SGKB Investment views: Die Schulden der USA explodieren
St. Gallen – Mitte September ist es wieder soweit: Das US-Finanzministerium hat alle buchhalterischen Tricks ausgeschöpft, um die aktuelle Schuldenobergrenze von 22’028 Mrd. Dollar einhalten zu können. Die Untergangspropheten warnen wieder vor dem Kollaps des globalen Finanzsystems, sollte die USA zahlungsunfähig werden. Die Finanzmärkte scheint das nicht zu beunruhigen. Der Prozess ist aus der Vergangenheit zu gut eingespielt. Die Politiker zeigen sich bestürzt über den schlechten Zustand des US-Finanzhaushalts. Sie versuchen, die Erhöhung der Schuldenobergrenze an andere politische Ziele zu binden. Kurz vor Ablauf der Frist wird die Obergrenze dennoch angehoben, da es kurzfristig keine Alternative dazu gibt. Das Problem des aus dem Lot geratenen Finanzhaushaltes ist so nicht gemindert.
2014 betrug das Defizit in den USA 438 Mrd. Dollar. 2018 waren es schon 778 Mrd. Dollar. In den ersten neun Monaten des Ende September zu Ende gehenden Fiskaljahres ist das Defizit noch einmal um 27% gestiegen. Höhere Ausgaben und die von den Republikanern im letzten Jahr beschlossene Steuersenkung schlagen voll durch. Mit einem Defizit von 4.2% des BIP erfüllen die USA die Defizit-Vorgaben der EU für die Euroländer von maximal 3% bei weitem nicht mehr. Die Projektionen für die Zukunft lassen auch keine Trendwende erkennen.
Wenig Manövrierspielraum
Der Kongress muss bis Ende September das Budget für das nächste Fiskaljahr beschliessen. Beeinflussen kann er aber nur einen Drittel der Ausgaben. Davon machen die Ausgaben für das Militär die Hälfte aus. Der vom Kongress bestimmte Teil des Haushalts blieb in den letzten Jahren einigermassen stabil. Höhere Militärausgaben wurden durch Einsparungen in anderen Bereichen teilweise kompensiert. Nicht ins Gewicht fallen bisher die Zinsen auf den Schulden. Diese können gar durch Erträge auf Aktiven des Finanzministeriums finanziert werden. Steigende Zinsen könnten die Amerikaner problemlos verkraften.
Der Einfluss des Kongresses auf die beiden wichtigsten Ausgabeposten ist dagegen beschränkt. Die Kosten für die staatliche Gesundheitsvorsorge für ältere und behinderte Leute (Medicare) und für Leute mit kleinen Einkommen (Medicaid) sind in den letzten Jahren explodiert. Die Prognosen für die Zukunft sehen dramatisch aus. Die jährlichen Kosten der Sozialversicherungen sollen in den nächsten fünf Jahren um 800 Mrd. Dollar steigen. Achon lange ist klar, dass das heutige System nicht nachhaltig ist. Angehen wollen das Problem aber weder die Demokraten noch die Republikaner. Der linke Flügel der Demokraten spricht unter dem Motto «Medicare for All» sogar von einem Ausbau. Damit werden die Einnahmen mit dem besten Willen nicht schritthalten können, was noch höhere Defizite zur Folge haben würde.
Ausblick der Ratingagenturen: «stabil»
Eigentlich müssten bei den Rating-Agenturen sämtliche Alarmglocken läuten. Dem ist aber nicht so. Moody’s und Fitch geben dem US-Treasury die Bestnote «AAA». Standard & Poor’s begnügt sich damit, wie die anderen Agenturen den Ausblick als «stabil» einzustufen. Das Verhalten der Investoren gibt ihnen Recht. US-Treasuries gelten nach wie vor als die sicherste Anlage. Eine Kreditrisikoprämie für Schulden in Dollar wird nicht verlangt. Für Verpflichtungen des amerikanischen Finanzministeriums in Euro beläuft sie sich auf symbolische 0.14%.
Eine grössere Gefahr ist die Abhängigkeit von ausländischen Gläubigern, welche rund 35% der US-Schulden finanzieren. Nach der Fed sind China und Japan die grössten Halter von Treasuries. Sie besitzen über ihre Zentralbank je rund 6% der ausstehenden Papiere. Die Gefahr ist klein, dass sie alle Treasuries auf den Markt werfen, da es keine Alternative mit einer vergleichbaren Marktliquidität gibt. In die Verhandlungen um die Handelspolitik werden sie im Hintergrund ihre Rolle als Gläubiger aber sicherlich einbringen. (SGKB/mc/ps)