserverbrauch beim Spülen von WCs),


  • Akustik (Systeme mit vorteilhaften Akustikwerten),


  • Brandschutz (Sicherheit) und


  • Software-Lösungen vorwiegend für den Sanitärplaner für eine integrierte Planung der Sanitärtechnik.


In Asien, vor allem in China, werden Städte in atemberaubenden Tempo aus dem Boden gestampft. Für Sie muss das ein Eldorado sein. Wie gehen Sie den asiatischen Markt an und wie beurteilen Sie die Entwicklungschancen in diesem Teil der Welt?

In China haben wir zwei Produktionsstandorte in der Region Schanghai, wo wir primär für den asiatischen Markt produzieren. Vertriebsseitig sind wir in China aktuell daran, die gegenwärtig drei Verkaufsbüros auf zehn aufzustocken, um unsere Marktpräsenz deutlich zu verstärken. In Aufbaumärkten wie z.B. in Vietnam sind wir mit Agenten präsent. Ein Hauptaugenmerk legen wir in Asien, besonders in China, darauf, Sanitärnormen und Baustandards positiv zu beeinflussen. Durch regelmässige Treffen mit den entsprechenden Behörden und Universitäten konnten wir dabei bereits Erfolge erzielen.

Nachhaltigkeit, auch bezüglich der Umwelt, ist bei der Geberit ein offensichtlich wichtiges Thema mit hoher Aufmerksamkeit. Wie können sie nachhaltige Produktion in Märkten umsetzen, die primär Wachstumsziele mit geringer Rücksicht auf die Umwelt verfolgen, wie zum Beispiel China?


Auch in China nimmt die Sensibilisierung für Nachhaltigkeitsfragen in der Bauindustrie zu. Dieses gestiegene Interesse an nachhaltigen Prozessen ist für Geberit eine grosse Chance. Dadurch können wir unser Know-how nicht nur bei technischen, sondern auch bei ökologischen und ökonomischen Themen unter Beweis stellen.

Die Geberit ist weltweit solide positioniert, die Strategie und das Wachstumspotential mit einem starken Geschäftsmodell abgestützt, die Analysten verhalten positiv, die Anleger zufrieden. Was sind Ihre grössten Herausforderungen für die kommende Zeit?

Meine prioritären Aufgaben werden es sein, die Kommunikation nach innen und aussen zu pflegen, die bestmögliche Arbeitsatmosphäre in der Gruppe zu fördern, sicherzustellen, dass die neue Konzernleitung offen und effizient zusammenarbeitet, die Internationalisierung der Gruppe fortzusetzen sowie die Innovationskraft weiter zu stärken.

Nebst dem organischen Wachstum sind Sie durch die erfolgreiche Akquisition der Mapress Gruppe stark gewachsen. Welche Bedeutung wird das Wachstum durch Akquisitionen in den nächsten beiden Jahren für Sie haben, und in welchen Regionen sehen Sie Akquisitionsbedarf?

Wir haben nicht im Sinn, nächstes Jahr eine Akquisition durchzuführen. Wir haben zwar die Mapress Gruppe schnell und erfolgreich integriert, konzentrieren unsere Ressourcen nun aber darauf, die Synergien auszuschöpfen. Mit dem Thema Akquisitionen werden wir uns intensiver in der zweiten Hälfte 2005 beschäftigen und dabei entsprechende Prioritäten festlegen.

Für die zur Mapress gehörenden und nur mässig performenden Blücher A.S. soll offensichtlich ein Käufer gesucht werden. Sind Sie hier schon fündig geworden?


Wir haben vor ein paar Wochen einen Letter of Intent mit einer Investorengruppe unterzeichnet und hoffen, den Verkaufsvertrag noch dieses Jahr zu unterschreiben.

Was sind für Sie die wichtigsten Ziele in den nächsten 12 Monaten an denen Sie der Markt messen soll?

Wir wollen




  • unser Umsatzwachstum fortsetzen,


  • unsere hohen operativen Margen halten,


  • Synergien mit Mapress ausschöpfen und


  • neue Produkte erfolgreich einführen.


Sie haben zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?

Beruflich, dass sich die Geberit Mitarbeiter auf allen Ebenen gemeinsam verantwortlich fühlen für den Gesamterfolg der Firma. Das erfordert Teamverhalten anstelle von Konkurrenz, Gruppendenken und nicht Einzelprestige, Toleranz und Partizipation. Und privat wünsche ich mir ein weiterhin glückliches und gesundes Familienleben.

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