Fallzahlen befeuern Überlegungen zu Ausdehnung von Covid-Zertifikat
Bern – Die Corona-Fallzahlen steigen in der Schweiz weiter an. Am Montag hat das Bundesamt für Gesundheit 1560 neue Ansteckungen seit Freitag gemeldet. Vor einer Woche war es noch fast die Hälfte. Dies stösst Überlegungen dazu an, wie eine Ausbreitung des Virus ohne einschränkende Massnahmen verhindert werden kann.
Eine dieser Überlegungen kam am Montag von Christoph Berger, Präsident der eidgenössischen Impfkommission. Er könne sich vorstellen, dass das Covid-Zertifikat für Geimpfte, Genesene und Getestete nicht mehr nur bei Grossveranstaltungen, sondern auch bei kleineren Veranstaltungen vorgewiesen werden muss, wenn die Zahlen «entsprechend hoch bleiben», sagte Christoph Berger am Montag im Schweizer Radio SRF.
Ungeimpfte müssten sich dann häufiger testen lassen, wenn sie etwa an kleineren Veranstaltungen teilnehmen wollen. Für die Ungeimpften kann dies aufwändig und teuer werden. Er sehe die Massnahme aber eher als Erleichterung für Geimpfte und nicht als Nachteil für Ungeimpfte, sagte Berger. Man könne das Zertifikat auch in Betrieben einsetzen und so das repetitive Testen ersetzen.
Auch an der Spitze des Bundesamts für Gesundheit wurden solche Überlegungen bereits laut. Sollte sich die Lage zuspitzen, wäre laut Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG), eine Ausweitung des Zertifikats etwa auch auf Restaurants-Besuche möglich. «Das wäre auf jeden Fall besser als erneute Schliessungen», sagte sie in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
«Diese Pandemie macht uns eine Einschränkung der Freiheiten und die Impfung ist ein Mittel, dass wir möglichst wenig andere Massnahmen brauchen», sagte Berger am Montag. Man müsse das in diesem Zusammenhang sehen. Wenn viele Menschen zur Impfung gingen, bräuchte es diese Überlegungen nicht mehr, sagte er.
Kuchen für Geimpfte, Impfung für Spontane
Um das Impfen populärer zu machen, lud das BAG am Montag zu einem Kuchenessen vor dem Bundeshaus ein. Spontane konnten sich vor Ort in einem Impftruck impfen lassen. Angeschnitten wurde der rosa Kuchen in Dreiviertel-Form von Virginie Masserey, Leiterin Infektionskontrolle beim BAG, Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, Pierre-Alain Schnegg, Gesundheitsdirektor des Kantons Bern und Gregor Kaczala, Impfchef des Kanton Bern.
Die Dreiviertel-Form des Kuchens symbolisiert die rund zwei Drittel der Bevölkerung ab 16 Jahren, die mindestens eine Impfung erhalten haben. 43,27 Prozent sind bereits vollständig geimpft, wie den Zahlen des BAG entnommen werden konnte. Damit sei das BAG zufrieden, sagte Mathys, trotzdem müsse die Zahl noch weiter steigen. Die ruhigere Ferienzeit sei ein guter Zeitpunkt, um sich einen Impftermin zu sichern. Mit dem Truck habe man eine niederschwellige Möglichkeit bieten wollen.
Die Verantwortlichen sind zufrieden mit der Aktion. Vor Ort hatten sich zwischen 10 Uhr und 16 Uhr 180 Personen impfen lassen, wie Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation der Berner Gesundheitsdirektion, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Das sei ein Erfolg. Bereits um 9 Uhr seien die ersten Impfwilligen bereitgestanden.
Mehr Datenschutz beim Zertifikat «light»
Die Corona-Ansteckungen scheinen sich weiter innert Wochenfrist zu verdoppeln. Am Montag meldete das BAG innerhalb von 72 Stunden 1560 neue Coronavirus-Ansteckungen, vier neue Todesfälle und 29 Spitaleinweisungen. Am Montag vor einer Woche waren 822 neue Ansteckungen, zwei neue Todesfälle und acht Spitaleinweisungen.
Mit einem Anteil von 77,6 Prozent aller neuen Ansteckungen ist die Delta-Variante weiterhin die dominante Virus-Mutation und gewinnt weiter an Boden (Vorwoche: 70,9 Prozent). Diese Variante ist extrem schnell übertragbar und trifft vor allem die Ungeimpften, sagte etwa Impfkommissionschef Berger dazu.
Insgesamt wurden bislang 4’476’487 Zertifikate für vollständig Geimpfte ausgestellt. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb) empfiehlt der Bevölkerung, künftig bei Veranstaltungen das «Covid-Zertifikat Light» zu verwenden. Dieses kann mit der neusten Version der Zertifikats-App generiert werden.
Es enthält keine Gesundheitsdaten, sondern lediglich jene Angaben, die zur Identifikation notwendig sind und eine elektronische Signatur enthalten. Dadurch könne das Risiko eliminiert werden, dass Gesundheitsdaten wie etwa der verwendete Impfstoff unberechtigerweise ausgelesen werden.
Armeeangehörige dürfen in Ausgang
Gute Neuigkeiten gab es am Montag für die Rekrutinnen und Rekruten und die Armeekader. Diese dürfen ab dieser Woche trotz der steigenden Fallzahlen wieder einmal pro Woche in den Ausgang «ins zivile Umfeld», auch die Ungeimpften, wie die Armee mitteilte. Auch der Wochenendurlaub wird wieder gewährt. 45 Prozent der Rekrutinnen, Rekruten und Kader der Sommer-RS hätten das freiwillige Angebot für eine Corona-Impfung angenommen, hiess es weiter. Ein weiteres Viertel habe sich schon vorher impfen lassen. (awp/mc/ps)