Ausstellung: Gurlitt. Eine Bilanz

Ausstellung: Gurlitt. Eine Bilanz
(Illustration: Kunstmuseum Bern)

Bern – Mit und nach der Annahme des Erbes von Cornelius Gurlitt (1932– 2014) durch das Kunstmuseum Bern im November 2014 ist viel passiert: 2017 wurde am Kunstmuseum Bern die schweizweit erste Abteilung für Provenienzforschung gegründet. Werke aus dem Bestand wurden 2017 und 2018 in mehreren Ausstellungen gezeigt und neun Werke restituiert. Seit Dezember 2021 ist der Gesamtbestand des Erbes Gurlitt erstmals vollständig in einer Datenbank öffentlich zugänglich. Das Legat Gurlitt wurde umfassend dokumentiert und erforscht und die wichtigsten Bewertungen und Entscheidungen ausführlich begründet. Schliesslich wurde im Umgang mit Werken lückenhafter Provenienz eine neue, für die NS-Opfer fairere Lösung entwickelt und in einem ersten Fall mit der freiwilligen Übergabe von zwei Werken umgesetzt. Mit der grossangelegten Ausstellung Gurlitt. Eine Bilanz präsentiert das Kunstmuseum Bern vom 16. September 2022 bis am 15. Januar 2023 die Ergebnisse dieser Aufarbeitung.

Die Ausstellung bietet zum ersten Mal Einblick in die vielfältigen Dimensionen der Forschung zur Geschichte des Legats Gurlitt sowie dem Umgang mit den Forschungsergebnissen. Sie lädt ein, den Kunstwerken des Legats Gurlitt aus verschiedenen Perspektiven zu begegnen. Die Exponate erscheinen in ihrer materiellen Gestalt mit den Spuren ihrer Geschichte, als Objekte des Raubs und des Handels aber auch in ihren ästhetischen Qualitäten als Objekte des Sammelns. Ganze Objektgruppen werden in historischen Zusammenhängen präsentiert. Unterschiedliche Blicke auf die Werke des Legats Gurlitts ermöglichen es, die ethischen und rechtspolitischen Fragen, die sich aus der Geschichte des nationalsozialistischen Kunstraubs für die Gegenwart ergeben, nachzuvollziehen.

In einem Ausstellungsparcours mit 13 Etappen werden die Fragen, die mit dem Erbe einhergehen, ausgelotet. Was bedeutet Provenienzforschung konkret? Wo liegen ihre Grenzen? Welche Herausforderungen stellen sich beim Umgang mit den Forschungsergebnissen? Welche Verantwortung hat das Kunstmuseum Bern übernommen und wie hat es diese wahrgenommen?

Persönliche Dokumente aus dem schriftlichen Nachlass Gurlitt und Zeugnisse der zerstörerischen Kunstpolitik des Nationalsozialismus vervollständigen die Geschichte des Bestandes. Hildebrand Gurlitt (1895–1956) wird damit in seinen unterschiedlichen Rollen erfahrbar: als Museumsdirektor, Kunsthändler und Ausstellungsmacher; als Sohn und Vater, dessen Leben mit dem deutschen Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik Deutschland verbunden ist.

Die Ausstellung stellt sich der Herausforderung, gesicherte wie vorläufige Erkenntnisse zur Geschichte der Werke und das methodische Vorgehen der Provenienzforschung den Besucher:innen anschaulich und anregend zu vermitteln und gibt Einblicke in den ethischen und rechtspolitischen Umgang mit Forschungsergebnissen. In Zusammenarbeit mit Christoph Stratenwerth
(Szenografie), Holzer Kobler Architekturen (Zürich/Berlin) und dem Grafikbüro
2xGoldstein (Rheinstetten) entstand ein spannungsvoller Parcours, der die Spurensuche der Recherche mit den Kunstwerken in pointierten Raumbildern verbindet.

«Mit der Ausstellung bieten wir einen Gesamtüberblick über die Werke im Legat Cornelius Gurlitt. Wir zeigen aber auch die Vielgestaltigkeit historischen wie materiellen Wissens, das wir mit Provenienzforschung freilegen. Mit der Ausstellung möchten wir auch das Potential von Provenienzforschung für die Museumsarbeit einem breiten Publikum näherbringen. Und anhand von Beispielen darstellen, wie mit Forschungsergebnissen verantwortungsvoll umgegangen werden kann», so Nikola Doll, Leiterin der Abteilung Provenienzforschung am Kunstmuseum Bern und Kuratorin der Ausstellung.

Die Ausstellung präsentiert rund 350 Exponate, bestehend aus Kunstwerken des Legats Cornelius Gurlitt sowie Reproduktionen von zahlreichen historischen Dokumenten aus dem schriftlichen Nachlass Cornelius Gurlitt im deutschen Bundesarchiv und anderen Archiven in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. (Kunstmuseum Bern/mc/ps)

Veranstaltungsdauer: 6.9.22–15.1.23
Veranstaltungsinformationen
Kunstmuseum Bern

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