Japans Regierungschef Suga vor dem Aus

Japans Regierungschef Suga vor dem Aus
Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga.

Tokio – Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga wirft nach monatelanger Kritik an seinem Umgang mit der Corona-Pandemie das Handtuch. Suga erklärte am Freitag überraschend, dass er bei der Ende dieses Monats geplanten Neuwahl des Parteivorsitzes seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) nicht kandidieren werde. Dies dürfte zugleich auch das Ende seiner Amtszeit als Regierungschef des Landes bedeuten – denn wegen der Parlamentsmehrheit der LDP übernimmt der Parteivorsitzende gewöhnlich auch das Amt des Ministerpräsidenten.

Er wolle sich auf die Eindämmung der Corona-Pandemie konzentrieren, erklärte Suga. Die Nachricht von seinem Rückzug schlug in Japans politischem Machtzentrum wie eine Bombe ein. An der Börse in Tokio sorgte sie für steigende Kurse, der Nikkei-225-Index zog deutlich an.

Kishida in den Startlöchern
Ex-Aussenminister Fumio Kishida (64) hat bereits angekündigt, für das Amt des Parteivorsitzenden – und damit de facto auch für die Nachfolge als Regierungschef – zu kandidieren. Er war bereits im vergangenen Jahr bei der Wahl zur Nachfolge des zurückgetretenen Partei- und Regierungschefs Shinzo Abe angetreten. Doch stattdessen hob die Partei Suga ins Amt. Der stets reserviert und ruhig auftretende Kishida hat zwar seine eigene innerparteiliche Machtgruppe und wird in der Partei gemocht, doch galt er trotz seiner Erfahrung als Top-Diplomat bisher nicht als starker Kandidat für die Parteispitze. Auch im Volk weckt er bislang keine grosse Begeisterung.

Weitere Kandidaten melden Interesse an
Neben ihm hat auch die stramm rechtskonservative Sanae Takaichi, die ebenfalls dem Kabinett von Abe angehörte, Interesse an einer Kandidatur fürs höchste Amt bekundet. Auch der Name des früheren Aussenministers und derzeit für die Corona-Impfkampagne zuständigen Taro Kono kursiert. Politische Beobachter in Japan rechnen damit, dass die LDP bei der möglicherweise im Oktober anstehenden Wahl zum mächtigen Unterhaus des Parlaments zwar Sitze einbüssen wird. Doch halten es viele Beobachter es angesichts der Zersplitterung des Oppositionslagers und der allgemeinen politischen Apathie bei den Wählern für unwahrscheinlich, dass sie die Mehrheit im Unterhaus zusammen mit ihrem kleineren Koalitionspartner Komeito einbüssen wird.

Kritik an Umgang mit der Corona-Pandemie
Der 72-Jährige Suga war erst vor einem Jahr als Nachfolger des plötzlich zurückgetretenen Abe ins Amt gekommen. Er hatte dem Rechtskonservativen jahrelange als rechte Hand in der Position des Regierungssprechers gedient. Als Japans ältester Premier seit rund 30 Jahren führt Suga offiziell Abes restliche Amtszeit als LDP-Vorsitzender – und damit als Regierungschef – zu Ende, die am 30. September endet. Zu Beginn hatte er noch hohe Zustimmungswerte um die 70 Prozent erzielt. Doch Sugas Umgang mit der Corona-Pandemie und die erst spät in Schwung gekommene Impfkampagne liessen seine Popularität im Volk stark absinken. Die Neuinfektionen stiegen zuletzt auf immer neue Höchststände, obwohl Suga den Notstand immer wieder verlängerte und ausweitete. Experten forderten ihn immer wieder zu stärkeren Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf, doch bisher vergeblich. (awp/mc/pg)

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