Bundesstrafgericht: Bulgarische Mafia soll CS «sorgfältig» ausgewählt haben
Bellinzona – Der Staatsanwalt des Bundes begann am Mittwoch vor dem Bundesstrafgericht mit seinem Plädoyer im Prozess gegen die Grossbank Credit Suisse und vier Mitangeklagte wegen mutmasslicher Geldwäscherei. Er betonte, ein bulgarischer Kokain-Schmugglerring habe die Bank «sorgfältig ausgewählt».
Der Bundesstaatsanwalt Luc Leimgruber eröffnete das Plädoyer mit einer heftigen Anklage gegen die Credit Suisse. Als die Bank 2004 Beziehungen zu dem Netzwerk aufgebaut habe, sei der Ruf von dessen Chef Evelin Banev bereits zweifelhaften gewesen. «Allein zwischen 2005 und 2006 wurden 18,8 Tonnen Kokain beschlagnahmt, bei einem Gewinn von 30 Millionen Dollar pro Tonne.» Ein schwerer Fall liege in der Schweiz gemäss Betäubungsmittelgesetz bereits ab 18 Gramm vor.
Die Ermittlungen der bulgarischen Justiz hätten ergaben, dass der Schmugglerring die Credit Suisse und eine österreichische Bank «sorgfältig ausgewählt» habe, sagte der Staatsanwalt. Diese Banken hatten bulgarische Mitarbeiter und seien dafür bekannt gewesen, die Herkunft der Gelder nicht zu kontrollieren.
«Über dem Gesetz»
«Die Credit Suisse scheint zu glauben – wie jüngste Fälle wieder zeigen – über dem Gesetz unseres Landes zu stehen», warf Luc Leimgruber der Bank vor. Die Leichtigkeit, mit der Konten eröffnet und eine Firma gegründet worden seien, um die Gelder der Bulgaren zu waschen und ins Ausland zu transferieren, sei «verblüffend».
Anschliessend ging der Staatsanwalt auf die Aktivitäten des Netzwerks in den Ländern Bulgarien, Spanien, Italien, Rumänien und die dort erfolgten Verurteilungen ein. Die Bundesanwaltschaft (BA) stützte sich nicht nur auf diese Verfahren, sondern auch auf die in der Schweiz durchgeführten Ermittlungen und die im Ausland durch Rechtshilfe erhaltenen Informationen.
«Keinerlei Reue»
Die Staatsanwältin Alice de Chambrier fuhr damit fort, dass die Credit Suisse und eine frühere, ebenfalls angeklagte Mitarbeiterin nicht nur Geldwäscherei betrieben, sondern auch die Arbeit der Justiz behindert hätten. «Heute leugnen sie das Offensichtliche und zeigen keinerlei Reue.»
Die Staatsanwältin zitierte die Aussage der Ex-Bankangestellten: «Wir sind keine Polizisten und müssen unseren Kunden vertrauen.» Dies sei bezeichnend für deren Geisteshaltung bei der Tätigkeit in der Bank gewesen.
Vor zweieinhalb Wochen wurde der Prozess gegen die Credit Suisse vor dem Bundesstrafgericht eröffnet. Neben der Bank und ihrer ehemaligen Mitarbeiterin stehen zwei Bulgaren und ein Schweizer Banker vor Gericht. Alle Angeklagten müssen sich wegen qualifizierter Geldwäscherei verantworten – einige von ihnen auch wegen Beteiligung an oder Unterstützung einer kriminellen Organisation. Die Credit Suisse und die Angeklagten wiesen die Vorwürfe zurück. Der Prozess dauert bis Ende Februar. (awp/mc/ps)