Interview mit VR-Präsident Max Link: «Wir prüfen, ob Sabotage vorliegt»


Die Andeutung, dass bei Sulzer Medica Sabotage im Spiel sein könnte, sorgt für Aufregung. VR-Präsident Max Link, der sich nach der GV den Journalisten-Fragen stellte, will Sabotage nicht ganz ausschliessen.

Von Thomas Müller


VR-Präsident Max Link.
Moneycab: Auf die Frage einer Aktionärin, ob Sie die Möglichkeit von Sabotage in Betracht ziehen, antworteten Sie an der GV mit einem einsilbigen Ja. Was heisst das?
Max Link: Wir können Sabotage nicht ausschliessen und werden diese Möglichkeit genau prüfen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Wie prüfen Sie?
Zusammen mit einer der grössten und renommiertesten Privatdetekteien in den USA.

Um welche Firma handelt es sich?Ich möchte den Namen hier nicht nennen.


Haben Sie Indizien, die auf Sabotage hindeuten?
Nein. Doch eine theoretische Möglichkeit besteht in solchen Fällen immer.

Sabotage käme Sulzer Medica in gewissem Sinn gelegen, weil die Strafzahlungen (Punitive damages), die ein Gericht bei Fahrlässigkeit anordnen kann, nicht mehr in Frage kommen.
Es handelt sich nicht um ein Abklenkungsmanöver. Wir betreiben die übrigen 60 Studien zur Erforschung der Schadensursache mit aller Energie weiter. Die Chance, dass ein Gericht Punitive damages verhängt, sind gleich Null. Das versichern uns auch unsere amerikanischen Anwälte. Denn wir haben auch in den USA alle Industriestandards eingehalten.

Jetzt ist die Versicherungssumme von 400 Millionen Franken bekannt geworden. Warum erfolgt die Information immer häppchenweise?
Jede Zahl, die wir nennen, schwächt unsere Verhandlungsposition. Wir wollten die Versicherungsdeckung nicht bekannt geben, weil diese Summe sofort und automatisch das Minimum darstellt, das die klägerischen Anwälte fordern werden. Nun mussten wir die Versicherungsdeckung aber im Laufe der Klageverfahren bekannt geben.

Derzeit sind es 2200 Fälle. Wie viele Revisions-Operationen erwarten Sie bei den Hüftschalen und bei den Schienbeinplatten?
Etwa 2500 bei den Hüftschalen. Bei den Schienbeinplatten dürfte sich die Zahl der Revisions-Operationen auf einen namhaften Anteil der 1600 in Frage kommenden Patienten summieren.

Für Klagen an US-Bundesgerichten wurde ein gemeinsamer Gerichtsstand in Ohio festgelegt. Bleibt das nicht weitgehend wirkungslos, nachdem die Mehrzahl der Klagen an Gerichten der einzelnen Bundesstaaten eingereicht wurden?
Die US-Bundesrichterin hat die Möglichkeit, die einzelstaatlichen Fälle in Ohio zusammenzufassen.

Halten Sie an der Aussage fest, dass die Schäden weitgehend über den Cash Flow gedeckt werden können?
Woraus sonst? Allerdings wird es wohl sehr lange dauern.

Sie verdeutlichten, dass die US-Tochtergesellschaft das Problem alleine lösen muss. Was heisst das?
Es gibt im Moment überhaupt kein Indiz darauf, dass die Schäden auf dem US-Markt zu einem Rückgriff auf andere Geschäftsbereiche von Sulzer Orthopedics oder auf Sulzer Medica führen können und werden, geschweige denn auf Sulzer Industries.

Wird Sulzer Orthopedics in Austin also dieses Jahr Verlust schreiben?
Diese Wahrscheinlichkeit ist sehr gross.

Wird diese Tochterfirma Konkurs gehen?Nein. Denn sie ist sehr lukrativ. Der Bereich trägt 25 Prozent zum Umsatz, aber 40 Prozent zum Gewinn bei. Die Kläger haben kein Interesse, dass diese Gewinnquelle versiegt. Im Gegenteil: Sie muss Cash produzieren, um die Schadenersatzansprüche zu befriedigen. Natürlich gibt es theoretisch die Möglichkeit, dass die US-Tochter gemäss Chapter 11 um Gläubigerschutz nachsuchen wird. Doch auch das halte ich aus denselben Gründen nicht für realistisch.


Sie strömen viel Zuversicht aus, dass eine Einigung mit den Klägern möglich sein wird.
Das stimmt, ich bin sehr zuversichtlich. Es ist ganz klar, dass auch die Kläger ein grosses Interesse an einer Einigung haben. Das zeigt auch das Feedback, das wir bislang erhalten haben. Im Herbst wissen wir mehr.

Die «Sonntagszeitung» meldete, dass US-Aktionäre gegen Sulzer Medica wegen Verletzung der Börsengesetze klagen wollen.
Es gibt keine Anzeichen, dass eine solche Klage eingereicht, geschweige denn irgend eine Aussicht auf Erfolg haben wird. Wir wissen aber, dass zwei Anwälte versuchen, Klienten für eine Sammelklage zu gewinnen.

Welchen Umsatz und welchen Ertrag wird Sulzer Medica im laufenden Jahr machen?
Im Moment sieht es so aus, als ob wir den Umsatz des Vorjahres übertreffen könnten. Die Gewinnentwicklung wird damit aber nicht Schritt halten, wobei ich hier und heute keine Prognose fürs ganze Jahr wagen möchte, zumal der neue Verwaltungsrat und demnächst eine neue Geschäftsleitung die Arbeit aufnimmt.

Jeder Sulzer Aktionär erhält zwei Aktien von Sulzer Medica. Morgen kommen also auf einen Schlag über sieben Millionen der momentan alles andere als begehrten Aktien auf den Markt. Wird Sulzer Medica den Kurs stützen?
Ich persönlich bin sehr zurückhaltend, was eine Kursstützung betrifft, zumal solche Massnahmen in 50 Prozent der Fälle nutzlos verpuffen. Wir konzentrieren uns besser auf die mittelfristige und langfristige Kursentwicklung und setzen das Geld besser dafür ein, unser Haus aufzuräumen und intakt zu halten.

Also keine Stützungsmassnahmen?Nein, ausser der Verwaltungsrat wäre anderer Meinung als ich es bin.

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