CS-Chef Thiam verabschiedet sich mit starkem Gewinnanstieg
Zürich – Die Credit Suisse hat den Gewinn im üblicherweise schwierigen Weihnachtsquartal auch dank Sonderfaktoren deutlich gesteigert. Die Grossbank blieb aber hinter den Markterwartungen zurück, was auf generell höhere Kosten sowie eine unerwartet hohe Rückstellungen für Rechtsfälle zurückzuführen sein dürfte.
Im vierten Quartal 2019 erzielte die CS einen Vorsteuergewinn von 1,21 Milliarden Franken nach 595 Millionen, wie das Institut am Donnerstag mitteilte. Der Reingewinn stieg auf 852 Millionen nach 259 Millionen.
Positiv zum Ergebnis trug unter anderem die Neubewertung der Beteiligung an der Schweizer Börse SIX bei. Sie spülte einen hohen Einmalgewinn von 498 Millionen in die Kasse, der allerdings rein buchhalterischer Natur ist. Aus Immobilienverkäufen ergab sich zudem netto ein Plus von 89 Millionen Franken.
Rechtsfälle belasten
Gleichzeitig buchte die Bank im vierten Quartal Rückstellungen für Rechtsfälle in Höhe von 326 Millionen Franken. Relativ gesehen ein hoher Betrag: Im Gesamtjahr waren es 389 Millionen.
Mit den Gewinnzahlen hat die Credit Suisse die Markterwartungen nicht ganz erreicht: Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten hatten im Vorfeld mit einem Quartalsgewinn vor Steuern von 1,38 Milliarden und einem Reingewinn von 881 Millionen gerechnet.
Sowohl Erträge (+29 Prozent) wie auch Kosten (+16 Prozent) legten im Schlussquartal im Vergleich zum besonders schwierigen Vorjahresquartal – vor allem auch dank den Sonderfaktoren – markant zu. Das Verhältnis aus Kosten zu Erträgen (Cost/Income-Ratio) verbessert sich damit wohl deutlich, bleibt mit 78 Prozent aber nach wie vor hoch. Die Bank gibt so für jeden eingenommen Franken 78 Rappen aus.
Neugeld-Abfluss in Schweiz
Der Bank flossen im vierten Quartal Nettoneugelder in Höhe von 9,9 Milliarden zu verglichen mit 12,8 Milliarden im dritten Quartal. Im Vorjahresquartal waren es allerdings nur 0,5 Milliarden. Die verwalteten Vermögen stiegen per Ende 2019 auf 1’507 Milliarden Franken und waren damit rund 30 Milliarden höher als Ende September 2019.
In der Vermögensverwaltung allein war die Kundenakquise allerdings schwierig: Insgesamt konnten lediglich 0,8 Milliarden Franken an neuen Geldern angezogen werden, wobei es in der Swiss Universalbank (SUB) sogar zu einem Abfluss kam.
Auf Ergebnisebene haben sich mit Ausnahme der im Bereich IBCM zusammengefassten Beratung bei Übernahmen und Fusionen oder bei Börsengängen alle Divisionen verbessert. Mit der internationalen Vermögensverwaltung, der Schweizer Einheit und der Region Asien konnten die Sparten, die strategisch im Fokus stehen, ihre Vorsteuerergebnisse im Vergleich zum Vorjahr deutlich steigern. Auch die Handelseinheit Global Markets erzielte ein positives Ergebnis nach einem Verlust im Vorjahr.
Ursprünglich angestrebtes Rendite-Ziel verfehlt
Im Gesamtjahr 2019 erzielte die Grossbank damit einen Vorsteuergewinn von 4,72 Milliarden nach 3,37 Milliarden im Vorjahr. Der Reingewinn erreichte 3,42 Milliarden nach 2,02 Milliarden. 2018 war es der erste Gewinn seit 2014, der nun noch einmal deutlich gesteigert werden konnte.
Die Aktionäre sollen in den Genuss einer leicht höheren Ausschüttung von 0,2776 Franken je Aktie kommen.
Die Rendite auf dem materiellen Eigenkapital (RoTE), an der die Bank ihre Profitabilität misst, stieg 2019 auf 8,7 Prozent nach 5,4 Prozent. Am Investorentag im vergangenen Dezember war bereits eine solche von «über 8 Prozent» in Aussicht gestellt worden. Allerding hatte die Bank damit gegenüber ihren ursprünglichen Ambitionen deutlich zurückrudern müssen. So sollten im laufenden Jahr eigentlich 10 bis 11 Prozent erreicht werden. Mittelfristig werden «über 12 Prozent» angestrebt.
Thiam verlässt Bank «stolz»
«Ich bin stolz darauf, was die Credit Suisse während meiner Zeit bei der Bank erreicht hat», sagte CEO-Tidjane Thiam, für den es der letzte Tag im Amt ist. Die Ergebnisse für 2019 würden zeigen, dass die Bank nachhaltig profitabel sein könne. Die Strategie, die 2015 formuliert wurde, sei richtig und bleibe richtig.
Thiam kam im Juli 2015 zur CS. Er unterzog die Bank einer dreijährigen Restrukturierung.
Die Kapitalquoten lagen auch Ende 2019 über den eigenen Zielvorgaben: Die harte CET1-Kernkapitalquote bei 12,7 Prozent und die entsprechende Leverage Ratio, also die nicht risikogewichtete Verschuldungsquote, bei 4,0 Prozent.
Starker Start ins neue Jahr
Zuversichtlich gibt sich das Management für die Geschäfte im laufenden Jahr. Alle Divisionen hätten einen sehr erfreulichen Jahresauftakt verzeichnet. Daher schätze man die Aussichten für das Jahr 2020 vorsichtig optimistisch ein. «Die zugrundeliegenden Fundamentaldaten der Weltwirtschaft sind unserer Ansicht nach trotz der zahlreichen geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten, unter anderem in Bezug auf die Auswirkungen des Coronavirus, nach wie vor intakt», so die CS.
An der Börse wurden die CS-Zahlen zumindest im frühen Handel skeptisch aufgenommen, die Aktie verlor zeitweise über zwei Prozent. Etliche Investoren hatten wohl auf eine positive Ergebnisüberraschung gehofft. Im Laufe des Tages konnten sich die CS-Titel aber erholen und den Handel mit einem Gewinn von 0,2 Prozent beenden. (awp/mc/ps)