Coronavirus: Bundesrat will die Schrauben deutlich anziehen
Bern – Die kantonalen Lockerungsmassnahmen bei günstiger epidemiologischer Lage sind ab kommendem Samstag vom Tisch. Restaurants sowie Kultur- und Freizeitbetriebe sollen bis Ende Februar geschlossen bleiben. Zudem plant der Bundesrat drastische Verschärfungen.
Den definitiven Entscheid will der Bundesrat nach der üblichen Konsultation der Kantone an seiner nächsten Sitzung am 13. Januar fällen, wie er am Mittwoch mitteilte. Dann will er auch über Hilfen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen entscheiden.
Als mögliche Verschärfungsmassnahmen nannte der Bundesrat am Mittwoch die Verpflichtung zu Home-Office, die erneute Schliessung von Läden, eine stärkere Einschränkung von Menschenansammlungen und privaten Veranstaltungen, einen erhöhten Schutz von Risikopersonen und Massnahmen am Arbeitsplatz. Der Bund erwartet zudem von den Kantonen mögliche Massnahmen in den obligatorischen Schulen.
Fallzahlen werden nicht nachhaltig sinken
Es sei bereits heute absehbar, dass die Fallzahlen in den nächsten Wochen nicht deutlich und nachhaltig sinken würden, begründete der Bundesrat das angestrebte Verschärfungspaket. Die Zahlen der Ansteckungen, Hospitalisationen und Todesfälle sowie die Belastung des Gesundheitspersonals seien nach wie vor sehr hoch.
In einer Woche werde man die Lage besser einschätzen können, sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor den Bundeshausmedien. «Alle sind sehr müde auf dem Weg des Marathons, aber wir müssen den Weg weiter gehen.» Es sei nun nicht der Zeitpunkt, Massnahmen zu lockern. Es gehe nun darum, dass sich die Schweiz auf einen schnellen Anstieg der Fallzahlen vorbereite.
Kantone mit im Boot
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) signalisierte Unterstützung für den Bundesrat. Die GDK könne nachvollziehen, dass die Landesregierung die Erleichterungen für Kantone mit einer günstigen epidemiologischen Entwicklung aufgehoben habe. In den kommenden Wochen müssten Bund und Kantone ihre Anstrengungen zur Eindämmung der Epidemie auf jeden Fall noch intensivieren. Möglicherweise sei eine Verschärfung der Massnahmen unumgänglich.
Gastrosuisse fordert Ausfallentschädigungen
«Katastrophal» sei die Verlängerung des Beizen-Lockdowns, sagte Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer gegenüber Keystone-SDA-Video. Das sei lediglich Symbolpolitik und es gebe keine Nachweise, dass es im Gastgewerbe zu mehr Ansteckungen komme. Mit der Verlängerung verdoppeln sich laut Platzer die Ausfälle in der Gastrobranche von 2,5 auf 5 Milliarden Franken. «Wir fordern deshalb sofort Ausfallentschädigungen.»
Annäherung an Taskforce
Die Stossrichtung des Bundesrates nähert sich damit zunehmend den Empfehlungen der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes an. Taskforce-Präsident Martin Ackermann erneuerte im «Tagesgespräch» von Radio SRF die Einschätzung, dass es «flächendeckende starke Massnahmen analog des Lockdowns im vergangenen März» brauche, um die Fallzahlen nachhaltig zu senken. Andererseits sei zentral, dass man den betroffenen Branchen und Personen schnell und unkompliziert mit Entschädigungen helfe.
Weiter sei aus Sicht der Taskforce bedeutsam, dass möglichst schnell möglichst viele Menschen geimpft werden. «Jeder Tag bringt sehr viel: man rettet Menschenleben und verhindert wirtschaftliche Schäden.» Ackermann sagte weiter, die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, scheine in der Bevölkerung zuzunehmen. «Erschöpfung und Müdigkeit angesichts der andauernden Krise führen eventuell zur Einschätzung, dass die Impfung eine Lösung und ein Ausweg ist.»
BAG meldet 4808 neue Corona-Fälle und weitere 65 Todesfälle
Dem Bundesamt für Gesundheit wurden in den letzten 24 Stunden aus der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein 4808 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Bei 31’709 Tests ergibt sich eine Positivitätsrate von 15,2 Prozent. Das BAG vermeldet zudem 65 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. 220 zusätzliche Personen wurden hospitalisiert.
Wie das BAG auf Anfrage mitteilte, wurden in der Schweiz bis am Mittwochmorgen insgesamt 37 Fälle der mutierten Coronaviren nachgewiesen. 34 der Fälle betrafen die Variante aus Grossbritannien, drei die Mutation aus Südafrika. Am Dienstag hatte das BAG noch über 28 bestätigte Fälle des britischen Virus› in sieben Kantonen berichtet.
Niederlande neu auf Quarantäneliste
Die Schweiz hat am Mittwoch wiederum ihre Quarantäneliste angepasst. Ab 15. Januar müssen Personen aus 19 Ländern oder Gebieten – darunter die Niederlande und erneut Tschechien – nach der Einreise in Quarantäne. Neu auf der Liste steht ab 15. Januar auch das EU-Land Dänemark. In Daneben sind in Europa Grossbritannien, Schweden, Litauen, Luxemburg, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro, San Marino, Andorra und Georgien aufgeführt. (awp/mc/pg)