Die Schweiz unattraktiv für Geldwäscher machen


Hugo Schoppmann ist bei der Zürcher Kantonalbank zuständig für die Geldwäschereibekämpfung. Im Moneycab Interview nimmt er Stellung zum Stand der Arbeiten und gibt Auskunft über die Zukunftspläne.

Von Helmuth Fuchs


Hugo Schoppmann
Moneycab: Herr Schoppmann, momentan wird heftig diskutiert, ob die Schweiz zu viel oder zu wenig tut zur Verhinderung der Geldwäscherei. Sind sie mit der ZKB eher der Musterknabe oder mehr der Minimalist?

Als Minimalisten können wir uns auf Grund unserer bisher getroffenen Massnahmen gegen die Geldwäscherei nicht bezeichnen.
So haben wir bereits 1997 – seinerzeit im Rahmen der strukturellen Veränderungen mit ZKB-Fit – begonnen, das Thema Geldwäscherei-Verhinderung organisatorisch und technisch noch professioneller anzupacken. Es wurde eine spezielle Fachstelle geschaffen, Geldwäscherei-Verantwortliche innerhalb der neuen
Geschäftseinheiten bestimmt und diese fachbezogen der
Geldwäschereifachstelle unterstellt. Ausserdem wurde mit speziellen Aufgabenbeschrieben und Schulungen ein Netz der kollektiven Verantwortung in Bezug auf Geldwäschereiprävention aufgebaut.
Gleichzeitig wurden 1997 erhöhte Risiken im Bereich der Geldwäscherei definiert (Domizilrisiken/Kundenrisiken im Zusammenhang mit Offshore-Konstrukten etc.)unddiese Kundengruppen speziellen Prüfungen bei der Geschäftseröffnung unterworfen. Zudem überwachen wir
(das heisst die Kundenbetreuer) – ebenfalls seit 1997 -täglich sämtliche möglichen ungewöhnlichen Transaktionen elektronisch, ebenfalls mit einem risikogewichteten Ansatz. Minimalisten waren wir lediglich auf Grund der seinerzeit verursachten Kosten.

Demzufolge sind wir eher Musterknaben. Diesen Hinweis musste ich mir anfänglich – jeweils im Vergleich zur Konkurrenz «…wo alles viel einfacher ist..» – im negativen Sinn gefallen lassen. Es hat einige Zeit gedauert und brauchte Überzeugungsarbeit,bis sich bei den
Kundenbetreuern die Erkenntnis durchsetzte, dass es sich lohnt, bestimmte neue und bestehende Geschäftsbeziehungen genau zu prüfen.
Jeder Geldwäscherei-Verantwortliche kennt auch das Wort
«Geschäftsverhinderer» im Zusammenhang mit der oberflächlichen Beurteilung seiner Arbeit durch «asset-hungrige» Betreuer. Diese «Rufer» sind aber in der letzten Zeit etwas leiser geworden.


«Es hat einige Zeit gedauert bis sich bei denKundenbetreuern die Erkenntnis durchsetzte, dass es sich lohnt, bestimmte neue und bestehende Geschäftsbeziehungen genau zu prüfen.» Hugo Schoppmann, Chief Compliance Officer, ZKB



Bis anhin sind Sie von Negativmeldungen verschont geblieben. Ist die ZKB als national orientierte Retailbank überhaupt ein geeignetes Institut für Geldwäscher?

Die ZKB ist schon lange keine «national orientierte Retailbank» mehr. Als zunehmend international tätige grosse Schweizer Bankverfassen wir zwar unsere internen Weisungen noch immer in Deutsch, sind aber den Herausforderungen und Gefahren, z.B. des Private Bankings im Zusammenhang mit Offshore-Vehikeln, ebenso ausgesetzt, wie alle anderen Universalbanken.

Auf Grund unseres scheinbar noch immer vorhandenen Staatsbank-Images sind wir – aus Sicht des Geldwäschers – sicher eine mögliche Adresse für Versuchsballone. Unsere Statistik von abgelehnten bzw. abgebrochenen Geschäftsbeziehungen der letzten sechs Jahre zeigt uns
deshalb nicht nur die geplatzten Versuchsballone, sondern lässt uns bei der einen oder anderen Pressemeldung etwas schmunzeln. Seit der Einführung der Meldepflicht nach GwG (Geldwäschereigesetz) haben wir sicher auch einiges dazu beigetragen, dass der Finanzplatz Schweiz für Geldwäscher unattraktiver geworden ist.

Trotzdem lasse auch ich jede Zeitungsmeldung zum Thema sofort überprüfen, denn ich kenne die Pappenheimer und somit auch die Schwachstellen in der Bank.


Die ZKB beschäftigt eine verhältnismässig grosse Informatik Abteilung und war bis anhin stolz auf ihre Fähigkeit, Kernsysteme selbst zu entwickeln. Bis vor einem Jahr galt diese Maxime auch für die Entwicklung einer Anti Geldwäscherei Lösung. Weshalb dann doch der Entscheid für eine externe Lösung?

Anfänglich haben uns die im Markt angebotenen AML-Systeme nicht überzeugt. Wir waren deshalb der Meinung, auf der Basis unserer bisherigen Organisation und der bestehenden EDV-Lösungen «locker» durchstarten zu können. Die vertiefte Analyse der Anforderungen der
Geldwäschereiverordnung der EBK (GwV EBK) brachte jedoch die Erkenntnis, dass die Umsetzung der geforderten Prozesse, Work Flows, Abklärungen, Dokumentationen und Historisierungen bis zum vorgegebenen Termin nicht möglich war. Die Herausforderung musste mit einem flexiblen Expterten-System gelöst werden, das den Bedürfnissen der ZKB entspricht, indem sie die komplexe Thematik verständlich löst und sich auch in unsere bestehende Systemlandschaft einfügen lässt.


Der Markt von Lösungsanbietern wächst auch in der Schweiz täglich. Was waren die ausschlaggebenden Punkte für die Wahl von Innovations und mlds?

Überzeugt hat uns das System MLDS von Innovations auf folgenden Gründen:
Meiner Meinung nach ein»genial» programmierbares und somit leicht anpassbares (wichtig für die Zukunft), 100 % nachvollziehbares Regelsystem für die Bestimmung, Kennzeichnung und Meldung von Kunden undTransaktionen mit erhöhtem Risiko, welches dem Kundenbetreuer die nötigen Infos zu den Treffern und noch vieles mehr liefert.
Durchdachte Workflows zur Vornahme, Dokumentation und Historisierung von Abklärungen;Bewilligungsworkflows zur Abwicklung und Dokumentation von Ausnahmeregelungen. Auch waren die kulturelle und sprachliche Nähe bzw. die Erfahrung der Entwickler mit dem «Swiss-Banking» und die Projekt-Sprach-Regelung «Deutsch» wesentliche Kriterien. Man mag als ‹international-minded› über solche Kriterien vielleicht erstaunt sein, zu bedenken ist aber, dass uns die Basis angelsächsischer AML-Denkmodelle wenig Brauchbares, dafür umso mehr Anpassungbedarf bringt.
Wir stehen kurz vor dem Abschluss der Workshops: Unsere Anforderungen an das System in Bezug auf Flexibilität und
Nachvollziehbarkeit wurden bisher erfüllt. Auch die professionelle Unterstützung des Teams von Innovations entspricht bis anhin unseren Anforderungen.


Die EBK Verordnung tritt in Kraft, die Revisionsfirmen müssen die Verordnungen mit berücksichtigen, Sie haben ein neues System eingeführt. Gibt es radikale Veränderungen in Ihrer Arbeit oder ist es eher eine fliessende Anpassung?

Die bereits vorhandenen Organisations-Strukturen haben sich bewährt.
Trotzdem arbeiten wir zur Zeit an neuen Organisations-Modellen, die den erhöhten Anforderungen an eine Geldwäscherei-Fachstelle in Bezug auf die zugenommene Regelungsdichte und der Optimierung der
Abklärungsprozesse hinsichtlich Sicherheit, Qualität und Effizienz gerecht werden sollen. Denn eines ist bereits heute voraussehbar: Die zu ermittelnden Kunden und (deren) Transaktionen mit erhöhten Risiken sowie die vorgeschriebenen Abklärungspflichten und Reviews werden nicht nur den Kundenverantwortlichen, sondern auch den
Compliance-Officern erhöhte Professionalität abverlangen.


In den letzten Monaten waren die Compliance Officer so viel im Rampenlicht wie noch nie zuvor (Neue EBK Verordnung, Systementscheide, Geldwäscherei Fälle).
Wie hat das die Bedeutung des Compliance Office innerhalb der ZKB verändert?

Sie entwickelt sich. Förderlich für die Bedeutung des CO ist sicher der Nachweis eines verhinderten Reputationsschadens. Realisiert aber ein Kundenbetreuer, dass seine Bemühungen um neue Assets an den Risiken nicht plausibler wirtschaftlicher Hintergründe der Vermögenswerte scheitern werden, erinnert er sich sehr gerne an frühere Zeiten «…wo doch alles noch viel einfacher war (ohne CO) und man noch Geld verdienen konnte bzw. durfte».
Die Bekämpfung der Geldwäscherei findet im Spannungsfeld zwischen Geld und Geist statt.Die ZKB hat mit ihren Entscheiden vor bald acht Jahren bewiesen, dass es ihr ernst war mit der Umsetzung der seinerzeitigen Geldwäschereirichtlinien der EBK. Mit dem Entscheid zur
«Erneuerung» beweist sie erneut, dass sie alles unternimmt, der Geldwäscherei keine Chance zu geben.


Was sind bis Ende Jahr die wichtigsten Aufgaben, die Sie in Angriff nehmen und erledigen wollen?

Ich werde mit meinem Team die bereits in Angriff genommene Aufgaben (Umsetzung, Einführung MLDS, Weisungserneuerung, Schulung von rund 2000 Mitarbeitern) bis Mitte Jahr erledigen und bis Ende Jahr die
Erfahrungen aus dem «praktischen Betrieb» umsetzen.


Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten, wie würden diese aussehen?

Ich wünsche den Compliance-Officers des ganzen Finanzplatzes Schweiz im Kampf gegen die Geldwäscherei die dafür nötigen Commitments ihrer Geschäftsleitung.

Nur eine Ausgabe der Sonntagspresse ohne Meldung über einen Geldwäschereifall bzw. einen geldwäschereirelevanten Betrugsfall in der erfolgsorientierten Wirtschaftswelt.


Hugo Schoppmann 
Eidg. dipl. Bankfachmann
In der ZKB seit über 30 Jahren in verschiedenen Funktionen (Front, Produktmanagement, verbunden EDV-Projekten etc.) bei der ZKB.
Seit 1977 dabei bei VSB und Geldwäschereibekämpfung.
Seit 2000 vollamtlich als Leiter Fachstelle Geldwäscherei im Rechtsdienst (Recht Steuern & Compliance) der ZKB/ MDI.

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