Stadler Rail will nach Bremsung durch Corona wieder Gas geben
Bussnang – Die Coronakrise hat den Zughersteller Stadler Rail im vergangenen Jahr zeitweise heftig gebremst. Einen Teil des Einbruchs aus den ersten sechs Monaten konnten die Ostschweizer im zweiten Halbjahr wettmachen. Und 2021 will der Konzern den Rückstand ganz aufholen.
Insgesamt erzielte Stadler einen Umsatz von 3,08 Milliarden Franken, wie der Bahnhersteller am Donnerstag in einem Communiqué bekannt gab. Das sind lediglich 4 Prozent weniger als der Rekordumsatz des Vorjahres.
Damit hat Stadler in den vergangenen Monaten wieder aufgeholt, nachdem die Ostschweizer im ersten Semester einen Umsatzknick von um 16 Prozent erlitten. Der Betriebsgewinn (EBIT) war gar um 90 Prozent abgestürzt.
Im ersten Halbjahr war es aufgrund der Pandemie zu Unterbrüchen in den Lieferketten gekommen. Zudem waren aufgrund behördlicher Vorgaben einzelne Werke entweder temporär geschlossen oder mussten vorübergehend ihre Produktionskapazität reduzieren. Zudem waren die Reisen der Mitarbeiter eingeschränkt, was die Zulassungen und Fahrzeugabnahmen behinderte.
Teststrecken habe man ebenfalls zeitweise nicht nutzen können, sagte Stadler-Patron Peter Spuhler in einer Telefonkonferenz. Dies hatte zur Folge, dass sich Umsätze verschoben und Schlussrechnungen nicht gestellt werden konnten. Zudem schlug die Ausdünnung der ÖV-Fahrpläne auf die Einnahmen im Servicegeschäft, die von den gefahrenen Kilometern abhängen. Die Fahrleistung sei um bis zu 90 Prozent gesunken.
Leichte Normalisierung
«Die negativen Auswirkungen der Coronakrise aus dem ersten Halbjahr 2020 haben sich im zweiten Semester leicht normalisiert» schrieb Stadler. Insgesamt erzielte der Konzern im Geschäftsjahr 2020 einen operativen Gewinn von 156,1 Millionen Franken. Das ist noch ein Rückgang von 19 Prozent.
Unter dem Strich konnte Stadler indes den Reingewinn um 8 Prozent auf 138,4 Millionen Franken steigern. Grund dafür ist ein viel besseres Finanzergebnis.
Im laufenden Jahr will der Konzern den Rückstand ganz wettmachen. «Ich gehe mal davon aus, dass wir 2021 über 500 Züge, Trams und Loks ausliefern werden», sagte Spuhler, ohne eine genaue Zahl nennen zu können.
Denn gewichtige Aufträge wurden verschoben. Die vor zwei Tagen bekannt gegebene Milliarden-Bestellung der spanischen Staatsbahn Renfe für 59 Hochkapazitäts-Nahverkehrszüge hätte eigentlich schon 2020 erfolgen sollen.
Spuhler verzichtet auf Lohn als Konzernchef
Auch aus der Schweiz soll Schub kommen. Stadler Rail mache bei der Ausschreibung der SBB für 510 einstöckige S-Bahnzüge mit, die die alten Flirts ersetzen sollen. Bis Ende April müsse man ein Gebot einreichen. «Das ist mit Abstand der grösste Auftrag, der in der Schweiz vergeben wird», sagte Spuhler, ohne das Auftragsvolumen beziffern zu wollen.
Im vergangenen Mai hatten die SBB sowie die Regionalbahnen Thurbo und Regionalps einen Auftrag für 194 einstöckige S-Bahn-Triebzüge ausgeschrieben. Damals rechneten die Bahnunternehmen mit einem Bestellvolumen von maximal 1,5 Milliarden Franken. Hinzu kommen Optionen für 316 Fahrzeuge.
Im Jahr 2021 peilt Stadler einen Umsatz von 3,5 bis 3,8 Milliarden Franken an. Der Auftragseingang soll rund 4 bis 5 Milliarden Franken erreichen.
Auf die Frage, wie lange er noch das Doppelmandat von Verwaltungsratspräsident und Konzernchef wahrnehmen werde, sagte Spuhler: Während der Coronaturbulenzen «kann ich nicht davonlaufen.» Der Stadler-Patron hat vergangenes Jahr auf seinen Lohn als interimistischer Konzernchef verzichtet und will das auch dieses Jahr tun. (awp/mc/ps)