Accenture: Gleichstellung am Arbeitsplatz wird unterschiedlich wahrgenommen
Zürich – Die diesjährige „Getting to Equal“-Studie des Beratungsunternehmens Accenture zeigt: Es gibt einen grossen Unterschied, wie Führungskräfte und Mitarbeitende den Fortschritt der tatsächlichen Gleichstellung in ihren Unternehmen jeweils wahrnehmen. Dabei ist die Ausgangslage klar: Eine starke Gleichstellungskultur und die Schliessung existierender Lücken zwischen den Geschlechtern bringen erhebliche Vorteile für Unternehmen und Belegschaft – insbesondere den Frauen, aber auch den Männern.
Die Studie, die Accenture in 28 Ländern durchgeführt hat, zeigt auf, dass sowohl für Mitarbeitende als auch Führungskräfte die Kultur am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielt: In der Schweiz gaben 66 Prozent der befragten Frauen und 66 Prozent der teilnehmenden Männer an (global waren es 77 Prozent Frauen und 67 Prozent Männer), dass für sie die Unternehmenskultur und ein förderndes Arbeitsumfeld zunehmend an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus sagte die Mehrheit der befragten Führungskräfte (64 Prozent), dass für sie eine inklusive Arbeitsplatzkultur der Schlüssel zum Erfolg des Unternehmens sei.
Wahrnehmungslücke
Dennoch zeichnet sich eine Wahrnehmungslücke ab: Mehr als drei Viertel der Führungskräfte in der Schweiz (78 Prozent) sind der Meinung, dass sie bereits ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende ein Gefühl der Zugehörigkeit bekommen – dem stimmt jedoch nur knapp die Hälfte (47 Prozent) der befragten Belegschaft zu. Darüber hinaus ist der Anteil an Mitarbeitenden hierzulande, die sich nicht genug einbezogen fühlen, zweimal höher als Führungskräfte glauben.
Zudem ergab die Studie, dass die meisten Führungskräfte Themen wie Vielfalt und Kultur zwar auf ihrer Top-Agenda haben, sie allerdings mit niedrigerer Priorität als andere organisatorische Aspekte vorantreiben: Circa drei Viertel der in der Schweiz befragten Führungskräfte stuften die finanzielle Performance (71 Prozent) sowie Markenbekanntheit und Qualität (57 Prozent) ganz oben auf ihrer Prioritätenliste ein, während 35 Prozent Vielfalt und nur 14 Prozent Kultur an die Spitze setzten.
„Die Schaffung einer Kultur der Gleichstellung muss ganz oben auf der Agenda stehen. Es braucht absolutes Commitment des Managements und die Überzeugung, dass Diversity nicht nur richtig ist, sondern für den Unternehmenserfolg von entscheidender Bedeutung“, sagt Florence Micol, Diversity Lead bei Accenture in der Schweiz. „Wenn eine starke, gleichberechtigte Arbeitsplatzkultur oberste Priorität hat, gewinnen alle – Mitarbeitende genauso wie das Unternehmen, das von mehr Innovationskraft profitiert.“
Die Entwicklung zur tatsächlichen Gleichstellungskultur beschleunigen
Es ist wichtig, dass die Wahrnehmung der Führungskräfte sich der ihrer Mitarbeitenden annähert und Erstere das Bewusstsein entwickeln: Jeder – sowohl Frauen als auch Männer – würde innerhalb einer Gleichstellungskultur in seiner/ihrer Karriere schneller vorankommen. Zudem könnten Unternehmen weltweit ihre Gewinne insgesamt um etwa 3,3 Billionen Euro steigern.
Schon eine Halbierung der Wahrnehmungslücke hätte zur Folge, dass
- der Anteil der Frauen weltweit, die sich als wichtiger Teil des Teams mit Einfluss auf Entscheidungen sehen, von einem Viertel auf ein Drittel ansteigt.
- Unternehmen weltweit jedes Jahr mehr Frauen (plus 5 Prozent) und mehr Männer (plus 1 Prozent) in ihrer Belegschaft halten können.
- der Anteil an Frauen in der Schweiz, die eine Führungsposition in ihrem Unternehmen anstreben, von 7 Prozent auf 22 Prozent wächst.
Die Wahrnehmungslücke zwischen Belegschaft und Führungsriege erkennen und gezielt nach Wegen suchen, um sie zu schliessen: Das ist der erste Schritt zu einer Kultur, in der alle motiviert und gefördert werden. „Vielfalt und Gleichstellung machen Unternehmen stärker, innovativer und somit auch erfolgreicher“, kommentiert Florence Micol. „Wenn Menschen sich wirklich zugehörig fühlen und von ihren Arbeitgebern für ihre Leistung und ihren Beitrag wertgeschätzt werden, sind sie eher bereit, voranzugehen und fühlen sich zu Innovationen befähigt.“
Auf dem richtigen Weg
Accentures Studie zeigt auch, dass sich weltweit ein geringer Anteil (6 Prozent) an Führungskräften – sogenannte Culture Maker – bereits stark für den Aufbau einer gleichberechtigten Kultur engagiert. Diese Führungskräfte erkennen die Bedeutung von Faktoren wie Gehaltstransparenz, Elternzeiten und der Freiheit, kreativ zu sein, um sich zu entfalten. So äussern sich diese Culture Maker deutlich häufiger zu Themen wie Gleichstellung der Geschlechter (52 Prozent im Vergleich zu 35 Prozent aller anderen Führungskräfte) oder sexuelle Belästigung/Diskriminierung (51 Prozent gegenüber 30 Prozent). Ausserdem führen sie Organisationen, die sich doppelt so häufig Diversität auf die Fahne geschrieben haben und sich verbindliche Diversity-Ziele setzen, wie zum Beispiel mehr Frauen einzustellen und im Unternehmen zu halten.
Auffällig ist, dass die Gruppe der Culture Maker im Vergleich zur Gruppe der anderen teilnehmenden Führungskräfte eine deutlich höhere Diversität aufweist: Es sind mehr Frauen (45 Prozent gegenüber 32 Prozent bei allen Führungskräften) und deutlich mehr Millennials (68 Prozent verglichen mit 59 Prozent bei allen Führungskräften) unter ihnen.
Das Engagement zahlt sich aus: Mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit führen sie Unternehmen, in denen die Menschen vorwärtskommen, innovativ und engagiert sind – weshalb ihre Organisationen mehr als doppelt so schnell wachsen wie die ihrer Kollegen.
Was es für eine Kultur der Gleichstellung braucht
Die Ergebnisse der Studie bilden nicht nur den Status quo ab, sondern lassen auch einen Blick in die Zukunft zu: Da unter den Teilnehmenden bei der GenZ (Geburtsjahre: 1997 bis 2012) das Thema Kultur am Arbeitsplatz eine noch grössere Rolle spielt als bei den Baby-Boomern, ist davon auszugehen, dass die Erwartungen der Mitarbeitenden weiter steigen werden.
Umso wichtiger ist es, die Wahrnehmungslücke zu schliessen und die Reise zu einer Kultur der Gleichstellung zu beschleunigen. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch Führungskräfte, die befähigt werden, auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen und mit einem starken Team bestmöglich auf die Anforderungen von Kunden zu reagieren.
Wie Accenture schon in früheren Ausgaben der jährlich veröffentlichten Studie „Getting to Equal“ zeigte, sind Progressive Führung, Diskriminierungsfreie Strukturen und ein Befähigendes Arbeitsumfeld wichtige Anker, um eine Kultur der Gleichstellung zu schaffen:
- Progressive Führung: Eine Kultur der Gleichstellung beginnt an der Spitze. Führungskräfte müssen Prioritäten setzen und überzeugt für die Schaffung einer Gleichstellungskultur eintreten, zum Beispiel durch das Festlegen und Nachhalten klarer Ziele und die Belohnung von Erfolgen auf dem Weg zu mehr Gleichstellung.
- Diskriminierungsfreie Strukturen: Um tatsächlich und schnell Veränderungen zu schaffen, dürfen nicht nur Daten berücksichtigt werden, sondern es braucht einen kontinuierlichen Austausch mit Mitarbeitenden und regelmässige Feedbackgespräche.
- Befähigendes Arbeitsumfeld: Es braucht einen Rahmen, in dem Culture Makers wachsen können. Unternehmen müssen es Führungskräften ermöglichen, Verantwortung zu übernehmen und sich dafür zu engagieren, eine Gleichstellungskultur voranzutreiben. Dazu gehört auch, einen Raum zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende, die die eigene Unternehmenskultur vorantreiben wollen, austauschen und gemeinsam nach Wegen zu mehr Gleichstellung suchen können.
Den globalen Report finden Sie hier: Getting to Equal 2020. (Accenture/mc/ps)
Methodik
Die „Getting to Equal“-Studie 2020 baut auf frühere Untersuchungen des Beratungsunternehmens Accenture auf, die sich mit Frage beschäftigten, wie eine Kultur der Gleichstellung am Arbeitsplatz entstehen kann. Der diesjährige Bericht basiert auf einer globalen Umfrage unter mehr als 30.000 Mitarbeitenden und mehr als 1.700 Führungskräften in 28 Ländern. Durch die Analyse der erhobenen Daten wurde zuerst eine Wahrnehmungslücke zwischen dem, was Führungskräfte zum Thema Gleichstellungskultur am Arbeitsplatz sagen, und dem, was die Mitarbeitenden erleben, identifiziert. Davon wurden Aussagen über die positiven Folgen einer Minimierung oder Schliessung dieser Lücke auf die Mitarbeitenden sowie den Unternehmenserfolg abgeleitet.