Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Freiheit für Spione?
Von Robert Jakob
Keine Pauschalurteile bitte: Es gibt nicht «die Russen», verallgemeinernd. Aber es gibt den russischen Staat. Und der stellt Reisedokumente aus.
Immer mehr Länder setzen Grenzen der Reisefreiheit und schränken die Vergabe von Schengen-Visa an Russen ein. Dazu gehören sämtliche baltischen Staaten und Tschechien. Finnland will ab September folgen, und Polen erwägt eine ähnliche Regelung. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und möchte, wenn nicht bald was kommt, ebenfalls handeln. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz und der Grünen-Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour sind dagegen. Man will keine Kollektivstrafe. Olaf Scholz meint richtigerweise: «Es ist nicht der Krieg des russischen Volks, es ist Putins Krieg.»
Man kann auch die Position der finnischen Premierministerin Sanna Marin verstehen, die wörtlich sagt: “It’s not right that at the same time as Russia is waging an aggressive, brutal war of aggression in Europe, Russians can live a normal life, travel in Europe, be tourists. It’s not right. (Ich finde es nicht richtig, dass russische Bürger als Touristen in die EU, den Schengen-Raum einreisen und Sightseeing machen können, während Russland Menschen in der Ukraine tötet).” Die Regionalregierung der russischen Enklave Kaliningrad, und jetzt wird’s besonders schräg, vergleicht die Visa-Blockade gar mit Völkermord.
Wer nur den russischen Pass hat, soll durchaus mit schweren Einschränkungen leben. Zwischen den Positionen von Olaf Scholz und Sanna Marin und ihrer estnischen Amtskollegin Kaja Kallas klaffen tiefe Spalten. Dabei sollte doch gerade Deutschland nach dem Auftragsmord im Kleinen Tiergarten und den zahllosen Spionageaktivitäten der russischen Botschaftsmitarbeiter sensibilisiert sein. Auch in der Schweiz sind russische Hacker und Spione aktiv. Genau hier kann eine strenge Einreisepolitik schon mal das Gröbste verhindern. Wer den todkranken Opa im Ausland besuchen oder sich selbst in einer Spezialklinik behandeln lassen muss, soll das dürfen. Wer mit einem russischen Pass unbedingt in den Schengen-Raum will, soll das begründen und kann für seine Reise bei den Behörden seines Gastlandes einen Ausnahmeantrag stellen. Das darf ruhig einen hohen zweistelligen oder tiefen dreistelligen Betrag kosten. Denn es gilt das Verursacherprinzip. Putins Privatvergnügen hat die Weltgemeinschaft bereits über 5 Billionen Dollar gekostet.
Verschärfung der Visumpflicht nutzen
Die verschärfte Visumpflicht wäre ein Hindernis für alle Russen, aber kein Verbot. Visa waren zu Zeiten des Warschauer Paktes Geldquellen und Kontrollinstrumente in einem. Ich musste bei meinen Reisen in den Osten zu jener Zeit als armer Student ordentlich Ländereintrittsgebühren zahlen. Eine Gefahrenquelle war ich nie. Mich dürstete nach Bildungsreise hinter dem Eisernen Vorhang. Heute sieht das oft anders aus. Seit dem Angriffskrieg haben die russischen Spionageaktivitäten, wen wundert’s, merklich zugenommen. Dabei geht es immer mehr um Wirtschaftsspionage. Denn sowohl bei den Angreifern, als auch bei den Verteidigern sind die Geldmittel nicht unendlich, denn Sanktionen schädigen immer die Wirtschaft, und zwar auf beiden Seiten.
Plappermäuler hat es zu viele
Die russischen Geheimdienste arbeiten im Hintergrund an einem vollständigen Bild der politischen und wirtschaftlichen Lage und möglicher künftiger Entwicklungen in den infiltrierten westlichen Ländern. Menschliche Quellen, wie es in der Agentensprache so schön heisst, werden fleissig benutzt, um Informationen zu erhaschen. Aber auch, um das gewonnene Wissen zu überprüfen und Lücken wie in einem Puzzle zu schliessen. Dichtmachen und dichthalten wäre jetzt vernünftig. Aber die blauäugigen deutschen Politiker machen es dem Aggressor einfach, da sie alle geplanten Massnahmen und Ideen öffentlich rausposaunen, statt hinter verschlossenen Türen zu arbeiten. Wenn sie lauthals ihre Gas-Sparmassnahmen aufgleisen, kann P. bereits seinen nächsten Winkelzug planen.
Die Achse der Kriegsprofiteure hat sich formiert
Geld hält den Krieg am Leben. China hat den Bezug von Kohle und Öl aus Russland weiter erhöht. Wie Daten vom Pekinger Zollamt belegen, ist Russland bereits den dritten Monat in Folge Chinas grösster Öllieferant. Im Juli beliefen sich die russischen Öleinfuhren auf rund 7,15 Millionen Tonnen, was einen Anstieg von 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutet. Chinas Kohleimporte aus Russland stiegen zeitgleich auf den höchsten Wert seit über fünf Jahren. Die von Peking importierten 7,42 Millionen Tonnen Kohle sind rund 14 Prozent mehr als im Vergleich zur Vorjahresperiode. Während die europäische Union seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ihre Energieabhängigkeit von Moskau stark verringern will, nutzt die Volksrepublik China die vergünstigten Rohstoffpreise aus Russland also für erhöhte Einfuhren. Die russische Föderation liefert inzwischen ihr Öl zu Tiefpreisen nicht nur nach China, sondern auch nach Indien, ja selbst nach Saudi-Arabien. Das arabische Königreich verwendet das russische Erdöl für den Inlandgebrauch und verkauft das eigene um 30 bis 40 Prozent teurer ins Ausland. Das Öl-Handelsvolumen zwischen Russland und Indien hat sich seit Kriegsbeginn sogar verfünfzigfacht, weil sich Premier Modi als Schnäppchenjäger hervortut, frei nach dem Werbeslogan «Geiz ist geil». Im Juni waren es plötzlich über 30 Millionen Fass Rohöl, nicht ganz so viel wie China, aber dafür ist der Zuwachs umso beunruhigender.
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