Ökonomen von «SNB Observatory» schlagen veränderte SNB-Gewinnausschüttung vor
Zürich – Die Gruppe «SNB Observatory» hat die Gewinnverteilung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kritisch unter die Lupe genommen. Die Ökonomen sehen die derzeitige Praxis als nicht ausgeglichen und schlagen daher Veränderungen in der aktuellen Praxis vor.
Die drei Ökonomen haben am Mittwoch ihre Empfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu ihnen gehören Yvan Lengwiler, Professor an der Uni Basel, Charles Wyplosz, emeritierter Professor aus Genf, und Stefan Gerlach, Chefökonomen der Privatbank EFG und früher stellvertretender Gouverneur der Zentralbank von Irland.
Sie fordern in einem Papier, das auf ihrer Homepage aufgeschaltet ist, einen veränderten Umgang mit der Ausschüttungs- und Währungsreserve der Notenbank, da sie ihrer Meinung nach zu viel ihres Gewinns in den eigenen Büchern behalte.
6 Mrd Franken in diesem Jahr
Nachdem die SNB im Jahr 2020 noch 4 Milliarden Franken an Gewinnen ausgeschüttet hat, sind es in diesem Jahr 6 Milliarden. Doch während die SNB-Gewinne im letzten Jahrzehnt stark gestiegen seien, sei der Anteil, der an den Bund und die Kantone ausgeschüttet werde, zurückgegangen, monieren die drei Experten. Der grösste Teil sei bei der SNB verblieben.
Laut «SNB Observatory» hat sie in den letzten zehn Jahren nur ein Drittel des erwirtschafteten Gewinns ausgeschüttet und den Rest als Eigenkapital einbehalten. Zwar sei eine starke Kapitalbasis für eine Zentralbank angemessen, allerdings müsse es einen Kompromiss geben zwischen der Stärkung des Kapitals und der Ausschüttung von Gewinnen.
Immerhin erlaube die Gewinnausschüttung den Kantonen und dem Bund, öffentliche Projekte zu finanzieren, ohne auf eine verzerrende Besteuerung zurückzugreifen. «Der Gewinn der SNB gehört dem Volk, und es sollte so viel wie möglich davon ausgeschüttet werden», heisst es in dem Papier.
Nutzung der Währungsreserven anpassen
Insgesamt machen die drei Ökonomen drei konkrete Vorschläge. Gleich zwei richten sich an den Umgang mit den Währungsreserven, die die SNB jährlich unabhängig vom Geschäftsergebnis auffüllt. So sollen sie zur Deckung von Verlusten verwendet werden, wenn diese auftreten, fordert das «SNB Observatory». Andernfalls sollen die Rückstellungen mit Gewinnen der Folgejahre aufgefüllt werden.
Als zweiten Punkt schlagen die Experten vor, etwas an der Höhe der Rückstellungen zu ändern. Sie monieren, dass nicht klar sei, ob es überhaupt eine Obergrenze für den Puffer gebe. Kurz gefasst fordern sie: Wachsen die Investitionen, müssen auch die Rückstellungen steigen. Schrumpfen dagegen die Auslandsinvestitionen, sollten auch die Rückstellungen reduziert werden.
Der dritte Vorschlag richtet sich an die Ausschüttungsreserven. «Sie sind viel grösser als erforderlich und haben dazu geführt, dass die jährlichen Gewinnausschüttungen in der Vergangenheit zu gering ausgefallen sind», so die Experten. Als Alternative schlagen sie ein Vorgehen à la schwedischer Riksbank vor, bei dem ein Fünfjahresdurchschnitt als Basis für die Gewinnausschüttung dient.
Fehlende Transparenz
Es ist vor allem die fehlende Transparenz, die die drei Ökonomen der SNB im Umgang mit ihrer Gewinnausschüttung vorwerfen. Es sei wichtig, eine öffentliche Diskussion über dieses Thema anzustossen, betonten sie während einer Telefonkonferenz mit Journalisten. «Es fällt uns schwer, die Logik hinter der aktuellen Verteilungspolitik zu erkennen», gibt Wyplosz zu.
Mit Blick auf die verschiedenen Vorschläge zur Verwendung der SNB-Gewinne sagt der Experte allerdings auch, dass viele von ihnen unbrauchbar seien, weil nicht zu Ende gedacht. «Tatsache ist, dass die SNB im Vergleich zur Grösse der Schweiz mit die grössten Gewinne einfährt, bei der Verteilung aber zu den geizigsten gehört,» fasst es Lengwiler zusammen. (awp/mc/pg)