Richemont stellt sich gegen Zuwahl des Bluebell-Kandidaten
Genf – Der Verwaltungsrat des Uhren- und Schmuckkonzerns Richemont will keinen Vertreter des aktivistischen Investors Bluebell Capital in das Gremium aufnehmen. Nach sorgfältiger Abwägung werde den Aktionärinnen und Aktionären empfohlen, an der Generalversammlung vom 7. September gegen die Zuwahl des von Bluebell vorgeschlagenen Kandidaten zu stimmen, heisst es in der am Montag publizierten Einladung.
Das bedeutet, dass sich Richemont gegen den von Bluebell jüngst vorgeschlagenen Verwaltungsratskandidaten und langjährigen Chef der italienischen Luxusmarke Bulgari, Francesco Trapani, stellt. Zu den Gründen hat sich Verwaltungsratspräsident Johann Rupert am Montagnachmittag in einem Interview mit der Zeitung «Finanz und Wirtschaft» geäussert.
Rupert erteilt Anliegen Absage
In einem Interview mit dem Finanzmedium bekräftigte Rupert die Entscheidung des Aufsichtsgremiums, das Ersinnen Bluebells abzulehnen. Seiner Ansicht nach gehe es Bluebell nur darum, «mit wenige Geld Visibiliät zu erzielen». Die Unternehmensführung oder die Leistung des Unternehmens spiele für Bluebell keine Rolle. Ausserdem betonte er, dass er sich nicht erpressen lassen werde.
Auch der Forderung die Kapitalstruktur von Richemont zu ändern, erteilte er im Interview eine Absage. Hierzu gebe es weder aus rechtlicher noch moralischer Sicht einen Grund. Mit der Ausnahme von Dividenden habe seine Compagnie Financière Rupert keine zusätzlichen Einnahmen erhalten. Jeder Aktionär würde also gleich behandelt.
Bei der Schaffung der Holdinggesellschaft hätten zudem alle Aktionäre für die unterschiedlichen Stimmrechte gestimmt. Dies ermöglicht es Richemont laut Rupert mittel- und langfristig zu planen. Zudem sei es ein Schutz vor sogenannten Raidern (Räubern), die das Unternehmen zerstören könnten. Alle erfolgreichen Luxusgüterunternehmen seinen ausserdem familienkontrolliert.
Kampfwahl zwischen Luhabe und Trapani
Der Konzern schlägt daher Wendy Luhabe als Vertreterin der Inhaber von Aktien der Klasse A im Verwaltungsrat vor. Sie sitzt bereits seit 2020 im Verwaltungsrat. Damit zeichnet sich zwischen Luhabe und Trapani eine Kampfwahl ab, die ausschliesslich unter den A-Aktionären ausgefochten wird. Das über die B-Aktien abgesicherte Stimmengewicht der Familie um Präsident Johann Rupert kommt in dieser Wahl nicht zum Tragen.
Das Aktienkapital von Richemont besteht aus 522 Millionen Namenaktien der Klasse A mit einem Nennwert von 1 Franken sowie 522 Millionen Namenaktien der Klasse B mit einem Nennwert von 0,10 Franken. Ruperts Familienholding hält die B-Aktienanteile und damit verbunden 10 Prozent des gesamten Aktienkapitals. Bei einem Stimmrecht von 1:1 kontrolliert Rupert dadurch rund 50 Prozent der Stimmen.
Gegen Statutenänderungen
Auch den weiteren Anträgen von Bluebell zu Statutenänderungen erteilt der Richemont-Verwaltungsrat um Johann Rupert eine Absage. Diese zielen darauf ab, mit zusätzlichen Vertretern der A-Aktionäre im Verwaltungsrat den Einfluss der Gründerfamilie als Halterin der Aktien der Klasse B zu schmälern.
Bluebell hält an Trapani als Kandidaten fest und lehnt Luhabe als A-Vertreterin ab. Schliesslich werde sie von dem von den B-Aktionären dominierten Gremium vorgeschlagen und sei heute sogar Teil davon, kritisierte Bluebell-Partner Giuseppe Bivona das Vorgehen von Richemont im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Das Vorgehen von Richemont sei Beweis dafür, wie wichtig die Wahl eines unabhängigen Vertreters wie Trapani sei, fuhr Bivona fort. Als grossen Fortschritt bezeichnet er indes die Möglichkeit, dass die A-Aktionäre eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Verwaltungsrat wählen dürfen. Wieviel Bluebell an Richemont hält, ist nicht bekannt. (awp/mc/pg)