Neuer türkischer Notenbankchef will Lira-Verfall stoppen

Neuer türkischer Notenbankchef will Lira-Verfall stoppen
Bei Erdogan in Ungnade gefallen: Naci Ağbal, geschasster türkischer Notenbankgouverneur.

Ankara / Frankfurt – Die türkische Notenbank will sich unter ihrer neuen Führung gegen den Verfall der türkischen Lira stemmen. «Notwendige geldpolitische Entscheidungen werden unternommen», teilte der neue Notenbankgouverneur Naci Ağbal in einer am frühen Montagmorgen in Ankara veröffentlichten Stellungnahme mit. Die Notenbank werde alle politischen Instrumente entschlossen einsetzen, um das Ziel der Preisstabilität zu erreichen, versicherte der Währungshüter unmittelbar, nachdem er das Amt übernommen hatte. Am Devisenmarkt konnte die türkische Lira nach den Aussagen zu einer deutlichen Kurserholung ansetzen.

In der Nacht zu Samstag hatte der türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ohne Begründung den Zentralbank-Chef Murat Uysal entlassen. Sein Nachfolger Ağbal war von 2015 bis 2018 Finanzminister des Landes. Am Sonntag war ausserdem der türkische Finanzminister Berat Albayrak zurückgetreten. Inmitten der Währungskrise begründete Albayrak, der Schwiegersohn Erdogans, seinen Rücktritt mit gesundheitlichen Gründen.

In seiner kurzen Stellungnahme machte der neue Notenbankchef Ağbal ausserdem deutlich, dass die angekündigten Massnahmen wohl auf der kommenden Zinssitzung am 19. November beschlossen werden. Bis zu der Zinssitzung werde die aktuelle Lage und die künftigen Erwartungen bewertet, hiess es. Ausserdem werde die aktuelle Entwicklung genau beobachtet.

Lira-Talfahrt vorerst gestoppt
Nach der Stellungnahme des neuen Notenbankchefs konnte die türkische Währung die Talfahrt vorerst stoppen und zu einer deutlichen Kurserholung ansetzen. Bis zum Vormittag stieg der Kurs zum US-Dollar um etwa drei Prozent. Die türkische Währung leidet seit Monaten unter einem rasanten Wertverfall. Am vergangenen Freitag hatte die Lira im Handel mit dem US-Dollar und dem Euro erneut Rekordtiefs erreicht. Zeitweise wurde ein Euro für mehr als zehn Lira gehandelt.

Trotz des Wechsels an der Notenbank-Spitze rechnen Devisen-Experten der Commerzbank nicht mit einer grundlegenden Änderung der Lage. Devisen-Analyst Tatha Ghose erwartet in den kommenden Monaten eher eine Fortsetzung der Lira-Schwäche. In der Türkei sei der Leitzins von derzeit 10,25 Prozent zu niedrig vor dem Hintergrund einer Inflationsrate von knapp 12 Prozent.

Nach Einschätzung des Experten Ghose liegt die Ursache für den Kursverfall der Lira vor allem in der fehlenden Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank. Die jüngste Personalentscheidung habe dies einmal mehr unterstrichen. «Ağbal gilt als dem Präsidenten treu ergeben», sagte Ghose. Seine Ernennung deute darauf hin, dass Erdogan die Zentralbank direkt, ohne Zwischenmänner, mit einer immer kleiner werdenden Gruppe von engen Anhängern unter Kontrolle halten möchte. (awp/mc/ps)

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