Nationalrat will SRG in die Schranken weisen

Nationalrat will SRG in die Schranken weisen
Das SRG-Studio an der Berner Schwarztorstrasse wird unter anderem ein Kompetenzzentrum für Hintergrund, Vertiefung und Analyse. (Foto: SRG)

Bern – Der Nationalrat will die SRG daran hindern, einen grossen Teil des Radiostudios von Bern nach Zürich zu verlegen. Er hat am Dienstag Vorstösse dazu mit grosser Mehrheit angenommen. Der Umzugsentscheid der SRG sorgte im Rat von links bis rechts für Empörung.

Mit 120 zu 54 Stimmen bei 10 Enthaltungen hiess der Nationalrat fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen gut. Eingereicht hatten diese die Präsidentinnen und Präsidenten der SVP, der CVP, der Grünen und der BDP sowie der Vizepräsident der SP.

Sie verlangen, dass die Radio-Informationssendungen weiterhin schwergewichtig in Bern und Lausanne und die TV-Informationssendungen in Zürich und Genf produziert werden müssen. Die vorberatende Kommission des Nationalrates hatte sich dagegen ausgesprochen.

Sie befand, es sei nicht sinnvoll, der SRG solche gesetzliche Vorgaben zu machen. Die regionale Verankerung sei zwar zentral, sagte Kommissionssprecher Martin Candinas (CVP/GR). Diese sei aber nicht in Frage gestellt, das habe die SRG-Spitze versichert. Die Politik sollte nicht in operative Entscheide der SRG eingreifen. Diese brauche unternehmerische Freiheit.

Mangelnde politische Sensibilität
Die Befürworterinnen und Befürworter der Vorstösse widersprachen. Sie sehen die publizistische Vielfalt in Gefahr. Der SRG mangle es offensichtlich an politischer Sensibilität, hiess es. Daher müsse das Parlament eingreifen.

Gerhard Pfister (CVP/ZG) sprach von einem «staatspolitischen Sündenfall». Im Abstimmungskampf zur «No Billag»-Initiative habe die SRG argumentiert, es brauche sie, um den Zusammenhalt in der Schweiz zu sichern. Nach der Abstimmung werde sie nun diesem eigenen Anspruch nicht mehr gerecht. Die SRG habe aber staatspolitische Argumente zu berücksichtigen.

Mehr als Lokalpatriotismus
Martin Landolt (BDP/GL) betonte, es gehe um mehr als bloss ein lokalpatriotisches Anliegen. Die SRG argumentiere, Förderalismus sei nicht eine Frage von Bürostandorten. Lasse man ihr das durchgehen, würde dies jegliche weitere Zentralisierung rechtfertigen.

Das dürfe die Politik nicht zulassen. Im Abstimmungskampf zur «No Billag»-Initiative sei landauf, landab von «Kohäsion» die Rede gewesen. Die SRG habe Wein gepredigt, nun serviere sie nur Wasser.

Unterschiedliche Perspektiven
Beat Jans (SP/BS) räumte ein, die vorgeschlagene Gesetzesänderung sei vielleicht nicht optimal. Daran könne aber noch gearbeitet werden. «Wir wollen der SRG ein Signal senden, dass wir gegen die Schliessung des Radiostudios in Bern sind.»

Eine Zentralisierung zerstöre die «idée suisse», für die Politikerinnen und Politiker sich im Abstimmungskampf zu «No Billag» mit Herzblut eingesetzt hätten. Jans fügte an, die Forderung richte sich nicht gegen die Zürcherinnen und Zürcher. Es sei aber nun mal so, dass die Sicht auf manche Dinge von Zürich aus eine andere sei als von Bern oder Basel aus.

Kein Einheitsbrei
Auch Albert Rösti (SVP/BE) erinnerte an die «No Billag»-Abstimmung. Eine klare Mehrheit der Bevölkerung habe sich für das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Radio ausgesprochen, sagte Rösti, dessen Partei die Abschaffung der Radio- und TV-Gebühren befürwortet hatte.

Er warnte vor einem «Einheitsbrei» in Folge einer Zentralisierung. Die Art und Weise, wie die SRG die Verlegung des Radiostudios beschlossen habe, zeuge von einer Arroganz, die ihm selten begegnet sei, stellte Rösti fest.

Ständerat am Zug
Die Vorstösse gehen nun an den Ständerat. Der Ausgang ist ungewiss. Die kleine Kammer hatte vergangene Woche ausgiebig über die Umzugspläne der SRG diskutiert, aber nichts entschieden: Beat Vonlanthen (CVP/FR) zog seinen Vorstoss zurück, nachdem sich ein Nein abgezeichnet hatte. Gleichzeitig äusserte er die Hoffnung, dass die SRG ihren Zentralisierungsentscheid überdenken möge.

Im Ständerat fielen aber ebenfalls klare Worte. Die SRG wurde als «stur und kompromisslos» bezeichnet. Der Zentralisierungsentscheid sei ein Schlag ins Gesicht aller SRG-Unterstützer, hiess es. Auch der Kanton Bern, der Kanton Genf sowie der Verein Hauptstadtregion Bern kritisieren die SRG. Diese hatte den Umzug letzten Herbst beschlossen. 170 Mitarbeitende sind davon betroffen. (awp/mc/ps)

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