Wie werde ich in der Schweiz Verwaltungsrat / Verwaltungsrätin?
Zürich – In der Schweiz gibt es rund 120’000 Aktiengesellschaften, viele davon Klein- und Mittelbetriebe. Diese KMUs sind Teil des Rückgrats der Schweizer Firmenlandschaft. Selbstverständlich sind die grossen Firmen sowie die internationalen Grosskonzerne in unserer Wahrnehmung deutlich präsenter. Beim Thema «Wie werde ich Verwaltungsrat/Verwaltungsrätin» gelten andere Vorgehensstrategien als beispielsweise bei einer Bewerbung für eine Kaderposition. In diesem Artikel möchte ich mich auf die Verwaltungsratsmandate bei KMUs in der Schweiz beschränken.
Von André Schläppi, CEO Grass
Verdeckter Markt
Pro Jahr ergibt sich ein Bedarf von ca. 20.000 VR-Mandaten, welche neu zu besetzen sind. Der allergrösste Teil davon (Schätzungen von Experten gehen von 98% aus!) wird nie öffentlich ausgeschrieben. Davon ausgenommen sind z.B. typischerweise VR-Positionen im öffentlichen Bereich, wie etwa für kleinere Spitäler.
Wie gehe ich konkret vor, um VR zu werden?
Der VR ist, wie im Obligationenrecht (OR) festgehalten, das oberste Aufsichts- und Gestaltungsorgan einer Aktiengesellschaft. Im OR sind die Aufgaben und Pflichten eines VR detailliert aufgeführt. Vereinfacht gesagt, kann man diese Aufgaben in sechs Gruppen unterteilen: Governance (ganzheitliche VR Tätigkeit), Gesetzliche Vorgaben, Risk Management, Finanzen, Kommunikation sowie Personelles/HR (Zusammensetzung und Organisation des VR). In einem ersten Schritt geht es darum herauszufinden, welchen Mehrwert als VR ich potenziellen Zielfirmen bieten kann. Ich muss meinen «Brand» scharf herausschälen. Idealerweise bringt man dazu ein gerütteltes Mass an Erfahrungen in verschiedenen Funktionen oder Branchen mit. Hilfreich sind auch eine gewisse «KMU Kompatibilität» und vor allem auch unternehmerisches Denken.
Was kann ich wirklich gut?
In einer detaillierten VR Standortbestimmung geht es darum, den eigenen Mehrwert herauszufinden und mit den am Markt nachgefragten VR Skills abzugleichen. Typischerweise ist das immer eine Mischung aus Persönlichkeit und Fachkenntnissen. Basierend auf unserer Erfahrung mit VR-Persönlichkeiten und den Anforderungen des Marktes verwenden wir dazu bei Grass & Partner die verschiedensten Tools, auch unterstützt von psychometrischen Testverfahren. Gemäss unserer Bestplacement Devise: «Die richtige Person an der richtigen Stelle» geht es immer auch um die Frage, welche Aufgaben ich als zukünftiger potenzieller VR besonders gut und gerne erfolgreich erfüllen kann.
Welche Rolle kann ich im VR einnehmen?
Aus verschiedenen Studien (z.B. «Wege zu einem erfolgreichen VR» Kurzbefragung von 364 Führungspersönlichkeiten, 2019 Grass & Partner AG) wissen wir genau, welches die wichtigsten generischen Herausforderungen an einen VR sind. Dazu gehören Erfahrungen in folgenden
Bereichen:
- Change Management
- Marktdynamik (national/international)
- Digitalisierung
- Risk Management
- Project Management
- Produktinnovationen
- Gewinnen und Halten von Führungskräften
- Erschliessung von neuen Geschäftsfeldern
- Corporate Governance
Darüber hinaus stellt sich im Rahmen der Standortbestimmung die konkrete Frage, welche persönliche Rolle ich am besten in einem VR-Gremium aufgrund meiner Persönlichkeitsstruktur wahrnehmen kann:
- Bin ich stark in Veränderungsprozessen, kann ich eine neue Firmenstrategie um- und
- durchsetzen?
- Habe ich eine sehr hohe Strategieerarbeitungskompetenz?
- Kann ich ein VR-Gremium harmonisieren und mit Konzilianz in ruhige Gewässer führen?
- Wie ist mein Führungs- und Kommunikationsanspruch?
- Bin ich der Controller / die Controllerin?
- Habe ich eine hohe Affinität zu Corporate Governance?
- Habe ich Stärken für restriktive Strategievorhaben, z.B. Abbau/Umbau von
- Firmenstrukturen, Durchsetzen von Kostensenkungsprogrammen, etc.?
- Mag ich offensiv-innovative Strategievorhaben, z.B. Aufbau von neuen
- Produkten/Dienstleistungen oder Märkten?
- Bin ich die Person für eine projektmanagement-orientierte Firmenorganisation?
- Habe ich das «Gen» für Start-up’s ?
- Will ich mich als VR am Kapital des Unternehmens beteiligen (Aktionärin/Aktionär)?
Nach der gründlichen Analyse der eigenen persönlichen, kommunikativen, sozialen und strategischen Fähigkeiten hat man eine erste Basis. Dazu kommen weitere Skills und spezifisches Knowhow für dezidierte Branchen/Märkte und Erfahrungen in Wirtschaftssituationen wie Innovation, Wachstum, M&A, Konsolidierung, Turnaround, Sanierungen, etc. Diese Erfahrungen sollten idealerweise mit den Anforderungen der jeweiligen Zielgruppen (Familiengeführte Unternehmen, KMU, Grossbetriebe, Konzerne) übereinstimmen.
Fazit:
Basierend auf einer seriösen, optimal gecoachten und geführten VR Standortbestimmung wird in einem ersten Schritt ein State-of-the-art Bewerbungsdossier erstellt. Der Zielmarkt kann damit systematisch angegangen werden. Weitere Schritte umfassen dann die Vorgehensstrategie, diesen Mehrwert den entsprechenden Zielfirmen zu kommunizieren, resp. den verdeckten Stellenmarkt zu adressieren.