Europa-Schluss: EuroStoxx gibt nach – Japans Geldpolitik belastet
Paris / London – Signale einer leichten geldpolitischen Straffung in Japan haben den EuroStoxx 50 am Dienstag etwas belastet. Deutliche Abgaben erlitten traditionell von der Zinsentwicklung abhängige Sektoren, also etwa Technologietitel und vor allem Immobilienwerte.
Der Leitindex der Eurozone gab um 0,23 Prozent auf 3802,49 Punkte nach. Der französische Cac 40 verlor 0,35 Prozent auf 6450,43 Punkte, während der britische FTSE 100 um 0,13 Prozent auf 7370,62 Punkte stieg. In London stützte die stabile Entwicklung der Öl- und Rohstofftitel sowie der Bankaktien .
Die Bank of Japan (BoJ) hatte die Spanne, in der sich die langfristige Anleiherendite bewegt, gelockert. Das wurde an den Märkten als erster Schritt hin zu einer Straffung der geldpolitischen Zügel gewertet. «Damit ist auch die letzte grosse Notenbank in das Lager der geldmarktpolitischen Falken getreten», so Marktexperte Andreas Lipkow. «Die globale Liquidität für die Finanzmärkte wird dadurch weiter reduziert und führt zu Mittelabflüssen aus den internationalen Aktienmärkten.»
Grösster Verlierer in der europäischen Branchenübersicht war der Stoxx Europe 600 Real Estate. Mit fast 42 Prozent Verlust ist er auch auf Jahressicht der schwächste Sektor. Die Branche leidet massiv unter der Zinswende, nachdem sich der von Notenbanken erhoffte moderatere Kurs nicht abzeichnet. Mit anziehenden Marktzinsen kann sich die Refinanzierung von Immobilien verteuern. Zudem sind Mieterhöhungen wegen der hohen Teuerung aktuell schwerer durchsetzbar.
Unter den Versorgern fielen die Aktien von Engie mit mehr als drei Prozent Abschlag auf. Das Unternehmen hatte vor den Folgen von Strompreisdeckel und Übergewinnabschöpfung gewarnt. Engie befürchtet negative Auswirkungen auf die Ergebnisse in diesem und im kommenden Jahr.
Gewinner waren dagegen die Bankaktien und, mit etwas Abstand, die Versicherer . «Die sich weiter straffende globale geldmarktpolitische Tendenz verhilft den internationalen Banken und Versicherungskonzernen zu Zinseinnahmen und Entlastungen auf der Kostenseite», merkte Lipkow dazu an.
Ausnahme waren die Papiere von Credit Suisse, die um 1,8 Prozent fielen. Händler sprachen von jahresendbedingten Depotbereinigungen, nachdem sich die Anteilscheine im laufenden Jahr sehr schwach entwickelt hatten. Die Grossbank ist seit den Debakeln um den milliardenteuren Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und die Liquidierung der Greensill-Fonds im Jahr 2021 schwer angeschlagen. Nach einem hohen Verlust im vergangenen Jahr dürfte sie auch im Jahr 2022 tief in den roten Zahlen landen. In den vergangenen Monaten hatte Credit Suisse zudem mit massiven Abflüssen von Kundengeldern zu kämpfen.
Am EuroStoxx-Ende büssten die Anteilscheine von Kering 3,8 Prozent ein und litten damit unter einem skeptischen Analystenkommentar. Seine bisherige Empfehlung für die Aktien des Luxusgüterkonzerns habe auf zwei Faktoren basiert, die nun weniger zuträfen, schrieb Analyst Thierry Cota von der französischen Grossbank Societe Generale. Der Experte verwies dabei auf den früher übermässigen Bewertungsabschlag gegenüber den Wettbewerbern sowie das Geschäftsmodell, das ein branchendurchschnittliches Umsatzwachstum aus eigener Kraft mit einer darüber liegenden Ebit-Marge kombiniert habe. (awp/mc/ps)