Das Land des Schirm-Sharing
Tokio – Die Geschichte von Regenschirmen erzählt viel davon, wie Japans Gesellschaft zwischen Weitsicht und Masslosigkeit schwankt.
Der Dienstag war in Tokio auch wieder einer dieser Schirmtage. Es regnete zwar nicht in Japans Hauptstadt. Aber die Sonne schien mit ordentlicher Kraft, und weil viele Leute, vor allem viele Frauen, sich bei ihren Gängen nicht den Strahlen aussetzen wollten, hatten sie ihre Schirme aufgespannt. Sie trugen ihre persönliche kleine Schattenquelle mit großer Eleganz. Es wirkte fast, als wollten sie keinen Grund auslassen, um ihren Auftritt um die Schönheit eines geöffneten Schirmes zu bereichern. Schirme sind wichtig in Japan. So wichtig sogar, dass man sie lieber teilt, als achtlos wegwirft. Japan ist das Land des Schirm-Sharing.
Die Geschichte von den Schirmen erzählt viel davon, wie Japans Gesellschaft stetig zwischen Weitsicht und Masslosigkeit schwankt, Probleme löst, dadurch neue Probleme schafft und diese dann wieder löst. Schirme sind die Lösung gegen Sonne und Regen. Die allgegenwärtigen 24-Stunden-Märkte, Konbini genannt, haben deshalb welche aus billigem Plastik im Angebot, damit immer jeder schnell einen kaufen kann. Aber auf billige Schirme passt kaum einer auf, sie bleiben liegen und vermüllen die Stadt. Die Lösung? Besagtes Schirm-Sharing.