Bundesrat will Online-Medien unterstützen und betoniert die erfolglose Vergangenheit
Wieder einmal ist gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht. Was die Medienministerin Simonetta Sommaruga im Namen des Bundesrates als sinnvolle und notwendige Massnahmen gegen den Zerfall der «Medien als Fundament der Demokratie» hochstilisierte, sind in Wahrheit einfach eine Konzession an die notorisch trägen und fortschrittsresistenten Verleger.
Von Helmuth Fuchs
Rund 100 Millionen jährlich sollen nach dem Wunsch des Bundesrates zusätzlich zu den heute schon bestehenden Fördermassnahmen zu den Medienanbietern fliessen. Vor allem die Onlinemedien sollen jährlich neu 50 Millionen Franken bekommen. Das tönt zuerst ja einmal vielversprechend, da gerade Online-Angebote zunehmend genutzt werden. Das ist auch dem Bundesrat nicht entgangen (den Verlegern leider in der Vergangenheit schon als es galt, strategisch die Weichen für die Zukunft zu stellen).
Belohnung der Versager
Um aber nur die grössten Verleger mit den untauglichsten Modellen zu fördern, hat der Bundesrat als eines der wenigen Kriterien für die Förderungen festgelegt, dass nur Bezahlangebote für die Unterstützung qualifizieren. Damit belohnt er genau die Unternehmen, welche den Markt, entgegen der Warnung vieler Experten, völlig falsch eingeschätzt und auf «Paywalls» gesetzt haben. Der Bundesrat hält explizit fest, dass die Bereitschaft, für digitale Medienangebote zu bezahlen, weiterhin gering, dieses Modell also gescheitert sei. In der ihm eigenen Logik will der Bundesrat aber jetzt diejenigen belohnen, welche den Markt völlig verkannt haben, ein untaugliches Modell anbieten und legt als eigentlich wichtigstes Kriterium für eine Unterstützung fest, dass man ein Bezahlmodell haben müsse.
Kampf gegen die kostenlosen Medien
Im Kern geht es dem Bundesrat darum, die «Gratismentalität» zu brechen, da er offensichtlich darin eine Gefährdung des von den Verlegern oft beschworenen (und selten gelieferten) «Qualitätsjournalismus» sieht. Dabei verkennt er völlig, dass nicht die Frage, ob der Leser (oder sonst jemand) für die Information bezahlt (es bezahlt nämlich immer jemand), entscheidend ist, sondern weshalb die traditionellen Verleger nicht mehr in der Lage sind, überhaupt jemanden zu finden, der ihre Leistungen im gewünschten Umfang finanziert. Dazu muss man mindestens gut zwanzig Jahre in die Geschichte zurück. Da hätten es die Verleger noch in den Händen gehabt, den gerade aufkommenden Internetanbietern die Stirne zu bieten mit eigenen Angeboten. Stattdessen ignorierten sie die neuen Mitbewerber um die Vermarktungsplätze (Jobs, Autos, Immobilien…), mit dem bekannten Resultat, dass sie das Inserate- und das damit verbundene Werbegeschäft unwiederbringlich verloren.
Zu viel Geld für magere Leistung
Auch auf dem zweiten Standbein wurden die Verleger kalt erwischt, indem sie das Informations-, Lese- und Bezahlverhalten der nächsten Generationen völlig verkannten. Auch heute sind Leser bereit, für gute Geschichten, einzigartige Informationen und gute Recherche und Einordnung zu bezahlen. Aber eben nicht mehr für alles andere, inklusive klar ersichtlicher Auftragsarbeiten und schon gar nicht mehr einmalige Vorabbeträge von 300 CHF oder mehr. Statt sich hier schnell dem Leserverhalten anzupassen, mit einfacher Bezahlung für einzelne Artikel, wurden unsinnige Paywalls mit komplizierten Registrations- und Bezahlverfahren hochgezogen. Mit dem bekannten Resultat.
Ein Fundament für künftige Ruinen
Und was macht der Bundesrat? Er belohnt das Versagen mit zusätzlichen 100 Millionen pro Jahr, von denen genau diejenigen profitieren sollen, welche bis anhin in der Internetzeit ziemlich wenig richtig hinbekommen haben. Er lässt sich vor den Karren der Verleger spannen, die schon im Fernseh- und Radiobereich sich mit Brosamen vom Tisch der SRG abspeisen liessen und nun jährlich Millionen kassieren für absolut irrelevante Programme. Mit den Zahlungen erreicht der Bundesart genau das Gegenteil der Stärkung der Medien: Er macht sie zu willfährigen Almosenempfänger. Wie war das nochmals mit der Unabhängigkeit der Medien und dem Fundament der Demokratie? Auf einem solchen Fundament sind die Ruinen schon vorprogrammiert.