Videointerview: Anleger blicken nach Osten


Die Volkswirtschaften Ostmitteleuropas steuern mit Volldampf auf den EU-Beitritt zu. Damit rücken sie auch bei westlichen Anlegern immer mehr in den Blickpunkt des Interesses. Harald Zahnd skizziert die Chancen und Risiken von Anlagen.

Von Andreas Thomann, Redaktion emagazine

Moneycab: Nimmt man als Massstab die Schweiz, wo stehen die Länder Ostmitteleuropas in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung?

Harald Zahnd: Die Länder Ost-Mitteleuropas gehören in die Kategorie der aufstrebenden Wirtschaftsnationen (Emerging Markets). Sie haben vor rund zehn Jahren damit begonnen, ihr System auf Marktwirtschaft umzubauen, ein Prozess, der heute noch längst nicht abgeschlossen sind. Wie bei Emerging Markets üblich, sind die Wachstumsraten sehr hoch, womit sich auch sehr rentable Investitionsmöglichkeiten bieten. Im Vergleich zu Westeuropa weisen diese Länder aber auch eine geringere wirtschaftliche und politische Stabilität aus, was das Risiko für Anleger erhöht.

Wohin fliessen im Moment die meisten ausländischen Direktinvestitionen?

Die Investitionsflüsse unterliegen starken Schwankungen. Noch vor ein paar Jahren war Ungarn das wichtigste Zielland, weil dort die Rahmenbedingungen für Direktinvestitionen früher geschaffen wurden. Mittlerweile haben Polen und Tschechien ihrem südlichen Konkurrenten den Rang abgelaufen.

Wird der EU-Beitritt per 2004 das Wachstum dieser Länder noch erhöhen?

Davon ist auszugehen. Doch selbst ohne EU-Beitritt würden diese Volkswirtschaften auch weiterhin stärker wachsen als der Westen. Die Lohnkosten sind sehr günstig, womit der Osten als Produktionsstandort für westeuropäische Unternehmen attraktiv ist. Der EU-Beitritt senkt zudem die Risiken, weil die Kandidaten die politischen und rechtlichen Institutionen der EU übernehmen. Schliesslich werden die Transferzahlungen aus der EU den östlichen Volkswirtschaften zusätzlichen Schub verleihen.

Welche Chancen bieten sich westlichen Anlegern?

Mit einer Anlage in Emerging Markets können westliche Anleger ihr Portefeuille diversifizieren. Im Falle Osteuropas bedeutet dies höhere Wachstumsraten bei einem gleichzeitig zwar höheren, durch den EU-Beitritt jedoch begrenzten Risiko.

Die Credit Suisse empfiehlt Zertifikate als Anlageform für Ostmitteleuropa. Wie sind diese Instrumente aufgebaut?

Wir empfehlen Zertifikate und Fonds primär aus Liquiditäts- und Diversifikationsgründen. Die Märkte in dieser Region sind nicht sehr liquide. Mit einem Zertifikat kann die Bank hier Abhilfe schaffen und die Liquidität erhöhen, indem sie Anteilsscheine verkauft und das eingenommene Geld in beispielsweise 20 Aktien dieser Region investiert. Ein Market Maker stellt sicher, dass für dieses Zertifikat auch ein Markt und ein Gegenpreis existiert. Damit konzentriert sich die Liquidität auf dieses Zertifikat. Der Anleger ist sicher, dass er ein handelbares Wertpapier besitzt, das ihn zudem mit einem Schlag an 20 Unternehmen beteiligt.

Neben Zertifikaten empfehlen Sie wie gesagt auch ein Engagement in Aktienfonds. Worauf ist zu achten?

Aktienfonds sind erstens zu beurteilen aufgrund der Kommissionen, die Sie bezahlen, zweitens in welche Länder investiert wird und drittens, welche Fondsgesellschaft dahinter steht. Viertens sollte das Volumen mindestens 50 Millionen Euro Volumen betragen. Zudem gilt zu beachten, dass in den meisten Osteuropa-Fonds auch ein Anteil russischer Unternehmen enthalten ist. Das ist heute kein Nachteil, schränkt jedoch die Auswahl für diejenige Investoren ein, die sich nur in Ostmitteleuropa engagieren möchten. Eine Fonds-Auswahl verschiedener Anbieter findet man auf dem Fund Lab der Credit Suisse.

In der Vergangenheit warfen Bonds in Polen, Tschechien und Ungarn hohe Renditen ab. Wie sieht es für die Zukunft aus?

Man hat in der Tat viel verdient mit Regierungsanleihen, 15-20 Prozent jährlich in Euro. Diese hohe Rendite kamen zustande, weil einerseits die Währungen angezogen hatten und andererseits die Spreads zurückgekommen waren. Doch damit ist nun vorbei, denn die Zinsen haben sich weitgehend an das EU-Niveau angenähert. Künftig dürften Aktien interessanter sein als Obligationen.

Für welche Anleger empfehlen Sie eine Diversifikation nach Ostmitteleuropa?

Das ist eine Frage der Asset Allocation: Wieviel Prozent will jemand in die Anlageklasse «Emerging Markets» investieren? Für konservative Anleger sind das ungefähr 2 Prozent, für eher risikofreudige Anleger dagegen 8-10 Prozent.

Wird Osteuropa den asiatischen Emerging Markets den Rang ablaufen?

So absolut kann man das nicht sagen. Investitionen in asiatische Emerging Markets sind eher abhängig vom Dollar, teilweise ist die politische Stabilität geringer. Ostmitteleuropa ist im Einflussbereich des Euros und die politische Stabilität wegen des EU-Beitritts höher. In diesem Jahr hat sich gezeigt, dass die Outperformance der osteuropäischen Länder wesentlich über den asiatischen lag (26 Prozent verglichen mit dem Weltindex). Doch darf man nicht davon ausgehen, dass dies für immer so bleiben wird.

Harald Zahnd ist Mitarbeiter der Credit Suisse im Equity Research


 Videointerview
 Andreas Thomann im Gespräch
 mit Harald Zahnd.
Investment Ideas
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Konjunkturdaten Schweiz 
Bruttoinlandprodukt
(4. Quartal 2002)+1,4%Arbeitslosenquote
(April 2003)3.9%Teuerungsrate
(April 2003)+0.7%Konsumentenstimmung
(2. Quartal 2003)-36PMI
(April 2003)46.6%Prognosen Schweiz
( Mai 2003) 

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