Moskau kündigt «praktische» Antwort im Kaliningrad-Streit mit EU an

Moskau kündigt «praktische» Antwort im Kaliningrad-Streit mit EU an
Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Moskau – Die russische Führung hat erneut die Transitbeschränkungen für die Moskau gehörende, aber zwischen den EU-Ländern Polen und Litauen liegende Ostsee-Exklave Kaliningrad kritisiert und mit «praktischen» Vergeltungsmassnahmen gedroht. Eine Antwort werde «nicht im diplomatischen, sondern im praktischen Bereich liegen», wenn die EU ihre Restriktionen nicht aufhebe, drohte die russische Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa am Mittwoch in einem Pressebriefing.

Auch der Kreml meldete sich nochmals zu Wort. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, die Transitbeschränkungen widersprächen «den grundlegenden Dokumenten» der Partnerschaft zwischen der EU und Russland. Das Partnerschaftsabkommen von 1994 sehe einen freien Transit von Waren vor, sagte er. Eine Reaktion werde vorbereitet, sagte er. Details zu möglichen Gegenmassnahmen und einem Zeitpunkt nannte er nicht.

Litauen hatte am Samstag den Transit von Waren, die auf der EU-Sanktionsliste stehen, über sein Territorium untersagt. Laut den Angaben des Kaliningrader Gouverneurs Anton Alichanow sind von den Beschränkungen 40 bis 50 Prozent des Transits zwischen Kernrussland und Kaliningrad betroffen. Unter anderem dürfen nun kein Zement, keine Baumaterialien oder Metalle mehr auf dem Landweg in die russische Ostseeregion gebracht werden. In Kaliningrad haben deswegen bereits Hamsterkäufe auf einzelne Warengruppen eingesetzt.

Präsident Gitanas Nauseda zeigte sich am Mittwoch auf russische Vergeltungsmassnahmen vorbereitet. Dazu gehöre ein Ausschluss Litauens aus dem gemeinsamen Stromnetz mit Russland, sagte Nauseda der Nachrichtenagentur Reuters. Mit einer militärischen Konfrontation mit Russland rechne er nicht, weil Litauen zur Nato gehöre.

20 Tote bei Angriff auf Charkiw
Nach wochenlanger relativer Ruhe im Grossraum Charkiw hat Russland wieder die Millionenstadt im Norden der Ukraine ins Visier genommen. Russische Truppen feuerten zahlreiche Raketen auf die Stadt und deren Umgebung. Dabei wurden nach ukrainischen Angaben mindestens 20 Menschen getötet und 16 verletzt. Die Regierung in Kiew äusserte den Verdacht, dass die Russen ukrainische Kräfte dort binden wollten, um sie von der Hauptschlacht im Donbass um die Stadt Sjewjerodonezk im Osten abzulenken.

Scholz: Unterstützen die Ukraine solange wie es nötig ist
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat der Ukraine im Kampf gegen Russland anhaltende deutsche und europäische Unterstützung zugesagt – auch mit Waffen. «Die Ukraine bekommt die Waffen, die sie in der jetzigen Phase des Krieges besonders braucht», sagte der SPD-Politiker in einer Regierungserklärung zu den anstehenden Gipfeltreffen der Europäischen Union, der G7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien und der Nato im Bundestag in Berlin.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj glaubt, dass alle 27 EU-Staaten den Kandidatenstatus der Ukraine unterstützen werden. In einem Videochat mit Studierenden der Munk School of Global Affairs&Public Policy in Toronto sagte er: «Es ist, als würden wir aus der Dunkelheit ins Licht treten».

Scholz will «Marshall-Plan» für den Wiederaufbau der Ukraine
In seiner Rede forderte Scholz auch einen «Marshall-Plan» für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine. Ihn habe bei seinem Besuch in Kiew in der vergangenen Woche manches an die Bilder deutscher Städte nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert, sagte er. «Und wie damals das kriegszerstörte Europa braucht heute auch die Ukraine einen Marshall-Plan für den Wiederaufbau.» Mit ihrem Marshall-Plan hatten die USA zwischen 1948 und 1952 Deutschland und anderen europäischen Staaten geholfen, nach sechs Jahren Krieg wieder auf die Beine zu kommen. Viele Milliarden US-Dollar wurden in den Wiederaufbau gesteckt.

Xi Jinping fordert Frieden in Ukraine und kritisiert indirekt den Westen
Chinas Präsident Xi Jinping hat vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs zur Wiederherstellung des Friedens aufgerufen. «Die Geschichte hat gezeigt, dass Hegemonie, Gruppenpolitik und Blockkonfrontationen weder Frieden noch Stabilität bringen, sondern Krieg und Konflikte», sagte Xi Jinping zur Eröffnung des Brics-Wirtschaftsforums. Der Ukrainekonflikt habe erneut einen «Alarm für die Menschheit» ausgelöst. Zwar nannte Xi Jinping den Westen und die Nato nicht namentlich, kritisierte sie jedoch indirekt: Staaten würden in Not geraten, «wenn sie blindes Vertrauen in ihre Stärke setzen, Militärbündnisse erweitern und ihre eigene Sicherheit auf Kosten anderer suchen». (mc/pg)

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