Matthias In-Albon, CEO Bergbahnen Destination Gstaad AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr In-Albon, in vier Jahren hat die Bergbahnen Destination Gstaad 75 Millionen Franken investiert – nicht gerade wenig für ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 27,5 Millionen. Wo sehen Sie denn den Umsatz der BDG in fünf Jahren?
Matthias In-Albon: Wir möchten trotz der wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen für die Tourismusbranche sowie der stagnierenden Anzahl Skifahrer im Schweizer Alpenraum 30 Millionen Franken Umsatz ansteuern und uns auf diesem hohen Umsatzniveau stabilisieren. Uns ist es seit der Wintersaison 2017/18, nach einer langen Negativspirale mit sinkenden Ersteintritten, erstmals wieder gelungen, eine markante Steigerung der Ersteintritte von 18 Prozent zu erreichen. Das spiegelt sich erfreulicherweise auch im ebenfalls 18 Prozent höheren Verkehrsertrag wieder.
Daraus lässt sich unschwer errechnen, dass die BDG die Preise stabil hielt?
Daraus ist ersichtlich, dass sich durch das neue innovative Produkt «Top4-Saisonpass» für 666 Franken (erstmals auf den Winter 2017/18 eingeführt) der Durchschnittspreis nicht senkte und die vielfach unterstellten Dumpingvorwürfe nicht zutreffen. Im letzten Geschäftsjahr 2018/19 konnten die Ersteintritte erneut um neun Prozent gesteigert und der Verkehrsumsatz in der gleichen Prozentzahl um weitere zwei Millionen erhöht werden. Kombiniert mit den Restrukturierungs- beziehungsweise Effizienzsteigerungsmassnahmen der letzten Jahre konnte somit der Gewinn, vor Abschreibungen und Zinsen, überproportional gesteigert werden.
«Die vielfach unterstellten Dumpingvorwürfe treffen nicht zu.»
Matthias In-Albon, CEO Bergbahnen Destination Gstaad AG
Die BDG hat ja eine bemerkenswerte Wiederauferstehung nach einer Fast-Pleite hingelegt. Was war neben den Restrukturierungsmassnahmen der Hauptschlüssel zum Erfolg?
Wir wussten von Anfang an, dass wir nicht alles gleichzeitig machen können, sondern dass wir im Sinne eines Stufenmodells planen müssen. Zuerst sanieren, dann den Betrieb schlanker machen und sobald wir eine gewisse Stabilität erreicht haben und auf den eigenen Beinen stehen können, vorwärtsschauen. Diese Kehrtwende war aber nur möglich dank dem ausserordentlichen Einsatz vieler Mitarbeiter, dem betriebswirtschaftlichen Umdenken im Kader, dem uns rückenstärkenden Verwaltungsrat und der Region sehr wohlwollenden neuen Aktionären.
Wir haben alle Bergrestaurants umgebaut, die Beschneiung modernisiert plus die Ersatzbahn aufs Saanersloch und Eggli gebaut. Dazu kommt der Ausbau des Sommerbetriebs mit der Sommerinszenierung. Das allerdings stellt betriebswirtschaftlich eine grosse Herausforderung dar, ist aber volkswirtschaftlich systemrelevant für die ganze Region.
«Unpopuläre Massnahmen zu treffen und negative Entscheide gehören zum Unternehmerdenken dazu.»
Bei solchen Mammutaufgaben muss aber immer jemand Federn lassen…
Das stimmt. Die äusserst schwierige Situation in welcher die Bergbahn vor fünf Jahren war, hat dies erst verursacht. Es ging ums Überleben der Unternehmung. In den vergangenen Jahren konnte erfolgreich die Kehrtwende herbeigeführt werden. Dieser Prozess ist nur durch das Verlassen der Komfortzone zu meistern gewesen. Die ambitionierten Ziele konnten erreicht werden, und wir sind stolz darauf. Bis dahin waren viele unbequeme Entscheidungen notwendig. Und man hat sich nicht nur Freunde gemacht. Unpopuläre Massnahmen zu treffen und negative Entscheide gehören zum Unternehmerdenken dazu.
Sie sind „first follower“ bei den dynamischen Ticketpreisen. Welchen Nutzen versprechen Sie sich davon speziell in Ihrem Skigebiet?
Eine durch PWC in Deutschland durchgeführte Studie zeigte, dass bei 330 Unternehmen, die ihre Preise dynamisch setzen, durchschnittlich ein Umsatzwachstum von 5 Prozent im Vergleich zu starren Modellen zu verzeichnen ist. Die Gründe dafür liegen in der Preispsychologie, in der Literatur meistens als „Behavioral Pricing“ beschrieben. Dabei wird nicht mehr von einem „homo oeconomicus“ ausgegangen, der seine Konsumentscheide rein rational trifft, sondern vom „homo psychologicus“.
Aber wie ködern Sie Ihren „homo psychologicus“? Der macht doch nicht alle Preiskapriolen mit.
Für ein Skiticket gibt es einen Referenzpreis, der vom Gast als akzeptabel empfunden wird und eine Obergrenze als maximale Zahlungsbereitschaft. Ein starrer Preis kann solche Preisstufen nicht abbilden und nützen. Dynamische Preise hingegen schon. Dynamic Pricing setzt auf diese Preispsychologie, respektive auf das „Behavioral Pricing“. Als weiteren Nutzen von dynamischen Preisen sehen wir auch die Glättung der Auslastungskurven. Zugleich versprechen wir uns eine Optimierung der Gäste-Convenience in Bezug auf die Einfachheit beim Buchungsprozess. Und schliesslich scheint es uns wichtig, gewonnene Kundenkontakte im Customer Relationship Management-System zu sammeln und die Kunden mit einem Loyalty-Programm ans Skigebiet zu binden.
«Für ein Skiticket gibt es einen Referenzpreis, der vom Gast als akzeptabel empfunden wird und eine Obergrenze als maximale Zahlungsbereitschaft.»
Sie haben auch einiges für die Schlittelfahrer getan. Die haben es gedankt und doppelt so viele Tageskarten gekauft. Gibt es noch weitere Dinge, die Sie besonders im Auge, haben? Was passiert beispielsweise im Sommer?
Wir haben unser Angebot für Familien massiv erweitert. Letzten Sommer wurde in die Erneuerung der Spielplätze auf dem Rinderberg und auf der Wispile investiert. Die zwei neuen Spielplätze sind ein weiterer Schritt: Auf dem Rinderberg können sich die Kleinen auf Rutschbahnen, Kletterkühen und einem Klettergerüst vergnügen. Die Wand des Bergrestaurants, in die der Spielplatz integriert wurde, gibt einen Blickfang beim Wandern ab. Die ganze Fassade wurde wie ein Scherenschnitt gestaltet. Auf der Wispile stehen Holz und Steine im Mittelpunkt. Neben den Rutschbahnen, Schaukeln und Wasserspass bietet der Spielplatz auch einen Erlebnisstall mit Streichelzoo mit Ziegen.
Kommen wir zurück zum aktuellen Winter. Schneekanonen der neueren Generation, auch im niederschlagsreichen Saanenland ein Muss, können bereits bei minus 2 bis 3 Grad laufen. Verbrauchen die auch weniger Strom?
Technische Beschneiung ist heute die Grundlage für den Wintertourismus. Ohne wären die Pisten den gestiegenen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Wie bei natürlichem Schneefall müssen auch bei technischer Beschneiung Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit die nötigen Voraussetzungen aufweisen. In der Beschneiung spricht man daher von der Feuchtkugeltemperatur, die sich aus dem Verhältnis von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit zusammensetzt. Je feuchter die Luft ist, desto weniger Feuchtigkeit kann sie noch aufnehmen. Zeitgleich sind dann tiefere Temperaturen nötig, damit sich aus den Wassertröpfchen Schneekristalle bilden können. Die neueren Generationen von Schnee-Erzeugern produzieren Schnee ab einer „Feuchtkugeltemperatur“ von -2,5 °C. Bei sehr geringer Luftfeuchtigkeit kann dieser bereits bei leichten Plusgraden erreicht werden, bei hoher Luftfeuchtigkeit sind dafür Minusgrade vonnöten.
Die Beschneiungstechnologie hat enorme Fortschritte gemacht bei Energie und Wassereffizienz sowie Leistungsfähigkeit. Heute werden für einen Kubikmeter Schnee nur noch etwa 1 – 3 kWh benötigt. Es gibt sogar bereits Schneisysteme, die ohne elektrische Energie auskommen.
Wie sieht es mit Ihrem aktuellsten Projekt auf dem Eggli aus?
Die Inbetriebnahme der neuen 10er-Panorama-Gondelbahn auf das Eggli war anfangs Winter ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Vorwärtsstrategie der BDG. Die neue 15-Millionen-Gondelbahn ist weltweit die erste mit den modernen, zehn Fahrgäste fassenden Panoramakabinen – designed by Porsche Studio. Für den Skiberg ist die neue 10er-Panorama-Gondelbahn die vierte Generation. Die Bauzeit betrug 280 Tage. Vier Jahre jedoch hatte die Projektbewilligung gedauert. Die Bautätigkeit ist noch nicht abgeschlossen. Die neuen Büroräumlichkeiten sind noch im Rohbau. Das Berggasthaus mit dem privaten Lokal für den Club de Luge im ersten Stock wird in einem Jahr eröffnet.
Herr In-Albon, Sie sind mit 35 Jahren der jüngste CEO der Bergbahnbranche. Ihr Name klingt für mich aber wie alter Adel. Verraten Sie mir die Herkunft?
Ja, das ist ein nicht so geläufigerer Nachname – auch der enthaltene Bindestrich im Nachnamen ist eher eine Seltenheit. Am meisten bekannt ist der Name bei älteren Fussballfans, die Charly In-Albon kannten, welcher 11 Jahre in der Nationalmannschaft spielte. In-Albon, ist der Familienname eines vom Weiler Albe bei Visp stammenden “Bürgergeschlechts“, dessen Angehörige im 15. bis 18. Jahrhundert zahlreiche politische Ämter Visp und in der damaligen unabhängigen Republik Wallis innehatten.