Karl Müller, Swiss Masai AG: «mBT wird eine der beliebtesten Marken der Welt»


Der Thurgauer Karl Müller schreibt mit den mBT-Schuhen eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Im Moneycab-Interview erklärt er die Masai-Barfuss-Technologie und äussert sich zu Ausbauplänen, den Verkauf der Aktienmehrheit an Klaus Heidegger, Verschiedenheiten der Märkte und zu seiner Arbeitsphilosophie.

Von Patrick Gunti


Karl Müller, Mitinhaber Swiss Masai AG und Erfinder der Masai-Barfuss-Technologie (Foto: pd)
Moneycab: Herr Müller, Sie weilen derzeit in Südkorea, wo die mBT-Schuhe produziert werden. Müssen Sie vor Ort dazu Sorge tragen, dass die Produktion bei derenormen Nachfrage nicht an ihre Grenzen stösst?

Karl Müller: Ich bin im Moment aus mehreren Gründen hier: Erstens ist Korea meine zweite Heimat. In der Schweiz bin ich aufgewachsen und zur Schule gegangen. In Korea bin ich 1980 sozusagen ins kalte Wasser des Geschäftslebens gefallen und habe bis 1990 – learning by doing – 12 eigene Geschäfte aufgebaut. Hierhin zieht es mich einfach immer wieder. Meine Frau ist Koreanerin. Sie und 3 unserer 7 Kinder begleiten mich auf dieser Reise. Ausserdem haben wir hier eine eigene Fabrik, die von 2 Schweizern geleitet wird. Es ist mir wichtig, in dieser extremen Wachstumsphase, wo man Strukturen ständig umbauen muss, den Ort des Geschehens mehrmals jährlich zu spüren. Zusätzlich ist Korea ist für uns ein wichtiger Markt. Es gibt hier bereits 60 reine mBT-Shops, so viele wie in keinem andern Land der Welt. Ich trete hier regelmässig im Fernsehen auf und gebe Vorträge über Fitness, Gang- und Haltungslehre.

Anfang November feiert die Swiss Masai AG in Roggwil ein «Festival zum Millionsten mBT». Hätten Sie sich diesen Erfolg je zu Träumen gewagt, als Sie 1996 ihre Idee patentieren liessen?

Ja natürlich, sonst hätte ich nicht den Mut gehabt, das Patent für so viel Geld in allen Industrieländern der Welt als Patent anzumelden.

Sie sind der Erfinder des mBT. Also aus berufenem Munde: Erklären Sie uns doch bitte kurz die Masai-Barfuss-Technologie und wie Sie darauf gekommen sind.

Wir zivilisierten Menschen entfernen uns in verschiedener Hinsicht immer mehr von einer natürlichen Lebensweise. Hinsichtlich Bewegung weiss jedermann, dass wir zu wenig tun. Dass wir uns auf den harten, flachen Kunstböden unseres Alltags aber v.a. falsch bewegen, ist weitgehend unbekannt. Fast alle Rücken-, Hüft-, Bein- und Fussbeschwerden haben darin ihre Ursache.

Der mBT ist eine Fussbekleidung mit integriertem Fersentaster anstelle eines Absatzes. Diese High-Tech-Sohle gibt dem Träger das Gefühl, dass der Fuss auch auf hartem Zementboden tief einsinkt wie auf weichen Waldboden. Dieses unglaublich angenehme Gehgefühl macht Gehen zum Erlebnis. Dadurch geht man nicht nur lieber und mehr, die Haltung richtet sich automatisch auf, der ganze Muskelapparat wird Schritt für Schritttrainiert, gedehnt und entspannt sowie Rücken und Gelenke entlastet. Die Venen- und Blutkreislauf-Aktivität wird erhöht.

In meiner Korea-Zeit hatte ich unausstehliche Rückenprobleme. Ich merkte, dass die Schmerzen erträglich wurden, wenn ich am Sonntag auf den Reisfeldern und Hügeln barfuss spazieren ging. Ich fühlte den Zusammenhang zwischen weichem Untergrund und Lösen meiner Muskelverspannungen. Einige «zugefallene Umstände» führten dann dazu, dass ich eine Sohle zu entwickeln begann, die mir das Reisfeld-Gefühl auch auf unseren harten Kunstböden vermittelte. Und siehe da, es löste die Schmerzen, genau so wie der weiche Naturboden selbst.

mBT-Modelle sind derzeit in 17 Ländern erhältlich, seit Anfang dieses Jahres auch in den USA und Grossbritannien. Offenbar hat in diesem riesigen und natürlich lukrativen Markt ein regelrechter Run eingesetzt. Liegen genaue Verkaufs-Zahlen vor?

Der mBT ist seit 6 Jahren auf dem Markt. Begonnen habe ich in der Schweiz. Dank der Mund-zu-Mund-Werbung unserer Kundschaft konnten wir jedes Jahr so viel produzieren wie in allen Jahren zuvor zusammen. Im Moment bauen wir zwischen 50-60’000 Paar pro Monat. Die Zahl ist weiterhin stark steigend. Viele grosse Länder wie die USA, Japan, England etc. haben erst angefangen. Deutschland ist mit 15’000 Paar im Moment noch die Nummer 1, dann folgen die USA mit 8000, England mit 6500, Österreich und die Schweiz mit 4000, Korea 3500 Paar pro Monat.

Wie viele Verkaufspunkte gibt es derzeit in den Vereinigten Staaten? Wie sehen Ihre Ausbaupläne für den nordamerikanischen Markt aus?

Wir haben in den USA eine Beteiligungsgesellschaft mit eigenem Lagerhaus in Sun Valley. Von dort aus werden die einzelnen Händler beliefert, die durch regionale Aussendienstmitarbeiter akquiriert und betreut werden. Im Moment haben wir erst etwa 100 Händler im Fusspflegebereich (Footsolutions) und Sportfachhandel.

Wir sind keine Strategen, die Ausbaupläne aufstellen. Wir wachsen so stark, dass wir immer nur reagieren statt agieren. Uns ist weniger wichtig, wie viel wir verkaufen, als dass unsere Kundinnen und Kunden begeistert sind und uns weiterempfehlen. Das ist das A und das O unserer Geschäftsphilosophie. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dank den zahlreichen positiven Medienberichten in den USA nächstes Jahr dort 3-4 mal mehr verkaufen werden als heute. Wie wir das produzieren können, ist die andere Frage.

Kaufen die Amerikaner die mBT-Schuhe aus den gleichen Gründen wie zum Beispiel Herr und Frau Schweizer oder gibt es da Unterschiede?

In der Schweiz haben wir leider immer noch etwas das Gesundheitsschuh-Image. Das kommt wohl daher, dass unsere Modelle am Anfang noch sehr «orthopädisch» ausgesehen haben. Heute sehen sie zum Teil extrem modisch aus, was uns in England und den USA in die Top-Lifestyle-Medien gebracht hat. Siehe www.masai.ch. Dementsprechend ist der mBT dort vor allem als Fitness- und Lifestyle Produkt bekannt.

Es gibt vom mBT verschiedene Modelle, von der Sandale über Sport bis zu Outdoor. Die US-Army soll sogar an einem mBT-Kampfstiefel interessiert sein. Was allen Modellen gemein ist: Sie erfüllen nicht unbedingt modische Ansprüche, was vom Sohlenaufbau her auch kaum möglich erscheint. Swiss Masai will aber in Zukunft auch im Lifestyle-Schuhmarkt präsent sein. Wie geht Sie dieses «Problem» an?

Über Geschmack lässt sich’s streiten. Unsere Sohle hat etwas vom Aussehen eines Formel-1-Autos. Was bei einem Auto attraktiv aussieht, ist bei einer Fussbekleidung halt vielleicht noch gewöhnungsbedürftig. Unsere Sohle braucht wegen der Funktion des Fersentasters (in den Boden einsinken) ein bestimmtes Minimum an Höhe. Im Moment sind aber extrem flache Sohlen Mode. Daher ist dieser Moment aus modischer Sicht nicht gerade optimal. Es werden aber bald wieder andere Zeiten kommen… Zudem hat Lifestyle eben nicht nur mit dem Aussehen des Schuhs selbst etwas zu tun, sondern vielmehr mit dem Aussehen, des Menschen, der den Schuh trägt. Da der mBT den Träger aber aufrechter und positiv erscheinen, sowie Schritt für Schritt fitter und schlank werden lässt, ist der mBT sehr wohl ein Lifestyle-Produkt.

Der Hauptsitz der Swiss Masai AG ist Roggwil im Kanton Thurgau, die Produktion ist in Südkorea. Könnte der mBT auch in der Schweiz hergestellt werden?

Viele Leute glauben, dass Korea ein Billiglohn-Land sei. Das Gegenteil ist der Fall. Korea hat das Lohn-Niveau der EU. Wir produzieren in Korea, weil dort alles einmal angefangen hat. Wir wissen, dass es gefährlich ist, von einem einzigen Standort abhängig zu sein undmachen uns bereits Gedanken über den nächsten Produktionsstandort in 3-4 Jahren. Die Schweiz ist unser ganz grosser Favorit. Wir träumen bereits von «Made in Switzerland» eines Teils unserer Kollektion.

Sie haben die Aktienmehrheit an der Unternehmung an Investoren um den ehemaligen Weltklasse-Skifahrer Klaus Heidegger verkauft. In Anbetracht der Erfolgsgeschichte des mBT ist das doch ein eher überraschender Schritt. Was hat Sie dazu bewogen?

Das Leben ist voll von Überraschungen und macht es auch lebenswert! Klaus Heidegger war sofort mein Wunschpartner für die USA, als ich hörte, dass er begeisterter mBT-Träger ist. Nicht nur, weil er mit seiner aussergewöhnlichen Lebensgeschichte ein genialer Geschäftsmann und USA-Kenner ist, sondern weil er als überzeugter Christ die selbe Lebensphilosophie hat wie ich. Er wollte aber nicht nur Partner in den USA sein, sondern gleich die Mehrheit an der ganzen Firma. Das kam mir eigentlich gelegen, weil ich seit jeher mehr der Ingenieur bin als der Marketing-Fachmann. Damit kontrolliert er jetzt die Mehrheit der Schweizerischen Vertriebs- und Verkaufs-Firma und ich diejenige der ausländischen Entwicklung und Produktion. So können wir uns beide auf unsere angestammten Lieblingsgebiete konzentrieren. Die Entwicklung der letzten Monate zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Die Medienpräsenz der Unternehmung, vor allem aber von Ihnen persönlich, war in den letzten Monaten enorm. Ein Interview reiht sich ans andere. Sie haben Ihre Firma verkauft, um den Standort Roggwil gekämpft, jetzt sind Sie in Südkorea, im September waren Sie in Afrika. Sie sind aber auch Familienvater, sind verheiratet und haben sieben Kinder. Wie finden Sie Ruhe? Wie gehen Sie mit Stress um?

Ich bewundere Menschen, die einfach nichts machen können. Ich möchte das auch einmal lernen. Im jetzigen Lebensabschnitt ist es aber so, dass Ruhe mich stresst. Ich bin sehr gerne aktiv. Beruf ist Hobby und Hobby ist Beruf. Meine Familie ist ein Teil dieses Lebens. Wir lernen miteinander und voneinander. Ich versuche, meine kleineren und grösseren Kinder immer irgendwie in das ganze Geschehen zu integrieren. Ich erzähle zu Hause viel aus meinem Alltag. Ich nehme die Familie auf alle Geschäftsreisen, Ausstellungen und Seminare mit, sofern sie wollen und zeitlich können. Manchmal sind wir nur zu zweit, manchmal fast alle. So bin ich nur selten alleine und sie helfen mir und lernen dabei etwas.

Reine Ferien gibt es bei uns nicht. Sie sind immer mit Geschäft verbunden. Wir haben auch schon schlechtere Zeiten erlebt und sind froh, dass es im Moment so gut geht. Natürlich ist da das Risiko von Stress. Ich lerne aber immer wieder, dass der Stress zum lernen da ist. Er bringt immer neue Chancen, wenn man ihn nicht verdammt, sondern hinterfragt, was diese Situation jetzt eigentlich soll, was ich tun oder wie ich mich verändern soll.

Letzte Frage: Sie sagten vor ein paar Monaten in einem Interview, Sie hätten bis heute keinen Businessplan gemacht. Dann ohne genaue Zahlen: Wo sehen Sie die Swiss Masai AG im Jahre 2010?

Ich bin sicher, dass die Zukunft der High-Tech-Sohle mit integriertem Fersentaster gehört und dass die flache Sohle mit starrem Absatz immer mehr durch unsere mBT-Technologie abgelöst werden wird. Dieses Konzept gibt dem Träger nicht nur ein unglaubliches Gehgefühl, es macht ihn zudem Schritt für Schritt, fitter, stärker und gesünder. Damit wird früher oder später fast jedermann in Berührung kommen. Wer mBT einmal probiert hat, wird ihn nie mehr missen wollen.Wir unsererseits stehen erst am Anfang einer Entwicklung. Wir werden den Markt jedes Jahr mit neuen noch besseren Produkten überraschen.

2010 wird die High-Tech-Sohle mit integrierter Fersentaster-Technologie anerkannt sein als eine der wichtigsten Innovationen des Jahrhunderts überhaupt. Bis dann werden jährlich Dutzende vonMillionen Paar davon produziert werden. Die Marke mBT wird eine der beliebtesten der Welt sein. Ob dann auch andere Marken diese Technologie benützen werden, wird sich zeigen. Ich sage das nicht aus Überheblichkeit sondern aus Überzeugung und bin vor allem dankbar dafür, dass bereits jetzt so viele Menschen sich den mBT kaufen und ihn auch weiter empfehlen.

Moneycab Interviews Karl Müller 
Mitinhaber Swiss Masai AG und Erfinder der Masai-Barfuss-Technologie.
 
Karl Müller, Dipl. Masch. Ing. ETH, wanderte mit 27 Jahren nach Südkorea aus. Mit einem Stipendium wollte er in Seoul Koreanisch und Chinesisch studieren. Nach der Ermordung von Präsident Park wurden jedoch die Universitäten lange geschlossen. Also sah sich Müller nach einem anderen Betätigungsfeld um und begann, Schweizer Produkte in Südkorea zu verkaufen. Wenige Jahre später war er ein äusserst erfolgreicher Geschäftsmann und besass 12 Firmen. Der Stress forderte jedoch seinen gesundheitlichen Tribut und Karl Müller beschloss, sein Leben zu ändern.

Er verkaufte alle Firmen, kehrte mit seiner Familie in die Schweiz zurück und bewirtschaftete als Selbstversorger einen Bio-Bauernhof. Später eröffnete er ein Drogen-Rehabilitations-Zentrum und arbeitete schliesslich als Verkäufer von Holzspielsachen auf Märkten, um den Lebensunterhalt seiner mittlerweile achtköpfigen Familie verdienen zu können.

1996 traten Koreaner an ihn heran und wollten einen absatzlosen Schuh auf den europäischen Markt bringen. Das Produkt überzeugte Müller nicht, stattdessen begann er, selber an einem Schuh zu tüfteln. Das war der Anfang des Masai-Barfuss-Technologie (mBT). 
Swiss Masai AG
 
Die Firma hat Ihren Sitz in Roggwil im Kanton Thurgau. Sie beschäftigt am Hauptsitz rund 30 Personen. Die mBT-Schuhe werden in 12 verschiedenen Fabriken in Südkorea hergestellt. Seit Juni 2004 ist eine Investorengruppe um den ehemaligen Weltklasse-Skifahrer Klaus Heidegger Hauptaktionär der Swiss Masai AG. Anfang November feiert Swiss Masai die Herstellung des millionsten mBT. Monatlich werden derzeit rund 60’000 Paar Schuhe hergestellt. Verkauft werden die Schuhe in 17 Ländern.

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