Russischer Rückzug aus mehr als 20 Ortschaften – Russland will «Spezialoperation» fortsetzen

Russischer Rückzug aus mehr als 20 Ortschaften – Russland will «Spezialoperation» fortsetzen
Zerstörter Panzer der russischen Armee.

Kiew – Nach Angaben des ukrainischen Militärs setzt sich der fluchtartige Rückzug russischer Soldaten aus der Region Charkiw fort. Die russische Armee habe innerhalb eines Tages insgesamt 20 Siedlungen verlassen, heisst es im Lagebericht des Generalstabs. Die ukrainischen Truppen seien dabei, sie unter Kontrolle nehmen und zu sichern, verlassen seien auch die Orte Welykyj Burluk und Dworitschna – beide liegen nah an der Grenze zu Russland.

Der Rückzug betrifft den Angaben zufolge nicht nur Charkiw: Auch die Kleinstadt Swatowe soll von den russischen Truppen verlassen worden sein. Sie liegt im benachbarten Luhansk, das Russland im Sommer vollständig eingenommen hatte. Dem Generalstab zufolge befinden sich dort nun keine regulären russischen Truppen mehr, sondern nur noch Milizen der kremltreuen Machthaber im Donbass.

Ausgehend von der Grossstadt Charkiw komme das ukrainische Militär auch Richtung Süden und Osten voran. «Von Charkiw aus sind wir nicht nur Richtung Süden und Osten vorgerückt, sondern auch nach Norden», schrieb der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, auf Telegram. Dieser Winter könne weitere schnelle Geländegewinne bringen für die Ukraine, vor allem wenn die Streitkräfte weiterhin mit schweren Waffen versorgt würden, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Am Montag hiess es, das ukrainische Militär habe im Süden rund 500 Quadratkilometer im Zuge seiner Gegenoffensive zurückerobert. Auf verschiedenen Abschnitten seien die Truppen etliche Kilometer vorgerückt, sagt die Sprecherin des südlichen Militärkommandos, Natalia Humeniuk.

Russland kappt Strom- und Wasserversorgung im Osten
Im Gegenzug fielen in mehreren Regionen im Norden, Süden und Osten des Landes der Strom und teilweise auch die Wasserversorgung aus. Die ukrainischen Behörden machten russische Luftangriffe dafür verantwortlich. In den meisten Regionen wurde die Stromversorgung inzwischen wiederhergestellt. Allein in der Region Charkiw funktionierten 80 Prozent der Strom- und Wasserversorgung wieder, erklärte der stellvertretende Leiter des Präsidialamts, Kyrylo Tymoschenko. Allerdings wurde die Strom und Wasserversorgung in Charkiw nach Angaben des Bürgermeisters am Montagnachmittag erneut unterbrochen.

Kreml bekräftigt Fortsetzung von Krieg gegen Ukraine
Die von Russland in den besetzten Gebieten der Region Charkiw installierte Militärverwaltung räumte eine deutliche Übermacht der ukrainischen Truppen dort ein. Sie seien achtmal stärker als die russischen Einheiten und die mit ihnen verbündeten pro-russischen Kräfte, sagte Witali Gantschew, der Leiter der Verwaltung, im staatlichen Fernsehsender Rossija-24.

Ungeachtet der jüngsten Misserfolge in der Ostukraine will Russland seinen Krieg gegen das Nachbarland weiterführen. «Die militärische Spezial-Operation wird fortgesetzt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. «Sie wird fortgesetzt, bis die anfangs gesetzten Ziele erreicht sind», fügte er hinzu. Peskow antwortete damit nur ausweichend auf die Frage von Journalisten, ob Russlands Militärführung noch immer das Vertrauen von Kremlchef Wladimir Putin geniesse.

Auf die Frage, wie Putin auf die Nachricht vom Abzug der eigenen Truppen aus dem Gebiet Charkiw reagiert habe, sagte Peskow lediglich, Russlands Präsident werde über alle militärischen Entwicklungen informiert. Zu Moskaus Kriegszielen zählt etwa die vollständige Eroberung der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk. (mc/pg)

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