Bevölkerung nimmt Coronavirus ernster als vor ein paar Wochen
Bern – Die Schweizer Bevölkerung nimmt die von Covid-19 ausgehende Infektionsgefahr zunehmend ernster. Auch die Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft machen sich vermehrt bemerkbar, wie eine Umfrage zeigt. Die Analyse des Unternehmens Gallup Schweiz fand im Rahmen der Gallup International Association in 20 Ländern mit 20’000 Befragten statt, in der Schweiz waren 1000 Personen beteiligt.
So haben 61 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Angst davor, dass sie oder ein Mitglied der eigenen Familie mit dem Coronavirus infiziert werden. Mitte März hatten erst 48 Prozent diese Sorge geäussert. Nur noch 27 Prozent halten jetzt die vom Virus drohende Gefahr für übertrieben, im März waren dies noch 53 Prozent.
30 Prozent denken, dass das Schlimmste noch bevorsteht. Rund 45 Prozent erwarten, dass die Situation so bleiben wird, wie sie jetzt ist, lediglich ein Viertel (25 Prozent) meint, dass man über den Berg sei.
Bereitschaft zur Einschränkung von Bürgerrechten
Hohes Vertrauen haben die Befragten in die von der Regierung beschlossenen Massnahmen: 72 Prozent attestieren dem Bundesrat, die Corona-Krise richtig zu handhaben. 86 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind bereit, die Einschränkung von Bürgerrechten hinzunehmen, wenn dies dazu beiträgt, die Weiterverbreitung des Virus einzudämmen. Die Bereitschaft hierzu ist ebenfalls höher als noch im März, damals waren es 72 Prozent.
Jeder Dritte beruflich betroffen
Gemäss der Umfrage ist jeder dritte Schweizer von den wirtschaftlichen Auswirkungen beruflich betroffen: Drei Prozent der Befragten geben an, ihren Job verloren zu haben. 17 Prozent arbeiten Teilzeit, 15 Prozent haben ihre Arbeit zeitweise eingestellt. So machen sich auch die finanziellen Auswirkungen der Krise für viele bereits im Portemonnaie bemerkbar: 14 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben einen nennenswerten Teil ihres Einkommens verloren.
Optimismus hinsichtlich der weltpolitischen Situation
Gallup befragte die Umfrage-Teilnehmenden auch nach ihrer Einschätzung der weltpolitischen Situation nach der Krise. In den Antworten überwiegt der Optimismus: 56 Prozent gehen davon aus, dass die Welt nach Überwindung der Krise so sein wird wie davor, ein Drittel erwartet eine völlig neue Situation.
Was die Beziehungen zwischen den Grossmächten betrifft, dominiert einerseits die Hoffnung auf weniger Konfrontation (36 Prozent), andererseits erwartet eine gleich grosse Anzahl (38 Prozent), dass die Weltpolitik eher noch konfrontativer als bisher wird.
Maskenpflicht findet breite Zustimmung
Eine Umfrage von Tamedia hat derweil ergeben, dass die Lockerung der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus nach dem Willen einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung mit einer generellen Maskenpflicht in der Öffentlichkeit einhergehen sollte. Sechs von zehn befragten Personen sprachen sich in der Umfrage dafür aus, dass das Tragen von Masken in der Schweiz verpflichtend wird, sobald genügend Schutzmasken verfügbar sind. Ein Obligatorium fände derzeit bei der Basis aller Parteien eine Mehrheit.
Derzeit sei allerdings die Versorgung mit Masken «eine Katastrophe», erklärte Fabian Vaucher, Präsident des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse, am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme. In vielen Apotheken und Drogerien fehlten sogar Hygienemasken für den Eigenbedarf. So könnten weder gefährdete Kundinnen und Patienten in Apotheken und Drogerien noch das Personal ausreichend geschützt werden. Die Zuständigkeiten bei der Verteilung von Masken seien absolut unklar. «Wir werden seit Wochen mit unseren Anliegen von A nach B und wieder zurück geschickt», so Vaucher. «Wir fordern jetzt und heute, dass der Eigenbedarf der Apotheken und Drogerien durch den Bund gedeckt wird. Und eine klare Strategie, wie gefährdete Personen zu Masken kommen sollen.»
Gegen staatlich verordnete Durchseuchung – Ja zur Impfpflicht
Eine knappe Mehrheit der Befragten lehnt es ab, dass der Staat Ansteckungen in Kauf nimmt mit dem Ziel, dass die Bevölkerung immun wird. Hingegen stösst die Nutzung anonymisierter Bewegungsdaten in grossen Teilen der Bevölkerung auf Akzeptanz. Sollte dereinst ein Impfstoff vorliegen, würden Wähler aller Parteien eine Impfpflicht befürworten.
Gute Noten für die Landesregierung
Auch die Tamedia-Umfrage ergab gute Noten für den Bundesrat. Die Massnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Unterstützung der Wirtschaft werden als angemessen beurteilt. Auch die schrittweise Lockerung der Massnahmen stösst bei den befragten Personen auf Zustimmung. Die rasche Wiedereröffnung von Geschäften und Coiffeursalons beurteilt die Bevölkerung positiv. Nur knapp jeder Dritte möchte, dass Restaurants schon in den nächsten Wochen wieder Gäste bewirten dürfen. In der SVP-Basis wollen dies nur 35 Prozent, bei der FDP sind es 32 Prozent und bei der CVP 29 Prozent.
Kinos und Zoos sollen warten
Eine Wiedereröffnung von Freizeitbetrieben wie Kinos oder Zoos befürworten nur gerade 13 Prozent und eine Aufhebung des Veranstaltungsverbots nur 6 Prozent. Romands und Tessiner sind dabei noch deutlich zurückhaltender als die Deutschschweizer. (awp/mc/pg)