Raiffeisen erwartet 2020 schrumpfende Wirtschaft wegen Corona
St.Gallen – Die Coronavirus-Pandemie dürfte für eine tiefe Delle in der Schweizer Wirtschaft sorgen. Laut den Raiffeisen-Ökonomen könnte die Wirtschaftsleistung 2020 um 0,2 Prozent schrumpfen. Eine Erholung im nächsten Jahr sei wahrscheinlich, aber der Ausblick ungewiss.
Damit sind die Ökonomen von Raiffeisen die ersten, welche für das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr eine rückläufige Entwicklung erwarten. Das Wort Rezession nehmen sie allerdings nicht in den Mund.
Bislang hatten sie noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent gerechnet. Seither hat sich die Situation aber massiv verändert: während in China die drastischen Eindämmungsmassnahmen die Neuinfektionen mittlerweile offenbar sehr stark hätten sinken lassen, nähmen die Fallzahlen ausserhalb Chinas rasant zu, heisst es in der Raiffeisen-Mitteilung vom Freitag.
Einschnitte für das öffentliche Leben hinterlassen Spuren
Auch in der Schweiz würden die Einschnitte für das öffentliche Leben schrittweise hochgefahren, was in der Wirtschaft Spuren hinterlassen werde. Neben den Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus werde die Schweizer Wirtschaft auch von möglichen Engpässen bei den globalen Lieferketten und dem wegbrechenden Weltwirtschaftswachstum belastet, sagte Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff im Communiqué.
Erholung dank Konjunkturprogrammen
In China schreite die Normalisierung nur langsam voran. In vielen Bereichen würden die Ausfälle jedenfalls nicht auf- bzw. nachgeholt werden können. Und eine sehr ähnliche Entwicklung stehe den anderen betroffenen Volkswirtschaften bevor. Die zahlreichen angekündigten Konjunkturprogramme würden erst nach dem Auslaufen der einschränkenden Massnahmen richtig zur Entfaltung kommen. Eine kräftige Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte und ein stärkeres Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr seien damit wahrscheinlich.
Für 2021 prognostiziert Raiffeisen momentan ein Wachstum von 1,6 Prozent. Der Ausblick bleibe aber äusserst ungewiss. Die Risiken für einen noch grösseren Wachstumseinbruch lägen derzeit höher als die Chancen für einen glimpflicheren Ausgang.
Verschiedene Szenarien
Mehrere Institutionen haben ihre Prognosen für die Schweizer Wirtschaft wegen des Coronavirus bereits gesenkt. Allerdings gingen bislang alle von einem BIP-Wachstum zumindest im Gesamtjahr aus. Zuletzt hat vor zwei Tagen – noch vor der Ausrufung des Notstands im Tessin – die UBS ihre Wachstumsprognosen zurückgeschraubt. Sie traute der Wirtschaft aber immerhin noch ein Plus von 0,7 Prozent in diesem Jahr zu.
Dabei gingen die Ökonomen der Grossbank in ihrem Basisszenario davon aus, dass die Ausbreitung des Virus sowohl global als auch in der Schweiz begrenzt werden könnte. Sie wiesen aber auch auf weitere mögliche Szenarien hin: Lasse sich das Virus nicht oder nur mit deutlich drakonischeren Massnahmen als bisher eingrenzen, so dürfte das Wachstum wesentlich schwächer ausfallen als im Basisszenario. In diesem Fall sei auch eine Rezession hierzulande möglich.
Und auch die Ökonomen der Grossbank Credit Suisse haben wegen des Coronavirus ihre Konjunkturprognose 2020 vor gut einer Woche bereits gesenkt. Sie erwarten neu ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,0 Prozent, zuvor waren sie noch von einem Wachstum von 1,4 Prozent ausgegangen.
Nächste Woche werden ausserdem die Ökonomen des Bundes im Rahmen der Seco-Prognose und die SNB im Rahmen ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung eine neue Einschätzung zur Konjunkturlage abgeben. (awp/mc/pg)