CH-Schluss: SMI von defensiven Schwergewichten gestützt
Zürich – Die Furcht vor einem Leitzinsschub hat die Anleger am Freitag in die Defensive getrieben. Der Schweizer Leitindex SMI schloss jedoch zum Wochenschluss nur leicht im Minus, wurde er doch eben von seinen defensiven Schwergewichten, allen voran Nestlé, gestützt. Der Markt stand auch vor dem Wochenende weiter unter dem Eindruck eines sich abzeichnenden grösseren Zinsanstiegs. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte am Vorabend über einen grossen Zinsschritt auf der nächsten Sitzung der Fed Anfang Mai gesprochen und damit die gute Marktstimmung kippen lassen.
Auch in Europa sind in den letzten Tagen angesichts der rekordhohen Inflation die Zinserhöhungserwartungen merklich gestiegen. Seitens der EZB mehren sich die Stimmen, die ein entschlossenes Vorgehen fordern und daher vermehrt Signale für einen Zinsschritt bereits im Sommer aussenden. «Dass die Zinsen steigen, ist an den Märkten keine Überraschung mehr. Aber anscheinend sorgen sich die Anleger, dass die Wirtschaft unter einer zu schnellen Straffung leiden dürfte», meinte ein Händler. Letztlich, so ergänzte ein Börsianer, sei es für die Notenbanken «ein Drahtseilakt», die grassierende Inflation nachhaltig zu bekämpfen, ohne dabei den Konjunkturmotor abzuwürgen.
Der SMI, der im frühen Handel bis auf 12’203 Zähler gesunken war, schloss schliesslich 0,35 Prozent tiefer auf 12’258,33 Punkten. Auf Wochensicht resultierte damit ein Minus von rund 1,7 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor am Freitag um 1,11 Prozent auf 1902,38 und der breite SPI um 0,49 Prozent auf 15’736,64 Zähler. 24 Verlierern standen im SLI fünf Gewinner gegenüber. Kühne+Nagel schlossen unverändert.
Im Fokus standen am Freitag die Blue Chip-Firmen Holcim und Schindler. Während die Börse bei Holcim (+3,7%) das besser als erwartet ausgefallene Ergebnis mit einem Kurssprung honorierte, gaben Schindler (-0,5%) nach. Holcim steigerte den Umsatz im ersten Quartal um 20 Prozent. Auch der Betriebsgewinn legte deutlich zu und fiel besser aus als erwartet.
Dagegen setzten dem Lifthersteller Schindler im ersten Quartal Lieferkettenprobleme, Kosteninflation sowie Lockdowns und ein Marktrückgang in China zu. Zwar kamen die Aufträge erneut zahlreicher herein, die Gewinnzahlen gingen aber zurück.
Starke Abschläge verzeichneten auch Wachstumswerte aus dem Technologiebereich wie Logitech (-6,4%), VAT (-4,0%) und Temenos (-3,8%), die aber am Vortag klar zugelegt hatten. Solche Titel litten bei steigenden Zinserwartungen stets mehr als andere Sektoren, hiess es am Markt. Bei Logitech kamen zudem negative Aussagen eines Konkurrenten als belastender Faktor hinzu. Auch die Medizintechnikaktien Sonova (-5,0%) und Straumann (-6,6%) standen deutlich unter Druck.
Zu den grösseren Verlierern zählten ausserdem die Luxusgüterwerte Richemont (-2,6%) und Swatch (-3,1%). Sie litten darunter, dass der Mitbewerber Kering enttäuschende Zahlen zum ersten Quartal veröffentlichte. Die Wachstumsabschwächung bei Gucci sei stärker als erwartet ausgefallen. Hier habe sich die hohe Bedeutung des chinesischen Marktes negativ ausgewirkt, hiess es.
Gewinnmitnahmen drückten ABB (-3,5%). Die Anteile des Elektrokonzerns waren am Vortag nach der Veröffentlichung des Quartalsberichts stark gestiegen. Auch die Grossbanken CS (-2,4%) und UBS (-1,6%) gaben nach. UBS und CS werden wie Roche kommende Woche den Quartalsbericht vorstellen.
Auf der anderen Seite fielen neben Holcim noch Nestlé (+1,9%) positiv auf. Der Nahrungsmittelriese hatte am Vortag ein starkes Quartalsergebnis vorgelegt. Der Kursgewinn von Nestlé bewahrte den SMI vor einem stärkeren Kursrückgang. Zu den Gewinnern zählten auch die beiden Pharmawerte Novartis (-0,2%) und Roche (+0,7%), deren Verluste den Markt in der zu Ende gehenden Woche belastet hatten.
Auf den hinteren Rängen stachen Schaffner (+3,2%) und Edisun (+3,0%) mit einem grösseren Plus, Medmix (-5,8%) und etwa Basilea (-5,0%) hingegen mit einem grösseren Minus heraus. (awp/mc/pg)