Raketen treffen Kiew – G7 betonen Einigkeit

Raketen treffen Kiew – G7 betonen Einigkeit
Wiederaufbau in der Ukraine mit eingefrorenen russischen Zentralbank-Reserven?

Kiew – Erstmals seit drei Wochen ist die ukrainische Hauptstadt Kiew von der russischen Armee wieder mit Raketen beschossen worden. Nach massiven Raketenangriffen in vielen anderen Regionen gab es am Sonntagmorgen auch in der Millionenmetropole mehrere Explosionen. Getroffen wurden auch ein neunstöckiges Wohnhaus und das Gelände eines Kindergartens. Die Behörden meldeten mindestens einen Toten sowie Verletzte. Zuvor war es Russland nach wochenlangem Kampf schon gelungen, die Grossstadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine unter Kontrolle zu bringen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach nach vier Monaten Krieg in einer Videobotschaft von einer moralisch und emotional schwierigen Phase. Vom Westen forderte er zum Auftakt des G7-Gipfels in Bayern abermals mehr Militärhilfe. Auf Schloss Elmau beraten die Staats- und Regierungschefs von sieben grossen Industrienationen (G7) nun über ihren weiteren Kurs. So soll ein Importverbot für russisches Gold verhängt werden, das bisher Dutzende Milliarden Dollar an Einnahmen bringt.

Ein gutes Dutzend Raketen Richtung Kiew
Am Sonntagmorgen schossen die Russen nach ukrainischen Angaben insgesamt 14 Raketen auf Kiew und Umgebung ab. Zuletzt hatte es Anfang Juni ähnliche Attacken gegeben. In dem getroffenen Hochhaus wurden nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko ein Mann getötet und mindestens vier Menschen verletzt. In der «Bild»-Zeitung warf er Russlands Präsident Wladimir Putin vor, gezielt zivile Ziele angreifen zu lassen. «Es sieht danach aus, dass Russland bewusst den Start von G7 auf perfide Weise für einen Raketenschlag nutzen wollte.» Aussenminister Dmytro Kuleba forderte angesichts der neuen Angriffe auf Kiew von den G7 schnell zusätzliche Waffen.

Russland konzentriert seine Bodenoffensive seit längerem auf die Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine. Nach dem Rückzug der ukrainischen Armee aus Sjewjerodonezk, dem Verwaltungszentrum von Luhansk, steht das Gebiet grösstenteils unter russischer Kontrolle. In der Nachbarstadt Lyssytschansk stehen die Russen bereits in den Aussenbezirken. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu besuchte kämpfende Einheiten – wo genau, wurde nicht mitgeteilt.

Ukraine will alle Städte zurückerobern
Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte an, alle von Russland eingenommenen Städte zurückerobern zu wollen. Zu den teils schleppenden Waffenlieferungen aus dem Westen sagte er, die Waffen dürften «nicht länger auf Trainingsplätzen oder in Lagerhallen liegen». Allein am Samstag sei die Ukraine innerhalb eines halben Tages von 45 russischen Raketen getroffen worden sei. «Das bestätigt, dass die Sanktionspakete gegen Russland nicht genug sind.» An diesem Montag soll Selenskyj per Video zum G7-Treffen zugeschaltet werden.

Kanzler Scholz schrieb nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden: «Wir sind geeint, wir stehen zusammen. Das ist unsere klare Botschaft an Präsident Putin.» Biden sagte, Putin habe damit gerechnet, die G7 und die Nato spalten zu können. Das sei und werde nicht geschehen. Zuvor hatte Russland die Lieferung von Raketensystemen vom Typ Iskander-M ins Nachbarland Belarus angekündigt. Diese können auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden. Medien zufolge haben sie eine Reichweite bis zu 500 Kilometern.

Debatte über Preisobergrenze für russisches Öl
Zurückhaltend bewertet die EU neue US-Vorschläge zur Durchsetzung einer Preisobergrenze für russisches Öl. «Wir wollen einen Feinschliff», sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Es brauche eine klare Vorstellung über die direkten Auswirkungen und mögliche Nebenwirkungen. Die USA wollen Russland dazu zu zwingen, Öl für einen deutlich niedrigeren Preis an grosse Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Dies könnte funktionieren, indem der Westen Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung des Preisdeckels knüpft.

Nukleares Forschungszentrum in Charkiw unter Beschuss
Im Osten der Ukraine geriet erneut die nukleare Forschungseinrichtung «Neutronenquelle» in Charkiw unter Beschuss. Dabei seien Gebäude und Infrastruktur wie Lüftungskanäle beschädigt worden, teilte die Nuklearaufsichtsbehörde mit. Der Teil der Anlage, wo der Kernbrennstoff gelagert wird, wurde nicht erwähnt. Es sei keine erhöhte Strahlung festgestellt worden. Die Ukraine machte Russland verantwortlich. (awp/mc/pg)

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