Lindt & Sprüngli-CEO Tanner: «Unsere Produkte machen glücklich, nicht dick»


Ernst Tanner ist seit 11 Jahren CEO von Lindt & Sprüngli. Im Moneycab-Interview sagt der Schokoladenkönig von Kilchberg, wo und wie das Unternehmen weiter wachsen will und warum ein Split der schweren Aktien noch nicht ansteht.


Von Remo Brunner

Moneycab: Der heisse Sommer im letzten Jahr hat auch ihre Schokolade in den Regalen schmelzen lassen, nicht im Mund der Konsumenten. Zudem gab es Veränderungen im Schweizer Detailhandel. Wie wirkten sich die negativen Einflüsse auf das Ergebnis in der Schweiz aus?

Ernst Tanner: Aufgrund des heissen Sommers hatten wir einen zweistelligen Rückgang bei praktisch allen Produkten zu verzeichnen. Die Schliessung der ABM Märkte und die Umbauten bei Waro und EPA, die etwas länger gedauert haben, haben sich negativ ausgewirkt. Es kommt hinzu, das der Tourismus in der Schweiz im letzten Jahr nicht gerade geboomt hat. Alles in allem haben wir aber unsere Marktanteile gehalten und sind deshalb über das Ergebnis – Minus 4,1 Prozent – immer noch sehr glücklich.

Wie will Lindt & Sprüngli in den satten Märkten noch wachsen? Planen Sie weitere Akquisitionen?

Zum Ersten muss ich sagen, dass die Firmen, die wie wir im Premiummarkt tätig sind und zu uns passen würden, momentan nicht zum Verkauf stehen. Diejenigen, die momentan auf dem Markt sind, wollen wir nicht. Dank unserer Marketingbemühungen können wir aber genügend eigenes Wachstum generieren.

Lindt & Sprüngli ist sehr zurückhaltend bei Erschliessung neuer Märkte im Osten. Warum?

Wir müssen Prioritäten setzen. Wir haben vor zehn Jahren in Nordamerika ca. 18 Millionen Umsatz gemacht und haben sehr viel Geld verloren. Heute machen wir 250 Millionen Franken, verdienen Geld und wachsen zweistellig. 75 Prozent des Schokoladenkonsums konzentriert auf Nordamerika und Westeuropa, wir haben also noch ein sehr grosses Potenzial. Der Gesamt- Markt in Amerika beträgt etwa 10 Milliarden Dollar, hat aber innerhalb der industrialisierten Länder das kleinste Premium-Segment für Schokolade. Wir sind zwar aktiv in Russland und anderen Ländern im Osten, aber unser Hauptaugenmerk liegt momentan in Nordamerika.

Befürchten Sie keine Klagen in Amerika wegen Fettleibigkeit?

Nein, nein… Unsere Produkte machen nicht fett, sondern glücklich (lacht). Klar, unsere Produkte haben auch Kalorien, aber von den andern Produkten essen sie Masse, Quantität. Bei uns lehnen Sie sich zurück und geniessen ein Stück nach dem anderen. Lindt-Produkte sind also Genussartikel, die man nicht isst, nur dass man etwas gegessen hat.

Werden die Preissenkungen auf dem Kakaomarkt an den Kunden weiteregeben?

Wir haben letztes Jahr eine Ermässigung der Kakao-Preise gesehen, die Materialpreise konnten also leicht gesenkt werden. Aber Lindt- Produkte und Schokoladenprodukte allgemein sind sowieso schon zu günstig. Die Preise könnten ruhig noch etwas nach oben gehen.

Was machen Sie, um die Nettoverschuldung zu reduzieren?

Wenn sie viel Geld generieren und wenig ausgeben geht die Nettoverschuldung automatisch nach unten. Am Liebsten möchten wir wieder eine Akquisition machen, aber wie gesagt gibt es nicht viele Unternehmen die für uns momentan interessant sind. Erstens also eine Akquisition, zweitens eine Erhöhung der Dividendenausschüttung und drittens ein Share-Buyback Programm.

Die Reingewinnsteigerung bis 2004 soll 8-10% betragen, dies sind 20% weniger als 2003.

Unser längerfristiges strategisches Ziel ist es, zwischen 5-7% Verkaufswachstum und eine Steigerung des Profits von 8-10% zu erzielen. Ein Jahr ist das Ergebnis etwas darüber, das andere etwas darunter. In den nächsten 5-10 Jahren ist dies der Durchschnitt, den wir generieren wollen. 2003 konnten wir bei den Finanzierungskosten 9 Millionen einsparen und dank den Anstrengungen unserer Finanzabteilung die Steuern reduzieren.

Wäre es nicht einmal Zeit für einen Aktiensplit?

Noch nicht. Unser Aktienpreis ist beachtlich und die Zahl der Aktionäre hat sich im letzten Jahr verdoppelt. Im Moment haben wir keine Absichten, einen Split durchzuführen.

Letzte Frage: Was ist gute Schokolade für Sie?

Natürlich Lindt (lacht). Je nach Verfassung. Gerade in einer Zeit zum Beispiel im Büro, wenn man sich nicht mehr so besonders fühlt, isst man zwei Reihen vom 70%igen Kakao und man fühlt sich gleich wieder hervorragend. Das hat mir Herr Sprüngli gesagt, ich habe es ausprobiert und er hat Recht gehabt.

(Die Antworten gab Ernst Tanner im Rahmen der Bilanzpressekonferenz vom 6.4.2004, Bearbeitung: mc/dst)


Der Gesprächspartner 
Ernst Tanner (CH) wurde 1993 vom Verwaltungsrat als CEO und Vizepräsident gewählt. Im Jahre 1994 übernahm er das Präsidium des Verwaltungsrates. Vor seiner Tätigkeitbei Lindt & Sprüngli war er über 25 Jahre in führenden Management Positionen im Konzern Johnson & Johnson in Europa und den USA, zuletzt als Company Group Chairman Europe tätig. Ernst Tanner ist Mitglied des Verwaltungsrates bei den schweizerischen Konzernen Credit Suisse Group, Adecco und Swatch Group.

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