Anja Hochberg: Heilsamer Zinsschock
Geben wir’s doch zu: Wir sind enttäuscht. Als die amerikanische Notenbank noch vor kurzem von Deflationsgefahren sprach, war die schöne Obligationenwelt irgendwie noch in Ordnung.
Fed-Chef Alan Greenspan: Deflationsgefahr erledigt?
Nun sind die langen Zinsen in den USA um rd. 150 Basispunkte gestiegen und obwohl man wusste, dass die Bondmärkte deutlich überbewertet waren, knabbern wir am Preisschock. Klingt irgendwie bekannt. Richtig, klingt nach dem uns seit Mitte 2000 plagenden Aktienkater.
Diesmal kam die Ernüchterung eher und sollte daher auch schneller wieder verdaut werden. Mit dem kräftigen Zinsanstieg sind nicht nur die gegenläufigen Aktien- und Bondmarktentwicklungen harmonisiert worden. Viel wichtiger für die weitere Preisentwicklung am Bond-Markt ist, dass nunmehr auch die ökonomischen Fundamentaldaten – die, die auf einen sich akzentuierenden Konjunkturaufschwung weisen – wieder im Einklang mit den Zinsen stehen.
Interesse am Bondmarkt
Jetzt- nach der überstandenen Zinskorrektur -bekunden die Investoren wieder verstärktes Interesse am Bondmarkt. Interesse, das dringend auch im makroökonomischen Sinne gebraucht wird –, Interesse, z.B. an den just vor 2 Wochen in den USA neu auf den Markt gekommenen 60 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen. Bei wieder fairen Zinsen konnte selbst dieses neue Rekordangebot gut verdaut werden.
Zins-Konsolidierung
Und jetzt, da sich die guten Konjunkturnachrichten aus den USA die Klinke in die Hand geben, ist das Risiko gross, dass Wachstumsrealität den mal wieder schneller steigenden Erwartungen nur hinterher hinkt. Wir setzen daher vorerst auf eine Konsolidierung bei den Zinsen. Wer eher trading-orientiert ist und die Zinswarnungen auf der Renditetalfahrt im Frühjahr überhört hat, bekommt bei den nicht ausbleibenden Enttäuschungen mal wieder eine Gelegenheit, sich Profite zu sichern. Wer längerfristig orientiert ist, sollte sich wohl eher bei der Fed bedanken:
Lieber ein Bond-Ende mit Schrecken als ein Aktien-Schreck ohne Ende.
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Die Autorin
Anja Hochberg
Anja Hochberg (Jahrgang 1970) studierte in Berlin Wirtschaftsgeschichte, Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft, absolvierte am Europa-College in Brügge erfolgreich ein Postgraduate-Studium in «International Economics» und promovierte an der University of Wales. Dort war sie zudem 4 Jahre als Dozentin für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt «Internationale Finanzmärkte» tätig. Im Frühsommer 1999 tauschte Frau Hochberg akademische Verantwortung gegen volkswirtschaftliche Praxis und wechselte in die volkswirtschaftliche Abteilung der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) nach Frankfurt. Dort zeichnete sie für die Analyse der G7-Ökonomien und der Finanzmärkte verantwortlich. Seit Januar 2001 ist Frau Hochberg für die Credit Suisse tätig, zunächst im Economic Research & Consulting für die Analyse der Weltkonjunktur und die Zinsentwicklung zuständig, übernahm sie im Januar 2002 die Leitung des Bereichs Fixed Income & Forex Analysis.Kontakt:
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