Russland steigt wieder in Getreideabkommen mit Ukraine ein
Moskau – Russland steigt wieder in das am Samstag ausgesetzte Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer ein. Das teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau mit. Dank der Vermittlung der Türkei habe die Ukraine zugesichert, den Seekorridor nicht für Kampfhandlungen gegen Russland zu nutzen. Es habe notwendige schriftliche Garantien der Ukraine gegeben, den eingerichteten humanitären Korridor und die Häfen nur für die Ausfuhr von Lebensmitteln zu nutzen.
Das sei für den Moment ausreichend, um das Abkommen zu erfüllen, hiess es in Moskau. Die Transporte würden noch am Mittwoch fortgesetzt, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Lieferungen sollten vornehmlich ärmere Länder zum Ziel haben.
Russland: «Terroranschläge» auf Schwarzmeerflotte
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock nannte die Wiederaufnahme im Gespräch mit der «Welt» einen «Ausdruck dafür, wie stark der internationale Zusammenhalt ist». Russland habe erneut versucht, «Hunger als Waffe einzusetzen». Aber die Weltgemeinschaft unter Führung der Vereinten Nationen habe deutlich gemacht: «Nein, wir glauben euren Lügen nicht», so Baerbock. Der UN-Koordinator für die Ausfuhr des ukrainischen Getreides, Amir Abdulla, begrüsste die Wiederaufnahme des Abkommens. «Ich freue mich darauf, wieder mit allen Parteien der Initiative zusammenzuarbeiten», teilte er via Twitter mit.
Russland hatte nach den Drohnenangriffen auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim das Abkommen zum Transport von ukrainischem Getreide aus den Häfen im Schwarzen Meer am Samstag überraschend ausgesetzt. Grund waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau die «Terroranschläge» auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol.
Das Ministerium warf der britischen Marine vor, die Anleitungen zum Beschuss der Halbinsel mit Drohnen gegeben zu haben. Dabei wurde nach russischen Angaben auch ein Minenräumschiff beschädigt. Grossbritannien wies die Vorwürfe zurück.
Bekämpfung des Hungers in der Welt
Russland hatte davor schon seit Wochen mit einem möglichen Stopp des Kornabkommens gedroht, durch das seit Sommer wieder ukrainische Lebensmittel auf den Weltmarkt kommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beklagte bereits in den vergangenen Tagen, dass Russland die Durchfahrt der mit Getreide beladenen Schiffe blockiere.
Er betonte die Bedeutung dieser Lieferungen für die Bekämpfung des Hungers in der Welt. Obwohl der Krieg die Exporte weiter behindere, habe die Ukraine seit dem Inkrafttreten des Getreideabkommens fast acht Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Seeweg ausgeführt, hatte Selenskyj unlängst gesagt. 60 Prozent der Menge seien nach Afrika und Asien gegangen.
Im Juli hatte Russland unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei den Getreideausfuhren zugestimmt, aber stets auch gedroht, die auf vier Monate angelegte Vereinbarung platzen zu lassen. Moskau beklagt seit langem, dass ein Teil der Vereinbarung vom Sommer nicht umgesetzt werde. Im Abkommen hat sich Russland zur Beendigung der Blockade ukrainischer Seehäfen für den Getreideexport bereiterklärt, forderte aber im Gegenzug Erleichterungen für die eigene Ausfuhr von Dünge- und Lebensmitteln. Russland und die Ukraine sind beide grosse Getreideexporteuren, die mit den Ausfuhren Milliarden verdienen. (awp/mc/pg)