Telekom schraubt Prognose wegen US-Übernahme hoch – Gewinnrückgang
Bonn – Die Deutsche Telekom hat im Zuge der Übernahme des US-Mobilfunkers Sprint ihre Ergebnisprognose deutlich angehoben. In diesem Jahr soll das bereinigte operative Ergebnis (ber. Ebitda AL) bei rund 34 Milliarden Euro liegen, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Bonn mitteilte. Im Vorjahr hatte die Telekom hier 24,7 Milliarden Euro verdient und wollte das operative Ergebnis auf Basis konstanter Wechselkurse ohne Sprint bisher auf 25,5 Milliarden Euro steigern. Analysten hatten nach dem Zukauf bereits mit 32,6 Milliarden Euro für das Gesamtjahr gerechnet. Sonderkosten etwa für die Übernahme in den USA rechnet die Telekom aus dem operativen Ergebnis heraus – diese sorgten im zweiten Quartal unter dem Strich aber für einen deutlichen Gewinnrückgang.
Die Telekom-Tochter T-Mobile US hatte mit ihren bereits vorgelegten Zahlen schon über den Analystenschätzungen beim operativen Ergebnis abgeschnitten. Dennoch gab es für die Telekom-Aktie in den ersten Handelsminuten am Donnerstag einen Schub, das Papier stieg um zwei Prozent. JPMorgan-Analyst Akhil Dattani wertete das Zahlenwerk zum zweiten Quartal auf den meisten Ebenen als positive Überraschung.
Die Telekom misst ihren Erfolg im Tagesgeschäft an dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Zudem rechnet sie die Effekte einer geänderten Leasingbilanzierung heraus, die das operative Ergebnis im historischen Vergleich aufblähen würde (Ebitda AL).
Beim Zufluss finanzieller Mittel müssen sich die Anleger laut neuer Prognose dagegen mit weniger zufrieden geben. Hier dürfte der bereinigte Free Cashflow (FCF AL) in diesem Jahr nur noch mindestens 5,5 Milliarden Euro betragen. Zuvor standen rund 8 Milliarden Euro im Plan. Das liege an den angekündigten Integrationskosten für die Sprint-Übernahme, hiess es. Der Barmittelzufluss gibt Aufschluss darüber, wie finanzstark ein Unternehmen ist und im Zweifel auch darüber, wie viel Dividende es zahlen kann. Die Telekom hatte ihren Investoren im Rahmen der US-Übernahme eine Mindestdividende von 60 Cent für die kommenden Jahre in Aussicht gestellt, die sich im Rahmen des Gewinns je Aktie entwickeln soll.
Nettogewinn sackt um über 20% ab
Bereits im zweiten Quartal sorgte die Übernahme allerdings für deutliche Belastungen unterm Strich. Der Nettogewinn sank um 20,1 Prozent auf 754 Millionen Euro. Die Fusion von T-Mobile US mit dem kleineren Wettbewerber Sprint kostete dabei rund 0,7 Milliarden Euro. Der Einfluss der Corona-Krise sei hingegen gering gewesen, sagte ein Sprecher.
Auch insgesamt hielten sich die Auswirkungen der Pandemie laut Mitteilung in Grenzen. «Spürbar waren sie vor allem im Grosskundengeschäft, wo sich neue Aufträge verzögern, und bei Roaming-Umsätzen im Mobilfunk, die wegen Reisebeschränkungen unter Druck stehen», hiess es. Probleme machten sich unter anderem bei der IT-Grosskundentochter T-Systems bemerkbar: Der Auftragseingang im zweiten Quartal sank um 24 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Auch beim bereinigten operativen Ergebnis liess die IT-Sparte mit einem Rückgang von fast 23 Prozent Federn. Geografisch hingegen waren vor allem die Roaming-Umsätze in Griechenland betroffen, hier wirkten sich die starken Reisebeschränkungen aus, die zur Eindämmung der Pandemie erlassen wurden.
Der Umsatz im Gesamtkonzern stieg hingegen infolge des Zukaufs um 37,5 Prozent auf 27 Milliarden Euro, hierbei stammten 7 Milliarden an Zuwachs aus der Konsolidierung von Sprint. Rechnet man zudem Wechselkursschwankungen heraus, so seien die Erlöse laut Unternehmensangaben weitgehend stabil geblieben. Das um Sondereffekte und die geänderte Leasingbilanzierung bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erhöhte sich um über die Hälfte auf 9,83 Milliarden Euro und lag damit über den Erwartungen von Marktexperten – deren Schätzungen allerdings zum Grossteil vor den überraschend guten Zahlen von T-Mobile eingeholt wurden.
Kundenstamm steigt sprunghaft an
Im operativen Geschäft machte vor allem die Zahl der Mobilfunk-Kunden in den USA wegen der Übernahme einen gewaltigen Satz nach oben. Trotz des zeitnahen Verkaufs des Prepaid-Geschäfts von Sprint zum 1. Juli wuchs der Kundenstamm im Vergleich zum Vorquartal sprunghaft von 68,5 auf 98,3 Millionen. T-Mobile US stieg damit bei den Kundenzahlen nach eigenen Angaben zum zweitgrössten Mobilfunker in den USA auf – noch vor US-Telekomriese AT&T.
Für den deutschen Markt sprach die Telekom von einem «grundsoliden» Quartal «in der globalen Krise». Der Zuwachs bei den Breitbandkunden sei mit 87 000 Neukunden auf nun 13,9 Millionen Nutzer stärker als bei den Wettbewerbern. Die Mobilfunkserviceumsätze in Deutschland gingen im zweiten Quartal um 1,1 Prozent zurück und hielten sich damit deutlich besser als bei den Rivalen Vodafone und Telefonica Deutschland im gleichen Zeitraum. (awp/mc/ps)