Weiterer Bayer-Investor will offenbar Aufspaltung
Leverkusen – Bei Bayer werden die Rufe nach Veränderungen wieder lauter. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Dienstagabend unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen über eine Beteiligung des aktivistischen Investors Bluebell Capital, nachdem erst zum Wochenstart der ebenfalls aktivistische Investor Jeff Ubben mit seinem Hedgefonds Inclusive Capital eine Beteiligung an dem Pharma- und Agrarchemiekonzern bekannt gegeben hatte.
Während es Inclusive Capital vor allem um einen externen Nachfolger für den spätestens 2024 ausscheidenden Bayer-Chef Werner Baumann geht, drängt Bluebell laut dem Bloomberg-Bericht auf eine Aufspaltung des Dax -Konzerns. Neu sind solche Forderungen nicht. Der Bayer-Kurs stieg am Mittwoch dennoch kräftig. Mit einem Plus von gut drei Prozent auf 55,76 Euro knüpften die Papiere als einer der Dax-Favoriten an ihren starken Vortag an. Da hatten optimistische mittelfristige Ziele für die Umsätze mit neuen Medikamenten der Pharmasparte kräftigen Rückenwind geliefert. Damit haben die Papiere im noch jungen Börsenjahr 2023 bereits rund 15 Prozent zugelegt.
Abspaltung der Agrarsparte vorgeschlagen
Bluebell habe in den vergangenen Monaten Gespräche mit dem Aufsichtsrat von Bayer geführt, hiess es weiter. Der Investor habe dabei die Abspaltung der Agrarsparte vorgeschlagen, da dies in seinen Augen den Wert für die Aktionäre um mehr als 70 Prozent steigern würde. Zudem habe Bluebell darauf gedrängt, den Verkauf oder die Börsennotierung der Konsumsparte rund um rezeptfreie Medikamente zu prüfen. Und schliesslich habe der Investor auch einen neuen Aufsichtsratschef gefordert. Ein Bayer-Sprecher wollte sich zu dem Bericht nicht äussern, sagte aber, dass Bayer grundsätzlich immer zu konstruktiven Gesprächen mit Anteilseignern bereit sei.
Bluebell für aggressives Vorgehen bekannt
Unklar ist derweil, wie gross die kolportierte Bluebell-Beteiligung ist. Der Fonds ist recht klein, aber auch für ein aggressives Vorgehen bekannt. So wurde Bluebell 2021 trotz einer nur sehr kleinen Beteiligung am Lebensmittelkonzern Danone zum Sprachrohr vieler frustrierter Investoren, die den Rücktritt des damaligen Konzernchefs Emmanuel Faber forderten, der letztlich seinen Hut nehmen musste.
Mit Monsanto viele Probleme eingekauft
Bayer steht seit der 63 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme des US-Agrarchemieriesen Monsanto im Jahr 2018 unter Druck von Investoren. Mit dem Kauf hatten sich die Leverkusener sehr teuere Rechtsstreitigkeiten um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat ins Haus geholt. Der Streit kostete Milliarden.
Auch daher hatten in der Vergangenheit bereits andere aktivistische Investoren wie Paul Singer mit seinem Hedgefonds Elliott eine Aufspaltung des Konzerns gefordert. Das Bayer-Management hatte dies aber abgelehnt und auch auf Überschneidungen in der Pharma- und der Agrarforschung verwiesen, etwa mit Blick auf Gentechnik.
Vorbereitungen für Führungswechsel
Eventuell könnte sich das unter einem neuen Konzernchef ändern. Offiziell geplant ist der Abschied des wegen der kostspieligen Monsanto-Übernahme oft kritisierten Bayer-Chefs Baumann für 2024. Die Suche nach einem Nachfolger läuft offenbar. Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann wolle einen Kandidaten bis zur nächsten Hauptversammlung im April 2023 präsentieren, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg im September unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtet. Es sei zudem nicht klar, ob Baumann schon vor dem Ende seines Vertrages im April 2024 ersetzt werden solle.
Investor Jeff Ubben forderte jüngst im Interview der «Financial Times» einen neuen Bayer-Lenker von ausserhalb des Unternehmens. Ubbens Fonds hält 0,8 Prozent an Bayer und damit einen recht bedeutenden Anteil und wohl deutlich mehr als Bluebell.
Bayer ist ein interessantes Ziel für aktivistische Investoren, nicht nur wegen der Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in den USA. Der Konzern hat keinen Ankeraktionär, der bei wichtigen Entscheidungen ein Machtwort sprechen kann. Druck machen aber auch langfristig orientierte strategische Investoren wie der singapurische Staatsfonds Temasek, der mit mehr als drei Prozent einer der grössten Anteilseigner ist. Man stehe mit dem Bayer-Aufsichtsratschef in «konstruktivem Dialog», was die «strategische Fokussierung und die generelle Struktur des Unternehmens» angehe, hatte Temasek-Europachef Uwe Krüger dem «Handelsblatt» im vergangenen Jahr gesagt. (awp/mc/pg)