Verzicht auf Ausgaben – die Teuerung belastet die Schweiz
Basel – Der Traum vom neuen Rennvelo? Das Alte tuts noch. Die grössere Auslandreise? Nicht unbedingt jetzt. Fast jede zweite in der Schweiz wohnhafte Person gibt in einer Umfrage der Bank Cler an, dass die Teuerung ihr Haushaltsbudget «sehr oder ziemlich belastet». Und die Befragten blicken sorgenvoll in die nähere Zukunft: Zwei von drei machen sich «sehr starke» oder «ziemlich starke» Sorgen, dass die Inflation weiterhin hoch bleibt oder noch steigt.
Samuel Meyer, CEO der Bank Cler: «Inflation ist nicht nur eine theoretische Kennzahl, die Menschen spüren sie täglich. Und sie haben begonnen, sich mit Ausgabenverzicht darauf einzustellen.» Meyer fügt an, dass dies eine gut begründete Vorsicht sei, auch wenn sich abzeichne, dass die Inflationsrate im zweiten Halbjahr 2023 wieder zurückgehen werde.
Teuerung belastet schwächere Haushalte stärker
In der Euro-Zone und den USA erreichen die Inflationsraten zweistellige Rekordwerte. Im Vergleich dazu fällt die Teuerung in der Schweiz mit etwa 3% fast schon tief aus. Doch ein sehr grosser Teil der Deutsch- und Westschweizer Bevölkerung nimmt diese Teuerung täglich wahr: Mehr als die Hälfte spürt die Teuerung «sehr stark» (20%) oder «eher stark» (32%). Ein weiteres Drittel (34%) der Befragten nimmt die Teuerung «mindestens teilweise» wahr. Dabei belastet die Teuerung schwächere Haushalte viel stärker und sie müssen sich auch heute schon mehr einschränken. Bei den tieferen Haushaltseinkommen (bis 4 000 CHF) schränken sich bereits mehr als die Hälfte (52%) ein. Dieser Anteil beträgt bei Haushaltseinkommen von 8 000 CHF und mehr noch 29%. Aber auch bei den höheren Einkommensklassen ist die Sorge gross, dass die Inflation weiterhin hoch bleibt oder sogar noch zunehmen wird.
Auf Anschaffungen wird bereits verzichtet
Ausgabenverzicht ist ein derzeit viel gehörtes Wort in schweizerischen Haushalten. Am meisten Einsparpotential sehen die Menschen bei ihren Freizeitaktivitäten, bei grösseren Anschaffungen und bei Reisen. Über die Hälfte der Befragten (55%) schränkt sich im Bereich Freizeitvergnügen bereits ein, 43% haben schon auf eine gewünschte oder geplante grössere Anschaffung verzichtet. Auch bei Reisen wird gezögert: 30% haben auf Urlaubsreisen verzichtet, 21% ihre Reiseausgaben reduziert. Und in Zukunft wollen sich sogar 58% der Befragten generell bei den Ausgaben zurückhalten.
Positiver Ausblick: 2023 wird sich die Lage entspannen
Die Vorsicht ist berechtigt. Ganz düster sind die Aussichten aber auch nicht. Aktuell hat sich die Inflation stabilisiert und erste Anzeichen wie die Preisrückgänge auf den internationalen Energiemärkten deuten auf einen nachlassenden Preisdruck hin. «Anfang 2023 dürften die Zahlen zur Inflation zwar nochmals nach oben zeigen» führt Chefökonom Martin Eichler von BAK Economics aus, «dies jedoch vor allem durch die verzögerte Preisanpassung wie beim Strom. Dies ändert nichts daran, dass der Höhepunkt der Inflationswelle bereits erreicht sein dürfte. Die Teuerung wird im Jahresverlauf 2023 allmählich zurückgehen. Bis zum Jahresende 2023 dürfte die Inflation wieder unter 2% fallen, das Niveau, welches die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt.» (Bank Cler/mc/pg)