SGKB Investment views: Der Franken ist im Aufwind, aber nicht im Tornado

SGKB Investment views: Der Franken ist im Aufwind, aber nicht im Tornado
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank

St. Gallen – Die Franken ist seit Mitte Juni handelsgewichtet 7% teurer geworden. Der Grossteil der Aufwertung ist auf die Schwäche des Euro zurückzuführen, der in dieser Zeit von 1.04 Franken auf 96 Rappen gesunken ist und sich auch zum US-Dollar der Parität nähert. Das Argument, dass die Schweizer Wirtschaft mit dem starken Franken umgehen kann, weil sie vom Inflationsvorteil gegenüber der Eurozone profitiert, greift bei einer Devisenbewegung in dieser Höhe nicht mehr. Dennoch sind die Reaktionen aus der Wirtschaft bisher ruhig ausgefallen.

Der aktuelle Anstieg des Frankens ist im historischen Vergleich nicht aussergewöhnlich. Nachdem die SNB während zehn Jahren den Frankenkurs gesteuert und stabilisiert hat, sind wir uns solche Bewegungen aber nicht mehr gewohnt. Nach der Finanzkrise 2008 ist der Franken bis 2011 handelsgewichtet 60% teurer geworden. Der Eurokurs ist in dieser Zeit von 1.70 auf 1.05 gesunken. Allein in den vier Monaten von April bis August 2011 fiel der Euro um 20%, was die SNB zur Einführung des Euromindestkurses von 1.20 verleitet hat. Nach der Aufhebung desselben im Januar 2015 ist der Franken innert Sekunden 15% teurer geworden und hat sich auf dem höheren Niveau auf längere Dauer eingependelt. Dagegen ist die Aufwertung der letzten Wochen ein Lüftchen.

Die wichtige Frage ist, wie es mit dem Franken weitergeht
Den US-Dollar können wir schnell abhaken. Der wird sich je nach Veränderung der Fed-Erwartung nach oben oder unten bewegen, aber grundsätzlich in einem engen Band pendeln. Beim Euro wird es schwieriger, da der Haupttreiber das mangelnde Vertrauen in die Eurozone ist. Die anstehenden Zinserhöhungen der EZB können der Einheitswährung kurzfristig etwas Rückenwind verleihen. Die Schuldenprobleme Italiens werden vor und nach den Wahlen Ende September aber ein Thema bleiben und den Euro belasten. Die Bereitschaft der EZB, bei Bedarf italienische Anleihen in unbegrenztem Ausmass zu kaufen, ist das Eingeständnis, dass das Konstrukt der Eurozone instabil ist, solange die strukturellen Unterschiede zwischen den Euroländern so gross sind. Nachdem der CHF/EURKurs in den letzten Wochen so schnell und so stark gefallen ist, würde eine Gegenreaktion nicht überraschen. Mittel- und langfristig wird der Euro aber immer wieder unter Druck geraten und im Trend gegenüber dem Franken an Wert verlieren. Die offene Frage ist dabei, wie die SNB reagieren wird. Solange die Inflation in der Schweiz so hoch ist wie jetzt und solange die Aufwertung des Frankens geordnet und in einem überschaubaren Rahmen stattfindet, wird sie das zulassen. Wo die SNB die Grenze zum Eingreifen sieht, wissen wir nicht.

Die Unternehmen haben bisher ruhig reagiert
Die Auftragslage ist bei den meisten noch gut. Zudem sind Lieferkettenprobleme und Personalmangel momentan die grösseren Probleme. Bei den neuen Aufträgen zeigt sich aber eine Verlangsamung, was der Frage der Wettbewerbsfähigkeit ein stärkeres Gewicht geben wird. Mit der Aufhebung des Euromindestkurses wurde den Unternehmen in Erinnerung gerufen, dass sie das Management der Währungsrisiken nicht der SNB überlassen können. Sie haben seither ihr Währungsmanagement ausge-baut und sich so gut es geht abgesichert, sei es über das währungsmässige Matching von Kosten und Erträgen oder über Währungsabsicherungen. Diese Absicherungen werden in den nächsten Monaten auslaufen. Sollte der Eurokurs im Herbst, Winter und Frühling auf dem aktuellen Niveau oder noch tiefer sein, wird die Aufwertung des Frankens durchschlagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht, ist hoch. Dann wird der Ruf der Wirtschaft lauter werden. (SGKB/mc/ps)

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